Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

DOI Heft:
3. Heft
DOI Artikel:
Vermischtes
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0127

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VERMISCHTES o LITERÄTUR

ftitutes will in ihr einen jugendlichen Eunuchen
aus dem Cultus der Kybele erkennen. Ihre Be-
weisgründe find das Fehlen einer weiblichen Bruft,
der, wie fie meint, entfchieden männliche Ärm
und die ebenfo bezeichnenden Füße. Diefe Pole-
mik ift, fo merkwürdige Blüten fie auch treiben
mag, doch nur ein Beweis, wie groß das allge-
meine Intereffe an der herrlichen Skulptur ift.

L. P.

ROM Vor einigen Tagen ift die bekannte
reifarchaifche Niobide der Banca Commerciale
nach Mailand überführt worden, um dort im
neuen Gebäude der Centrale diefer Bank an
einem Ehrenplaße aufgeftellt zu werden. In dem
römifchen Gemeinderate wurde deswegen eine
Interpellation an den Sindaco eingebracht. Da
legal die Statue nicht in Rom zurückgehalten
werden kann — denn innerhalb Italien können
Antiken ohne weiteres verfandt werden—wurde
verfucht, auf anderen Wegen die Frage zugunften
Roms zu beeinfluffen. Der Erdarbeiter de Carlo,
welcher feinerzeit auf die Statue ftieß, ftellt nun
die Forderung auf, den halben Wert der Statue
von der Bank, der Eigentümerin des Bodens,
auf dem die Statue zu Tage kam, in Barem zu
bekommen. Da diefe Streitfrage noch nicht ge-
regelt ift — fchließüch wird de Carlo doch ficher
fachfällig werden — hat der Richter inzwifchen
die Statue fequeftriert und den Bürgermeifter
Roms als Sequefter beftellt. Der Richter hat letz-
terem freigeftellt, die Statue inzwifchen zu be-
laffen, wo er es für richtig findet, und man ift
gefpannt darauf, ob fie fo wieder nach Rom
zurückkehrt.1 L. P.

LITERÄTUR

EIN MONUMENTALES PÄCHEH-WERK

Der soeben herausgekommene erfte Band diefes
großen von Friedr. Wolff beforgten Werkes
(Verlag Dr. F. Stoedtner, Berlin), das eine
Ehrenfchuld der Kunftgefchichtfchreibung gegen
den mächtigen Tiroler Meifter einzulöfen ver-
fpricht, bedeutet wegen der vortrefflichen Licht-
drucktafeln, denen die fpeziellen Aufnahmen Dr.
Stoedtners zugrunde liegen, eine Überrafchung
auch für die näheren Kenner Pachers. Der herr-
liche St. Wolfganger Altar kommt in allen feinen
malerifchen wie plaftifchen Schönheiten und De-
tails voll zur Erfcheinung; die verftändnisvolle
Kunft Stoedtners arbeitet bei den Skulpturen
durch Detailaufnahmen von allen Seiten reftlos

1 Nach dem neueften Stand der Dinge dürfte fich die
Banca Commerciale noch lange des Befitjes erfreuen' und
auch der neuefte Kläger, die Stadt Rom, an der gegebenen
Rechtslage nichts verändern können. Die Red.

den reichen plaftifchen Gehalt von Pachers
Meifterwerke heraus. Äußer dem Altar von
St. Wolfgang enthält Band I noch den Altar der
Pfarrkirche zu Gries, den Kirchenväter-Ältar in
Augsburg und München, die Madonna der Salz-
burger Franziskanerkirche und den Brunecker
Kruzifixus.

Die gleichmäßig vollendete und einheitliche
Durchführung aller Tafeln durch dieÄnftalt von
Albert Frifch laffen den vorliegenden Band in
hohem Maße des Meifters würdig erfcheinen,
dem er gewidmet ift. Auf den erläuternden und,
was den Kreis Pachers angeht, ergänzenden
Textband, den Friedrich Wolff verfaffen wird,
darf man gefpannt fein. H. V.

Die Gemäldegalerie des Kaifer Fried-
rich-Mufeums zu Berlin. Vollftändiger be-
fchreibender Katalog mit Abbildungen fämt-
licher Gemälde, im Auftrag der Generalverwal-
tung der Königlichen Mufeen bearbeitet von Dr.
Hans Poffe, erfte Abteilung: Die romanifchen
Länder (Byzanz, Italien, Spanien, Frankreich)
mit 534 Abbildungen (Verlag von Julius Bard,
Berlin 1909, geh. 20 M.).

Mit diefem Katalog befchreitet die Verwaltung
der Berliner Mufeen einen fürDeutfchland neuen
Weg: zum erftenmal find dem Verzeichnis fämt-
liche Gemälde in Abbildungen beigegeben und
zwar in fcharfen klaren Abbildungen auf glattem
gekalkten Papier, die, foweit es die gewählte
Größe zuläßt, die Gemälde zuverläffig und deut-
lich wiedergeben. Da der Gegenftand des Bildes
fich aus der Abbildung ergibt, ift im Text auf
eine Befchreibung ganz verzichtet und dafür das
gegeben, was die farblofe Wiedergabe nicht
bieten kann: eine Änalyfe der Farben, der Va-
leurs und des Tones. Dr. Hans Poffe hat diefe
fchwierige Aufgabe, die hier zum erftenmal für
einen Katalog alter Meifter geftellt worden ift,
mit großer Sorgfalt und beachtenswertem Ge-
fchick gelöft.

Äbgefehen von der Befchreibung, find für jedes
Gemälde die Maße, die Herkunft, die Bezeich-
nung, die verwandten Bilder und anderes an-
gegeben, ebenfo von jedem Künftler kurz die
wichtigften Ereigniffe aus feinem Leben und
feiner künftlerifchen Entwicklung. Auch typo-
graphifch muß der neue Katalog als muftergültig
bezeichnet werden. Der Spiegel des Textes jeder
Seite ift durch hellgrauen Unterdrück von dem
glänzend weißen Papier abgehoben; die Namen
der Künftler und die Angabe der Malerfchule
find zudem rot gedruckt. Der Text in fchönen
großen romanifchen Äntiqualettern ift in wohl-
berechneten Zeilenabftänden tadellos gedruckt

101
 
Annotationen