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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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19. Heft
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Uhde-Bernays, Hermann: Die Neuordnung der Schackgalerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0625

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Die Neuordnung der Schackgalerie

Von Hermann Uhde-Bernays

Die Entfernung verehrter Kunstwerke aus vertrauten Räumen wird nur dann
gutzuheißen sein, wenn drohende Gefahr der Vernichtung dadurch abgewendet werden
kann. Das ist der Fall für die meisten Bilder der Schackgalerie, die durch die

Feuchtigkeit im alten Hause in der Briennerstraße empfindlich zu leiden begannen. So

ist die sentimentale Klage um das Äufgeben dieses recht unwohnlichen und düsteren
Gebäudes trotz der persönlichen Erinnerungen an den Begründer der Sammlung un-
gerechtfertigt, und wir dürfen erfreut feststellen, daß die neue Schackgalerie neben der

preußischen Gesandtschaft in der Prinz-Regentenstraße für die nunmehr in ihr be-

wahrten Werke Rettung bedeutet. Dieses Wissen entschädigt für die unsympathischen
Eindrücke, die durch die äußere, wenig glückliche Architektur des Neubaus, der nach
endlicher Fertigstellung der nach bestimmtem Bauplan auszuführenden Straße noch
verfehlter erscheinen wird, und weiter durch die überaus pedantische, ernüchternde
Verteilung der Kunstwerke in den einzelnen Sälen dem Beschauer sich mitteilen.
Gerade wenn wir mit Berliner Maßstab messen, zurückdenken an die glückliche
Einteilung der Kabinette im untern Stock der Nationalgalerie, erscheint die offenbar
von höchster Stelle beliebte Aufhängung „nach dem goldnen Schnitt“, für welche der
Direktor der kgl. Privatsammlungen Dr. Seidel sich verantwortlich erklärt, den Fort-
schritten unserer Zeit, die Raum und Bild in gegenseitige Beziehung setzt, so abhold
wie nur möglich. Nur die Kopien, vornehmlich diejenigen von Lenbach, haben die
Umwelt, in der sie zu wirken berufen sind, wenigstens angedeutet erhalten; auch sind
sie in hohen Sälen mit gutem Oberlicht untergebracht, während den kleinen Sälen der
übrigen Meister, Böcklin und Feuerbach vor allem, die grelle Seitenbeleuchtung empfind-
lichen Schaden bereitet und den reichlichst vergossenen neuen Firnis mit übernatür-
lichem Glanze leuchten läßt. Jene peinliche Berechnung von Bild und Gegenbild,
von vielen gleichlangen Vertikalen und Horizontalen usf. erhöht den offiziellen
Charakter des kaiserlichen Besitzes über den intimen Charakter der privaten Samm-
lung. Und so ist München wohl um einen äußerlich vornehmen Prachtbau mit wunder-
voll symmetrisch aufgehängten Bildern reicher, wir Münchner aber sind um einen lieben
Genossen ärmer geworden, bei dem wir im Vorübergehen ein Plauderstündchen halten
konnten, zu dem uns im neuen Heim das Wesentliche fehlt, das Schlingen des per-
sönlichen Bandes zwischen Kunstwerk und Mensch. Das ist auch in Zukunft hier
unmöglich.

Ist die Überführung der Schackgalerie eine Rettung, sie gewährt auch außerdem
zahlreichen kleineren, in den Zimmern des zweiten Stocks im alten Hause verloren
gegangenen Bildern bescheidener Meister eine Art Auferstehung. Dort nur dem Kun-
digen sichtbar, ziehen sie hier, wo Garde- und Linienmaß der Bilderrahmen befehlende
Worte mitsprechen, jedermanns Augenmerk auf sich, und durdi die Steigerung der Ein-
 
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