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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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18. Heft
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0599

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RUNDSCHAU

SAMMLUNGEN

AMSTERDAM -

Die Verwaltung des Rijksmuseums hat kürz-
lieh ein neues Supplement zum Gemäldekatalog
herausgegeben, das alle seit 1903 gemachten
Erwerbungen zusammenfaßt. Hiernach sind von
damals bis heute etwas über 500 Gemälde durch
Ankäufe, Schenkungen oder als Leihgaben
hinzugekommen. Interessant ist die am Schluß -
aufgestellte vergleichende Liste der Gemälde der
drei Kataloge von Kaiser (1880), Bredius (1885)
und des ersten von van Riemsdijk (1903). Diese
Zusammenstellung zeigt, daß die Galerie im
Jahre 1880 etwas über 600 Gemälde besaß, bis
1885 einen jährlichen Durchschnittszuwachs von
200 hatte, dann aber jedes Jahr um rund 70
wuchs, bis sie 1903 2964 Gemälde aufweisen
konnte. Wie enorm dieser Zuwachs ist, wird
einem dann noch klarer, wenn man sich vor-
stellt, wie rasch die Neuerwerbungen aufeinander
hätten folgen müssen, wenn die rund 2300
Bilder in jenen 23 Jahren (1880—1903) stück-
weise, eines nach dem anderen in die Galerie
gelangt wären; dann käme nämlich auf jeden
dritten bis vierten Tag ein Bild. Fast
in demselben schnellen Tempo hat sich die
Sammlung seit 1903 vermehrt, nämlich um
mehr denn 500 Gemälde.

Heute will ich hier die neuesten Erwerbungen
aufführen, vorher nur noch zwei Stilleben er-
wähnen, die bereits im vorigen Jahre von der
Galerie angekauft, aber erst später ausgestellt
wurden, und die ich der Beachtung für wert halte.

Zunächst ist das Nr. 107 b des neuen Suppl.s,
ein 27X51 cm großes Bild auf Eichenholz. Auf
einem Tisdi befinden sich zwei weiße Kaninchen-
schädel, ein liegender bräunlich-rötlicher irdener
Krug, eine Pulvertasche, ein Korb, eine schwarze
Pfanne und rechts ein graublaues Kleidungs-
stück. Der Gesamtton ist grünlichgrau. Daß
wir es hier mit einem Werk der Leidener Schule
zu tun haben, geht schon aus der Art der ein-
fachen Gegenstände hervor. Nach dem Katalog
käme vielleicht Gabriel Metsu in Betracht.
Es wurde auf der Auktion der Douairiere F.
Lemker, geb. Müller in Kämpen am 7. Juli
1908 für 180 fl. erstanden, wo es als Nr. 42 den
Namen Pieter Potter trug.

Das zweite Stilleben, Nr. 1785a, gehört dem

an und für sich schon seltenen, als Malerj'dieses
Sujets, fast :ganz unbekannten Hendrik ten
Oever an. Auf einer grauen Steinplatte sehen
wir links vorn ein Pulverhorn, dahinter ein
Jagdgewehr nach rechts; rechts vorn zwei
Mandelkrähen, dahinter eine Jagdtasche. Über
dem ganzen liegt ein weicher Samtglanz, der
an Werke seines Lehrers Terborch erinnert.
Das auf Leinwand gemalte Bild mißt 60,5x71
cm, trägt vorn an der Tischplatte die volle
Signatur: H. Ten oever f. und die Jahreszahl
1670. Es stammt aus der Sammlung W. M.
Helmich in Zwolle und erzielte auf dieser Ver-
steigerung in Amsterdam am 15. Dez. 1908
(Kat. Nr. 103) 100 fl.

Von den Erwerbungen alter Meister des
Jahres 1909 sind sieben bereits im oben er-
wähnten Verzeichnis aufgenommen. Das wich-
tigste Stück davon, Nr. 1461 a (siehe Abbildung),
wurde in München angekauft: ein Brustbild
eines kleinen, vielleicht fünfjährigen Knaben in
Seitenansicht nach rechts, Kopf ganz in Vorder-
ansicht, ein wenig nach links geneigt. Der Blick
ist nach unten gerichtet. Das weiche, pausbäckige
Gesicht mit rosigen Wangen wird von einem
dichten blonden Lockenwald umrahmt. Der An-
zug mit Matrosenkragen zeigt eine dunkellila-
grüne Farbe und läßt am Halse das gekräuselte
Hemd sehen. Hellbrauner Hintergrund. Der
Gesichtsausdruck ist sehr ernst, ja etwas leidend,
so daß er zu den vollen rosigen Wangen nicht
recht passen will. Aber im ganzen macht das
Köpfchen einen frischen natürlichen Eindruck.
Die Fleischteile sind weich modelliert, Haar und
Gewand flott hingestrichen.

Am meisten fallen die breit gemalten Haare
auf und der grünliche Halbschatten, in dem die
Augen bis auf einige kleine Lichtflecke liegen.
Rechts am Rande findet man die Bezeichnung:
Rembrand geretuceerd Liev., darunter Spuren
einiger Zeichen, vielleicht die beiden letzten
Ziffern einer Jahreszahl, von der nur die vor-
letzte, eine 3 (?) lesbar ist. Somit haben wir
hier den interessanten Fall1), daß Rembrandt an
dem Werk eines stark unter seinem Einfluß
stehenden Malers — vielleicht Schülers — mit-
gearbeitet und dies durch seine Signatur bezeugt
hat. Nun drängt sich uns natürlich die Frage
auf, was an diesem Bildchen ist von Rem-

‘) Im Inventar von Rembrandt kommen 5 „geretu-
ceerde“ Vanitasdarstellungen vor, Nr. 25, 27 , 28, 120 123,

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