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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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14. Heft
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Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0481

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DER KUNSTMARKT



♦♦



VON DEN AUKTIONEN

BERLIN ====-

Bevorstehende Auktionen. Die für den An-
fang November zu erwartende Versteigerung
der kunstgewerblichen Schätze der Sammlung
Lanna (bei Rudolph Lepke) dürfte, soweit das
jetzt abzusehen ist, das bedeutendste Ereignis
der bevorstehenden Berliner Saison werden.

Eine vorläufige Aufzählung der Hauptgruppen
und wichtigsten Stücke der Sammlung ist darum
schon heute am Platze. Wie bekannt, ist eine
Hauptstärke der Kollektion Lanna die Keramik,
von den frühen Fayencen der persischen und
türkisdien sowie der maurisch-spanischen Schule
an bis auf die Spätlinge des bei Launa reich
vertretenen deutschen Porzellans. Aus den
früheren orientalischen Arbeiten ragt als außer-
ordentlich seltenes und schönes Stück eine Über-
laufglasarvase in Albarelloform hervor, streng
und herb in Farbe und Ornament und von
wundervoller Lüsterwirkung. Die italienischen
Majoliken sind in wenigen Arbeiten der Früh-
zeit und einer Reihe vortrefflicher Stücke vom
Anfang des XVI. Jahrhunderts vertreten. Wir
nennen eine Bildtafel mit der Geißelung Christi,
faentinisch von 1529, vermutlich aus der Casa
Pirota, worauf die Architektur aus Dürers Holz-
schnitt B. 88 (Darstellung im Tempel) stammt,
während das Figürliche etwa an den Stil des
Signorelli erinnert. Gubbio ist in mehreren
Exemplaren vertreten, darunter eine von 1534
datierte Schale mit der Geburt des Asculap be-
merkenswert, weil nach der Inschrift in Gubbio
hergestellt. Über die Urbinogruppe, die zahl-
reich vorhanden ist, sind nähere Angaben nicht
erforderlich, dagegen sei auf eine relativ frühe,
große venezianische Schale mit schöner Ärchi-
tekturdarstellung hingewiesen; die Umrahmung
ist im Stil von Castel Dusante gehalten. Ändere
venezianische Arbeiten, wie eine Schüssel mit
Ornament „a foglie“, eine Art Älbarello mit
figürlicher Darstellung, sind mehr durch die Flott-
heit als die Sorgfalt der Ausführung bemerkens-
wert. Im Anschluß an diese späteren Dinge sei
auf eine hervorragende spanische Fayenceschüssel
des XVII. Jahrhunderts mit reichem, aber strengem
Dekor aus Blumenmotiven aufmerksam gemacht.

Die beiden Hauptgruppen der älteren nordischen
Keramik, Kacheln und Steinzeuge, sind in der

Sammlung vielleicht noch besser kennenzulernen.
Wir heben unter den Kacheln die berühmten Ar-
beiten des Salzburger Meisters H. R. vom Anfang
des XVI. Jahrhunderts hervor und erwähnen eine
schlesische Kachelrundplatte mit der Kreuzigung
Christi von der Mitte des XVI. Jahrhunderts, ein
Werk von sehr eigenartiger und geschmackvoller
Polychromierung.

Technisch schließen sich an die polychromen
Kacheln die reich vertretenen sog. Hirschvogel-
krüge an, die nur zum Teil der süddeutsdien
Schule angehören, da viele unter ihnen auf
Schlesien zurückgehen. Es sind außerordentlich
bemerkenswerte und eigenartige Stücke darunter,
ebenso unter den zahlreichen Steinzeugarbeiten
der niederrheinischen Schulen, unter denen hervor-
zuheben sind eine graublaue Raerener Kanne
von Jan Emens, ein Becher aus der Frühzeit von
Sieg bürg und sechs bezeichnete Stücke von
Hans Hilgers. Auch Arbeiten der süddeutschen
(Kreussen!) und sächsischen Werkstätten sind in
einigen Exemplaren vorhanden.

Außerordentlich zahlreich treten bei Lanna
die Porzellanarbeiten des XVIII. und frühen
XIX. Jahrhunderts auf. Wir können mehr als eine
flüchtige Übersicht darüber nicht geben. An erster
Stelle stehen mehrere der seltenen frühen Böttger-
sdien Erzeugnisse, es folgen einige charakteristi-
sche Schalen usw. der Heroldzeit und weiter
Meißner Gruppen um 1750 und später, darunter
eine Gruppe von Liebespaaren und Verwandtes.
Auch die süddeutschen Manufakturen, zumal
Höchst, zeigen sich in einigen figürlichen Stücken
sehr günstig, aber der überwiegende Teil ge-
hört der Manufaktur von Wien an, die in allen
ihren Zweigen, besonners aber in Tassen und
Schalen, glänzend vertreten ist. U. a. finden
sich zahlreiche und vorzügliche Beispiele des in
Wien so reizvoll ausgestatteten klassizistischen
Stiles um 1790—1820, mit geistvoller Anlehnung
an antike Formen und Motive und feiner, nur
etwas zu reicher Polychromie.

Nach der Keramik weist die Sammlung Lanna
einzelne seltenere Zweige des Kunstgewerbes in
ausgezeichneten Beispielen auf, wie mittelalter-
liche Elfenbeine, Limosiner Emails, Zinnkrüge
undSchüsseln ausZinn, Modelle inTerrakotta u.a.
Hervorzuheben ist ein Elfenbeindiptychon mit
Verkündigung 1., Kreuzigung r., das einer inter-
essanten gotischen Gruppe angehört, die man in
Oberitalien zu lokalisieren pflegt, mehrere Limo-
 
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