Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

DOI Heft:
20. Heft
DOI Artikel:
Uhde-Bernays, Hermann: Die Neuordnung der Münchener alten Pinakothek
DOI Artikel:
Der Kunstmarkt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0677

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
/



♦♦



DER KUNSTMÄRKT



♦♦





v

DIE VERSTEIGERUNG DER
SAMMLUNG LÄNNA

Im „Cicerone“ wurde bereits (Heft 14 und
Heft 18) über die vom 9.—16. November bei
Rudolph Lepke stattfindende Versteigerung
der kunstgewerblichen Sammlung des Freiherrn
Adalbert von Lanna in Prag kurz berichtet.
Die berühmte Gläsersammlung des Freiherrn
ging 1906 als Geschenk in den Besitz des Prager
Kunstgewerbemuseums über, dem sie mit den
jetzt zur Versteigerung gelangenden kunst-
gewerblichen Stücken leihweise überlassen war.
Julius Leisching hat die Sammlung (ohne die
Gläser) in einem stattlichen Werk zusammen-
gefaßt, das mit 50 z. T. farbigen Lichtdrucken
ausgestattet ist (Verlag von Karl W. Hiersemann,
Leipzig 1909. Vergl. die Besprechung von
A. Brüning im Zentralblatt f. kunstw. Literatur
1909, Heft 8).

Unterdessen ist nun der Katalog des Äuktions-
hauses von Rudolph Lepke erschienen. Der illu-
strierten Ausgabe sind nicht weniger als 110
Lichtdrucktafeln beigefügt, die den größten Teil
der wichtigsten Stücke vorzüglich wiedergeben,
so daß sich auch Außenstehende ein Bild von
der Bedeutung der Sammlung machen können.

Wir sind es seit langem gewöhnt, die von
Hans Karl Krüger verfaßten Kataloge des
Lepkeschen Hauses mit besonderem Vertrauen
zur Hand zu nehmen. Über den Rahmen von
Auktionskatalogen sind sie eigentlich längst
hinausgewachsen. Dank ihrer vorzüglichen Aus-
stattung und ihrem wissenschaftlich genauen,
die neuesten Forschungen berücksichtigenden
Text haben sie vielmehr den Charakter von
Kunsthandbüchern angenommen, wie man sie
etwa von den öffentlichen Museen erwartet.
Otto von Falke sagt mit Recht in dem Geleit-
wort, das dem Lannaschen Katalog vorgesetzt
ist: „Es gibt so viele Äuktionskataloge, die

durch überschwengliche Anpreisungen und un-
bedenkliche Verleihung von Meisternamen über
die Schwächen und Minderwertigkeiten der
Sammlungen hinwegtäuschen, daß man die rein
sachliche Art der Bestimmungen als eine Wohl-
tat empfindet. In dieser Form wird der Katalog
eine würdige und brauchbare Erinnerung an
die Sammlung des Freiherrn von Lanna bleiben.“
Zweifellos erhält die Sammlung ihren besonde-
« ren Charakter durch den großen Bestand an

Keramik verschiedenster Technik aus Österreich
und den angrenzenden Ländern Deutschlands
(Schlesien, Sachsen, Franken), sowie an Zinn-
arbeiten derselben Gegenden. Es sind darunter
Stücke, wie sie ähnlich kaum jemals wieder im
Handel erscheinen werden. Auf diese wird
sich das Interesse der deutschen Museen und
Sammler in erster Linie richten, und es ist zu
hoffen, daß die Hauptstücke gerade dieser
Gruppen Deutschland erhalten bleiben und nicht,
wie so vieles unserer vergangenen Kultur-
epochen, den Weg über das große Wasser
wandern müssen.

Unter den frühen Emails von Limoges ragt
ein würfelförmiger Reliquienschrein mit Pyra-
midendach hervor (87), eine Arbeit des XII. bis
XIII. Jahrh. (32 cm hoch!), ferner der Belag
eines Evangeliars aus dem XIII. Jahrhundert (86)
mit der Darstellung des ungläubigen Thomas
auf dem rautenförmigen Mittelstück.

Stücke allerersten Ranges finden sich auch
unter den Maleremails: eine von Marquet de
Vasselot dem Monvaerni (2. Hälfte des XV. Jahrh.)
zugeschriebene Schmelzplatte „Der Judaskuß“ (83);
zwei außerordentlich schöne, rechteckige Platten
mit der Kreuztragung und der Kreuzigung von
J. Penicaud (76, 77), eine italienische Hieronymus-
platte (65), deren gravierte Rückseite (Adler mit
einem Hasen in den Fängen) von großzügiger
Auffassung ist; ein farbiger Teller aus den
Monatsfolgen von Pierre Regmond (73), sowie
ein in Grisaille gemalter Teller (74), der nach
der Signatur J. C. vielleicht Jean de Court an-
gehört.

Es folgen weiter Ringe, Emails des XVIII. Jahr-
hunderts, Miniaturen, eine Reihe hervorragen-
der italienischer Lederarbeiten, Korandeckel des
XVI.—XVII. Jahrhunderts, Schweizer Scheiben,
Holzschnitzereien, Intarsien, Elfenbeine, darunter
ein vorzügliches westfälisches Diptychon (211)
und eine französische Platte des XIV. Jahrhun-
derts; Arbeiten in Kehlheimer Stein und Bronzen
des XVI. und XVII. Jahrhunderts.

Zu den Glanzpunkten der Sammlung ge-
hören, wie erwähnt, die Edelzinnarbeiten. Um
die beiden großen Breslauer Humpen (314, 315),
den Annaberger Willkomm von 1643 (338),
die Annaberger Krüge (336, 328), die Kannen
und Schüsseln von Briot, Horchheimer und Ender-
lein wird ein heißer Kampf entbrennen.

Am spannendsten wird sich jedoch der Wett-
 
Annotationen