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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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4. Heft
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Braun, Edmund Wilhelm: Die Büste Kaiser Josefs I. von Kändler
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Kühnel, Ernst: Islamische Buchkunst: Zur Sonderausstellung im Berliner Kunstgewerbemuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0151

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DIE BÜSTE KAISER JOSEFS I. VON ÖSTERREICH o ISLAMISCHE BUCHKUNST

lierten Allongeperücke eingerahmt wird. Den Bruftpanzer, den der über die rechte
Schulter gelegte Mantel freiläßt, ziert das goldene Vließ. Es ift fraglos, daß Kandier,
der von der barocken pompöfen Dresdener Großplaftik kam, mit befonderer Freude
und Liebe gerade diefe Büßen in Porzellan ausgeführt hat, was nach Pazaurek zwifchen
1742 und 1745 gefchah. Die Lebendigkeit der Darftellung läßt nun irgend eine gute
malerifche oder ftecherifche Vorlage vermuten. Leider aber konnte eine folche bis jeßt
nicht nachgewiefen werden. Dr. Schnürer, der Vorftand der kais. und kgl. Familien-Fidei-
kommißbibliothek zu Wien (Neue Hofburg), der die Abbildung der Büfte mit den da-
felbft befindlichen 88 Porträts der Kaifer verglichen hat, fand unter denfelben keine einzige
in Betracht kommende Vorlage. Auffallend ift, daß nach Schnürer auf jedem der Stiche
das Haar in der Mitte des Kopfes gefcheitelt ift, während bei der Büfte der Kaifer mit
glatt nach aufwärts gekämmten Haaren, über denen der Lockenkranz liegt, zu fehen ift.
Auch in Büchern findet fich keine derartige oder ähnliche Illuftration.

Es ift alfo anzunehmen, daß Kandier aus verfchiedenen ihm zur Verfügung geftandenen
Porträts das von ihm ausgeführte in freier künftlerifcher Weife gefchaffen hat. Jedenfalls
wäre es intereffant, auch die übrigen Büften (zu Dux) mit den fo reichhaltig vorhandenen
ikonographifchen Behelfen in der Familien-Fideikommißbibliothek zu vergleichen.

ISLAMISCHE BUCHKUNST Von EHNST KÜHNEL

ZUR SONDERÄUSSTELLUNG IM BERLINER KUNSTGEWERBEMUSEUM

Der Eindruck diefer Veranftaltung ift infofern
überrafchend, als man wohl kaum hoffen
konnte, lediglich aus Berliner Befiß ein fo ver-
hältnismäßig reiches und gefchloffenes Bild von
der Buchkunft des Islam zu gewinnen. Leider
mußte in Rückficht auf die Wiinfche der Äus-
fteller auf eine fyftematifche Anordnung des
gefamten Materials nach Gefichtspunkten der
Technik, der Chronologie und der Provenienz
verzichtet werden, und es konnten nur inner-
halb der einzelnen Sammlungen kleine Grup-
pierungen vorgenommen werden, die immerhin
die Überfichtlichkeit erleichtern.

Zunächft präfentieren fich hier als intereffantefte
Vorftufe der islamifchen Miniaturkunft in Mittel-
afien die Manufkript-Funde der Turfan-Expe-
ditionen, die dem Mufeum für Völkerkunde
gehören, und zu denen Dr. v. Le Coq eine vor-
zügliche knappe Einführung gefchrieben hat.
Sie weifen deutlich auf die Bedeutung Oft-
Turkiftans als eines Zivilifationszentrums, in dem
fich chinepr<he, indifche und perfifche Elemente
zu einem äußerft lebenskräftigen Stil verbanden,
der dann vermutlich für die nach Weften vor-
dringenden Mongolen der Ausgangspunkt einer
neuen Kultur wurde. Jedenfalls find diefe' mani-
chäifchen Handfchriften viel mehr als die byzan-

tinifchen geeignet, einen Begriff von den An-
fängen der fpäter in Perfien zu fo hoher Blüte
gelangten Miniaturmalerei zu geben.

Zum Studium der Entwicklung, die die ara-
bifche Schrift genommen hat, und der Variationen,
deren fie fähig war, eignet fich befonders die
Sammlung des Freiherrn v. Oppenheim,
die im wefentlichen in Ägypten zufammenge-
bracht ift, aber auch einige perfifche und tür-
kifche und vor allem eine ftattliche Anzahl nord-
afrikanifcher Stücke umfaßt. BefondereBeachtung
verdienen die kufifchen Schriftproben auf Per-
gament, einige Koranabfchriften aus der ägyp-
tifeilen Mamelukenzeit (14. bis 15. Jahrhundert),
ein marokkanifcher Koran, der ziemlich getreu
den granadiner Zierftil des 14. bis 15. Jahrhun-
derts wiedergibt, und zwei große türkifche Be-
ftallungsurkunden, modere Schriftftücke von Par-
ker dekorativer Wirkung.

Die Sammlung Zander, die inKonftantinopel
entftanden ift, enthält u. a. fünf koftbare, in bunten
Arabesken auf Goldgrund ausgemalte Blätter
aus einem großen perfifchen Koran des 16.Jahr-
hunderts, der an Pracht nicht fo leicht feines-
gleichen gefunden haben dürfte.

Die befte Gelegenheit, die Figuren-Miniatur
des Oftens in ihren verfchiedenen Phafen und

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