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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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10. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0413

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SAMMLUNGEN o AUSSTELLUNGEN

Auch einige Neuerwerbungen find zu verzeich-
nen. Für 2500 Lire wurde ein Porträt des Papftes
Rezzonico von Pietro Longhi erworben (99x74l/2).
Der Kirchenfürft erfcheint hier viel jugendlicher,
als er fonft abgebildet wurde, fo dap man an-
nehmen muß, daß das Porträt entftanden ift, als
Klemens XIII. zum Pontifex ernannt wurde.
Übrigens ift diefes Bildnis ziemlich fteif und hart
in der Farbe. Von Nicolo Frangipani wurde
ein bezeichnetes und 1597 datiertes Bild, Satyr
und fchlafender Hirte (75x95 cm) für 1000 Lire
erworben. Der Udinefe Frangipani ift gerade
als Künftler nicht hochzufchäßen, jedoch als
Wiedererwecker der giorgionesken Schule im
Anfang des 17. Jahrhunderts ift ihm eine gewiffe
Stellung in der Kunftgefchichte einzuräumen.
Auch das eben neu erworbene Bild zeigt ihn
von diefer Seite. Eine Landfchaft mit Mönchen
(94X69 cm) von Äleffandro Magnasco wurde
für 200 Lire gekauft. Troßdem diefer tempera-
mentvolle Maler Genuefer war, ift es angebracht,
ihn in der venezianifchen Äccademia vertreten
zu fehen, da er Lehrer des bellunefifchen Land-
fchafters Marco Ricci war. Ein köftliches, faft an
Rubens gemahnendes Bildchen ift „Der Spieler“
von Domenico Feti (28X42V2 cm), erworben für
500 Lire. Von Giulio Carpioni wurde eine „Auf-
opferung im Tempel“ (58x81 cm) für 500 Lire
angekauft, ein fleißig und korrekt durchgeführtes
Werk des Meifters. — Durch Schenkung kam
das Inftitut in Befiß eines zweiten Bildchens
desfelben Künftlers „Bacchanal“ (97x78 cm), in
dem er fidi flotter und geiftreicher zeigt. Noch
durch weitere Schenkungen bereicherte fich die
Galerie: fo wird dem Sebaftiano Ricci eine Tafel
„Die Legende des Satyrs im Bauernhaus“
(72X541/.: cm) angeführt, jedoch nicht mit vollem
Recht. Diefes im Kolorit lebhaft gehaltene Bild
ftammt wahrfcheinlich aus der Tiepolofchule. Zu-
leßt fei noch ein Ovalbild des Giufeppe Barzani
(geboren in Reggio Emilia 1690, geftorben zu
Mantua 1769), der unter dem Einfluß des Piaz-
zetta und Diziani ftand, erwähnt; das Bild ift
fteif und unerfreulich. L. Br.

VERSAILLES Ein Vermächtnis der Prin-
zeffin Mathilde hat erft jeßt im Mufeum einen
würdigen Plaß gefunden. Es ift ein Gemälde
von Guftave Bouienger, das eine Vorftellung
des Flötenfpielers von Augier darftellt. Diefe
Vorftellung fand in dem Atrium des pompe-
janijchen Haufes ftatt, das Prinz Napoleon in
der Avenue Montaigne dort errichten ließ, wo
heute das Hotel Porges fteht.

ÄUS STELLUNG EN

ZWEI BERLINER SOMMER-ÄUS-
STELLUNGEN: DIE „GROSSE“ UND
DIE „NEUE SEZSSION“ Im allgemeinen
erwartet man ja nicht viel von diefen Maffenaus-
fteilungen in Berlin, wo mittelmäßiges und minder-
wertiges Zeug mithelfen muß, die unendlichen
Räume zu füllen, indeffen haben gerade die leßten
zwei Jahre fo etwas wie einen frifchen Zug ver-
fpüren Iaffen, man ließ Individualitäten zu Worte
kommen, man komponierte Räume und wagte fo-
gar den Verfuch einer rückblickenden Äusftellung.
Diefes Jahr wollte die Kommiffion von allen
„clous“ abfehen und eine fchlichte Überficht der
Berliner Kunftproduktion liefern und, fiehe da,
das Refultat übertraf die — Befürchtungen: es
ift klar, daß man eben auf die clous angewiefen
ift, leider!

Konnte man in früheren Jahren wenigftens
einige wenige Namen herausgreifen, fo ift es
diesmal unmöglich gemacht durch die Zerfplit-
terung und feine Verteilung aller unter alle.
Man kann noch fo viel herumwandern, es bleiben
doch keine Namen haften, obwohl man hie und
da gute Bekannte getroffen zu haben glaubt,
hie und da auch vor einem guten Stück ftehen
blieb. — Und fo entfchließt man fich denn fchwe-
ren Herzens, die Künftler und Namen beifeite
laffend, auf die Prinzipienfrage einzugehen, die
der Präfident der Äusftellung, Prof. Kallmorgen,
in feiner Eröffnungsrede anzufchneiden für nötig
hielt. Beiläufig gefagt: ift es nicht bezeichnend,
daß fowohl bei der Eröffnung der Sezeffion, als
auch hier, die Führer es fich nicht verfagen
konnten, programmatifche Reden zu halten und
dadurch die Ängriffsßächen zu vergrößern? es
ift immer ein bedenkliches Symptom, wenn Künft-
ler viel über — ihre Kunft reden.

„Wir find Deutfche, wir glauben ein Recht auf
Anerkennung und Förderung von unferen Volks-
genoffen zu haben,“ in diefem Schlußfaß gipfel-
ten die Ausführungen des Redners, die mit rüh-
render Offenheit den wirtfchaftlichen Standpunkt
immer wieder betonten, wenn fie fich mit den
Ausheilungen fremder Meifter, fowohl der alten,
als auch der jungen und jüngften befchäftigten.
Nun wäre es ja fehr leicht zu erwidern, daß die
Förderung der paar hundert Berliner Maler mit
Patriotismus nichts zu tun habe, denn ebenfo
könnte jeder beliebige Zweckverband, z. B. die
Privatangeftellten, dasfelbe Recht für fich in Än-
fpruch nehmen. Doch Profeffor Kallmorgen
appelliert an den „fich überall regenden Ruf
nach Heimatkunft“ und will fomit feinen For-
derungen eine tiefere, prinzipielle Begründung

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