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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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9. Heft
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Entdeckungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0376

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ENTDECKUNGEN

die Fresken der Baldovinetti, Sarto, Pontormo
und Roffo kommen zu ungleich befferer Gel-
tung. H.

GUBBIO In der Kirche S. Francesco, welche
unter dem Patronat der Stadtverwaltung fteht,
ift bei Gelegenheit der Inventaraufnahme durch
den bekannten Reftaurator Prof. Colarieti-Tofti
eine intereffante Entdeckung gemacht worden.
In einem alten Reliquiar, deffen Türen mit zwei
hübfchen Heiligenfiguren des Trecento auf Perga-
ment gefchmückt find und noch die Siegel des
Bifchofs Giacomo Cingari (1760) tragen, fand fich
bei der Öffnung ein intereffantes Diptychon der
Sienefer Schule des Trecento. Der eine Flügel
desfelben zeigt die Kreuzigung Chrifti mit den
Figuren der Madonna und des Lieblingsjüngers
und zwei Engelsköpfen; der andere die Madonna
mit dem Kinde. Über dem Diptychon, das gleieh-
fam das Altarbild des Reliquientempelchens dar-
ftellt, find zwei auf Pergament gemalte Seraphim
und die Geftalt des Redentore angeheftet. Unter
dem Diptychon ftehen fechs Heilige und an den
Innenfeiten des Häuschens und der Türflügel
zehn andere Heilige, ebenfalls auf Pergament
gemalt und mit Nägeln angeheftet. Alle diese
Miniaturen ftammen zweifellos von alten Chor-
büchern des Quattrocento. Vier gerahmte Bild-
chen der heiligen Clara, der Madonna mit dem
Kinde, des auferftandenen Chriftus und des
heiligen Franz enthalten Reliquien.

Zwei andere Reliquienbehälter, welche eben-
falls noch die Siegel des Bifchofs Cingari auf-
weifen, enthielten ein gothifches Kreuz aus Holz
mit vier feingemalten Figürchen auf beiden Seiten
und Fragmente eines anderen gotifchen Kreuzes,
deffen bildnerifcher Schmuck, acht Heiligenfiguren,
jedoch erhalten find. Sie ftellen Chriftus, die
Jungfrau Maria, den Evangeliften Johannes und
Äpoftel dar. Auf fchwarzem Glas mit Gold aus-
geführt, wie die Lacrimatoi, welche auf der
umbrifchen Ausftellung von 1907 zu fehen waren,
find diefe Bildchen als Erzeugniffe des Trecento
und der Schule von Gubbio anzufprechen.

W. B.

OSTIÄ Im Verlaufe der von Vaglieri ge-
leiteten Grabungen in Oftia fand man Mitte
April eine über zwei Meter hohe Marmorplatte
mit dem Hochreliefe einer Viktoria. Vaglieri
nimmt an, daß die Arbeit dem zweiten Jahr-
hundert nach Chr. angehört und den Pilafter
eines Stadttores bildete. L. P.

POGNY Ein altgallifcher Friedhof ift in der
Nähe von Pogny bei Chalons sur-Marne bloß-
gelegt worden. Wie das Journal des Arts er-

fährt, haben die Nachgrabungen kulturhiftorifch
wertvolle Waffen und Schmuckgegenftände zu-
tage gefördert.

UNTER-SIEBENBRUNN (Nied.-Öft.)

Am 24. Januar 1. J. wurden durch einen Arbeiter
in der im Eigentume der Gemeinde ftehenden
Sandgrube altertümliche Gold- und Silbergegen-
ftände gefunden. Als fich das Gerücht hiervon
im Orte verbreitete, wurde die Grube von Un-
berufenen durchwühlt und es wurden weitere
Funde gemacht. Nach Mitteilungen fand fich
ca. 2,5 m unter dem Niveau ein Skelett mit
ausgebreiteten Armen, den Kopf gegen Norden
gerichtet, mit nachftehenden Beigaben vor: ein-
facher Goldreif, Gewicht 200 g; eine fehr zier-
liche Goldfchnur, nicht ganz 115 g wiegend;
eine zweite goldene Halsfchnur; zwei goldene
Fingerringe; zwei goldene Armbänder, zusam-
men weniger als 130 g wiegend; zwei goldene
Ohrgehänge, sehr zierliche Arbeit; zwei große
prächtige Spangenfibeln aus Silber mit Gold-
belag und eingefeßten Granaten und Email-
(Glas-)Füllungen; zwei große filberne Spangen-
fibeln; zwei kleine und zwei andere fehr be-
achtenswerte Fibeln; ein filberner Spiegel; eine
Anzahl goldener und filberner Schnallen; eine
große Anzahl von geftanzten Goldplättchen, die
einen Befafs gebildet hatten; zwei filberne
Trensen und zwei Bronzeftanzen; eine fehr be-
achtenswerte filberne Haarnadel (fogenannter
Stilus); Gürtelbefchläge aus Silber, vergoldet,
19 ftattliche Exemplare; ein wohlerhaltener
Glasbecher; Refte eines Glaskruges und eines
Trinkbechers oder einer Schale; Stücke eines
eifernen Dolches (?); ein Toilettebefteck aus
Silber und mehrere Bernfteinftücke. Es dürfte
fich um das Grab einer germanifchen Fürftin
aus der Völkerwanderungszeit handeln. Die
urfprüngliche Anordnung der Gegenftände läßt
fich leider nicht mehr feftftellen; die Objekte
felbft und das Skelett wurden zuftande gebracht,
weitere Durchwühlungen der Fundftelle unter-
fagt. Die Zentralkommiffion verwendet fich,
daß der Fund vom kunfthiftorifchen Hofmufeum
erworben werde und leitet fyftematifche Gra-
bungen ein.

WIEN Einen kunfthiftorifchen Fund von unge-
wöhnlichem Intereffe wird das nächfte Heft des
„Kunfthiftorifchen Jahrbuchs der Zentralkommif-
fion“ publizieren: ein unbekanntes Werk des
Veit Stoß, das Dr. Kurt Rathe an der Äußen-
feite der Ännakirche entdeckt hat. Die bisher
unbeachtet gebliebene plaftifche Gruppe aus
Holz) ftellt die heilige Anna felbdritt dar.

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