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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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22. Heft
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0731

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RUNDSCHAU

SAMMLUNGEN

BERLIN -

Die Nachricht von der Berufung Ludwig
Justis zum Leiter der Nationalgalerie ist
in den maßgebenden Kreisen durchweg mit
lebhafter Genugtuung begrüßt worden. Die
Tatsache, daß nicht ein ausgesprochener Partei-
gänger irgendeiner Richtung, sondern einfach
ein Mann mit Geschmack und Wissen ernannt
worden ist, läßt für die Weiterentwicklung dieses
allen Deutschen am Herzen liegenden Institutes
das Beste erhoffen.

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DRESDEN = -

Die Zukunft der Dresdener Galerie steht fort-
gesetzt im Mittelpunkt der Debatte in der Tages-
presse, seitdem zum erstenmal irgendwo die
Nachricht auftauchte, der Maler Prof. Prell sei
zum Nachfolger des scheidenden Geh. Rates
Woermann als Leiter der Galerie ausersehen.

Eine Dresdener Tageszeitung hat sich sogar
von einer Reihe in solchen Fragen mehr oder
weniger kompetenten Herren versichern lassen,
daß der Gedanke, die Leitung einer so hervor-
ragenden Sammlung alter Kunst einem Künstler
zu übertragen, ebenso veraltet wie bizarr sei,
womit sich auch unsere Überzeugung restlos
deckt. Sollte in Dresden an maßgebender Stelle
wirklich der Gedanke einmal aufgetaucht sein,
Prof. Prell an die Spitze der Gemäldesammlung
zu stellen, so wird man inzwischen wohl von
der Unmöglichkeit einer solchen Berufung nach-
gerade überzeugt sein. Wenn irgendwo der
tatkräftigste, umsichtigste und an praktischer
musealer Erfahrung reichste Kunsthistoriker von
Fach zu einer wichtigen Aufgabe berufen er-
scheint, dann ist dies zweifellos in Dresden der
Fall. Ein Mißgriff bei der Besetzung des dorti-
gen Postens würde für das fernere Schicksal
einer der ersten Galerien Europas verhängnis-
voll werden. Indes haben wir allen Grund zu
der Annahme, daß man sich in Dresden heute
dieser lapidaren Tatsache längst bewußt ist und
wir dürfen daher auf eine baldige glückliche
Lösung auch dieser brennenden „Museumsfrage“
hoffen.

ELBERFELD — . :

Städtisches Museum. Aus Anlaß der im
nächsten Jahre stattfindenden Dreihundertjahr-
feier der Stadt Elberfeld stiftete Herr Kom-
merzienrat Fr. Bayer dem Städtischen Museum
ein kleines Gemälde von Albert Cuyp aus
seiner Frühzeit „Ansicht von Amersfort“.

Ferner stiftete Frau Kommerzienrat Fr. Bayer
dem Städtischen Museum ein Gemälde „Marokka-
nische Landschaft“ von John Lavery-London.

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FLORENZ =========-

Die vier „Colossi“ Michelangelos sind aus
der Grotte Buontalentis im Boboligarten ent-
fernt und in der Akademie aufgestellt worden. —
Dieses Mal handelt es sich gewiß nicht um
eine „Abführung in das Museumsgefängnis“.
Im Gegenteil, ohne Übertreibung kann man von
einer Befreiung sprechen. In die Grotte ein-
gemauert, eingeklemmt zwischen Blöcken von
Muschelkalk, halb verdeckt von diesen waren
die Äbbozzi wirklich Gefangene. Jetzt, wo sie
wieder frei dastehen, erkennt man erst die
Gewalt dieser Werke. Sie ergreifen so stark,
wie nur je ein Werk Michelangelos.

Außer den vier Kolossen hat man zwei
weitere Werke Michelangelos in der Galerie,
die zum „David“ führt, aufgestellt, den „Mat-
thaeus“, der früher im Hof der Akademie stand,
und die sogenannte Viktoriagruppe aus dem
Bargello. Sie wirkt mit ihrer sorgfältig ge-
glätteten Oberfläche neben der rauhen Kraft
der Kolosse beinahe unangenehm elegant. Ihre
formalen Ideen aber haben geradezu etwas
Kaltes, Ausgeklügeltes, die äußere Motivierung
der Bewegung etwas Gezwungenes neben der
Unbewußtheit der vier „Gefangenen“, in denen
seelische Zustände ergreifenden Ausdruck ge-
wonnen haben.

Änzuerkennen ist, daß man Buontalentis
Arrangement im Boboligarten, das für den Ge-
schmack des florentinischen Barocks ein wich-
tiges Zeugnis ist, mit Hilfe von Gipsabgüssen
der „Colossi“ erhalten hat. H.


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