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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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Braun, Edmund Wilhelm: Porzellangalanterien aus der Sammlung Dr. Paul v. Ostermann - Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0034

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PORZELLÄNGÄLÄNTERIEN äus der
SÄMMLUNG Dr. PÄUL v. OSTERMHNN-

DÄRMSTÄDT vo„ E. W. BRÄUN-TBOPPÄU

Der „Preiß-Courante bey der Churfrftl. Sachs. Procellan-Manufactur zu Meißen“ aus
dem Jahre 17651 gibt uns den ausführlichften und klarften Äuffchluß über das im
18. Jahrhundert Jo überaus beliebte und gefchäßte Gebiet der „Galanterien“ in Porzellan.
Es find u. a. Spiritusfläfchgen, Degengriffe, Couteaugriffe, Stockknöpfe, Stockhaacken,
Schwammbüchsgen, Knöpfe, Blümgen, Tabakftopfer von verfchiedener Form, Etuis für
Zahnftocher, Neceffaires, Nadelbüchsen, Fingerhüte, Tabaksköpfe und vor allen Dingen
die Tabatieren in ihren verfchiedenen Formen und Bemalungen.

Diefe Meißner Lifte können wir noch durch allerlei andere Typen bereichern, die fich
teils erhalten haben, teils aus den Akten und Warenverzeichniffen anderer Fabriken wenig-
ftens urkundlich nachweisbar find. Es ift hierbei befonders auf Zais (Die Kurmainzifche
Porzellan-Manufaktur zu Höchft, Mainz 1887, S. 96 f.) zu verweisen.

Die zierlichen Formen diefer zahllofen kleinen Galanterien, die fo recht ein Bild der
verfeinerten Kultur des 18. Jahrhunderts gewähren, im Verein mit ihrer fcharmanten und
graziöfen Bemalung haben diese Dosen, Flakons ufw. fchon feit langer Zeit zu hoch-
gewerteten, vielbegehrten und noch mehr gefälfchten Objekten des Kunfthandels gemacht,
umfomehr, als fie infolge ihrer Zerbrechlichkeit viel feltener erhalten find wie die dauerhafte-
ren Gefchirre und Figuren. Die hervorragendften öffentlichen und privaten Sammlungen
befißen viele der Porzellangalanterien, aber merkwürdigerweife hat fich die moderne
Wiffenfchaft der Kunftgefchichte noch recht wenig mit ihnen befchäftigt. Das Gros der-
felben fchrieb man bisher Meißen zu, der befonders auf diefem Gebiete führenden Mutter-
anftalt. Allerdings ift eine genaue Beftimmung oft recht fchwierig, denn die meiften der
„Galanterien“ find nicht markiert. In Meißen war es meift nicht der Fall und die anderen
Fabriken unterließen die Signierung fchon deshalb oft gerne, weil fie Meißner Modelle
direkt kopierten und wohl auch als fächfifche Originale in den Handel zu bringen fuchten.
Seit wir in den leßten Jahren genaueren Einblick in die Akten und Warenverzeichniffe
der deutfchen Porzellanmanufakturen gewonnen haben, wißen wir, daß alle die mittel- und
süddeutfchen Fabriken ein ebenfo reiches und vielfeitiges Galanteriematerial erzeugten
wie die Meißner. Es ift nun eine reizvolle aber ebenfo fchwere Aufgabe, die uns erhal-
tenen alten guten und echten Galanterien, die man zuerft von der zahllofen Menge mehr
oder weniger gelungener Fälfchungen in öffentlichem und privatem Befiße auseinander-
halten muß, den verfchiedenen Fabriken zuzufchreiben. Bei manchen Arten ist dies aller-
dings beinahe unmöglich. Blumen z. B., die man zur Montierung von Uhren, Auffäßen,
zum Schmuck an Vafen ufw. verwandte, find kaum jemals genau zu beftimmen, wenn fie
nicht mit fignierten Figuren und Vafen vereint find oder wenn nicht eine gute alte Tra-
dition fie für eine beftimmte Fabrik verbürgt.

Etwas leichter ift die Beftimmung bei Dofen, Flakons, Griffen ufw., deren Dekor durch
die Übereinftimmung mit ficher zu beftimmendem Fabriksdekor eine fichere Handhabe
gewährt. Denn wenn man auch beliebte Meißner Formen und Sujets kopierte, fo konn-
ten doch die Maler in den Fulder, Frankenthaler, Nymphenburger, Höchfter, Ansbacher
ufw. Malerftuben nicht ganz ihre Eigenart verleugnen und auch mancher der Modelleure
in diefen ebengenannten Fabriken hat eine in Meißen unbekannte originelle Form ge-

1 Äbgedruckt bei Beding, Das Meißner Porzellan und feine Gefchidite, Leipzig 1900, S. 191 ff.

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