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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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VERMISCHTES

Einkleidung eine nur andeutende gibt. Die Szene
fpielt nämlich auf einer ganz flachen, von Vor-
hängen umfpannten Bühne. 1877 wurde Orchard-
fon zum vollen Mitgliede derÄcademy ernannt.
Im felben Jahre eroberte er fich durch fein dem
populären Verftändnis zwar keineswegs fich
beugendes, ihm aber trefflich entgegenkommen-
des Bild „The Quen of theSwords“ eine große
Popularität, die Bilder wie „Hart Hit“ und vor
allem fein „Napoleon auf dem Belerophon“(1880)
noch beträchtlich fteigerten. Das Napoleonbild
hängt jetzt in der Tate Gallery. In den letzten
Jahren hatte Orchardson fich mit großem Erfolge
der Porträtmalerei zugewandt. Seine Modellie-
rung, befonders die der Schädel, war ftets ficher
und bekundete die Hand eines Meifters. Seine
Farbe, meift ein helles Gelb, ein Braun, ein
Bouqet zartefter, faft zaghaft zufammengeftimmter
Halbtöne, war ein Abglanz feiner fehnfuchtsvollen
Seele; feine weiten, leeren Räume im Empire-
ftil, in denen er oft den Ton eines Inftrumentes,
einer Stimme wehmütig nachklingen läßt, fchienen
wie die Weite der Welt, in der fein mimofen-
zartes Gemüt fich angftvoll verlor. Seelenein-
famkeit und nie befriedigtes Verlangen nach
innerfter Mitteilung erfüllten fein Herz. Äus
ihnen ward feine ganz perfönliche Kunft ge-
boren. Großes technifches Können gab ihm die
Kraft, feine innere Empfindung mitzuteilen. F.

VERMISCHTES

ZUR PUBLIKATION DES VÄSÄRI-
ÄRCHIVS Es find jeßt faft zwei Jahre ver-
gangen, feitdem wir alle durch die Kunde in Auf-
regung verfeßtwurden.daß inFlorenz mehr als ein
halbes Hundert völlig unbekannter Briefe Michel-
angelos entdeckt worden feien. Der Tatbe-
ftand, welcher bald feftgeftellt werden konnte,
war der, daß der Direktor des Museo Nazionale
del Bargello Dr. Poggi in dem den Conti Ras-
poni gehörigen Ärchivio Spinelli in Florenz auf
das vollftändige Familien-Archiv Vafaris ge-
ftoßen war, das die jüngften Vafari-Forfcher
Milanefi, Scotti-Bertinelli und Kallab vergeb-
lich gefucht hatten. Diefer Fund bedeutete in
der Tat für uns Kunfthiftoriker eine Entdeckung,
denn niemand hatte von dem Vorhandenfein
diefer koftbaren Blätter im Ärchivio Spinelli—
Rasponi eine Ahnung gehabt. Für den Grafen
Rasponi felbft allerdings hatte Dr. Poggi nichts
Neues gefunden. Er mußte fchon aus dem aus-
gezeichneten Katalog feines Familien-Archivs,
der im 18. Jahrhundert verfaßt wurde und jede
Handfchrift im Detail befchreibt, wiffen, welche
Koftbarkeiten fein Archiv umfchloß. Es fcheint

nur, daß er erft durch Dr. Poggi einen Begriff
von dem unfchäßbaren Wert gerade diefer Ab-
teilung feines Archivs erhielt. Ein Spinelli war
Teftamentsvollftrecker des leßten derVafari ge-
wefen und auf diefe Weife war der ganze
Carteggio Vafaris: Breven der Päpfte Pauls III.,
Julius III., Pius IV., Pius V., Gregors XIII., Briefe
Cofimos I. und feiner Söhne, des Vincenzo
Borghini, des Silvano Razzi, des Annibale Caro
des Varchi, des Giovio, des Gianbullari, des
Claudio Tolomei und endlich des Michelangelo
Buonarotti in den Befiß der Spinelli gelangt.
Auch eine libro di Ricordi, das Vafari Tag
für Tag geführt, pndet fich in diefer Sammlung,
nicht zu reden von einer Fülle von Familien-
notizen und Aufzeichnungen Vafaris felbft, die
Quellen für fein großes Werk der Kün [tierleben
betreffend.

Es ift ohne weiteres klar, daß dies Archiv
für die moderne Kunftwiffenfchaft geradezu un-
ermeßliche Werte umfchließt. Um fo größer
war die allgemeine Beftürzung als man vernahm,
der Conte Rasponi habe dem Dr. Poggi die
weitere Benutzung feines Archivs unterfagt und
denke nicht daran genanntem Gelehrten, dem
er fein Archiv auf kurze Zeit für einen beftimm-
ten Zweck — es handelte fich um Dokumente
den Bau des Klofters von S. Croce betreffend. —
erfchloffen hatte, die Publikation des Vafari-
Ärchivs zu übertragen.

Mehr als ein Jahr verging, und man hatte
eigentlich keine Hoffnung mehr in abfehbarer
Zeit das Vafari-Archiv veröffentlich zn fehen.
Da vernahm man in eingeweihten Kreifen, es
fei Profeffor Frey durch die gütige Vermittlung
eines bekannten Römifchen Gelehrten gelungen,
den Grafen Rasponi für eine Edition des Vafari-
Ärchivs günftiger zu ftimmen. Die Bedingungen
aber feien ziemlich fchwere, da fich der Graf
den Befiß der Dokumente ausdrücklich Vorbe-
halte und allein für die Publikation eine nicht
geringe Summe verlange. Es gelang damals
Profeffor Frey für feine Äbfichten einflußreiche
Männer zu gewinnen. Die fachmännifche Be-
urteilung der Angelegenheit fiel allgemein günftig
aus, denn niemand wußte oder erinnerte fich,
daß gerade Profeffor Frey aus Gründen, die fich
meiner Beurteilung entziehen, in Florenz keine
großen Sympathien befaß. Ich felbft wurde da-
mals um meine Änficht befragt. Wenn mir Prof.
Frey auch perfönlich unbekannt war, fo glaubte ich
die Angelegenheit fachlich doch aufs wärmfte be-
fürworten zu müffen, nachdem ich fchon vor langen
Jahren Freys muftergültige Ausgabe der Ge-
dichte Michelangelos gründlich ftudiert und ein-
gehend befprochen hatte. Dem berechtigten Ein-
wand, wie denn in Italien eine folche Publikation

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