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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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10. Heft
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Vermischtes
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Literatur
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VERMISCHTES ° LITERATUR

MÜNCHEN Die internationale Anstellung
der Sezeffion wurde Mittwoch, den 18. Mai er-
öffnet. Die Jury befteht aus nachfolgenden Herren
des Äusfchuffes: Akademieprofeffor Hugo Freiherr
v. Habermann, Maler,I.Präfident; ProfefforÄlbert
v. Keller, Maler, Il.Präfident; Richard Winterniß,
Maler, I. Schriftführer; Profeffor Cipri Adolf Ber-
mann, Bildhauer, II. Schriftführer. Ferner die
Herren: Profeffor K. J. Becker-Gundahl, Maler;
HansBorchardt, Maler; Jofeph Damberger, Maler;
Profeffor Julius Diez, Maler; Akademieprofeffor
Ludwig Herterich, Maler; Akademieprofeffor
Angelo Jank, Maler; Profeffor Hubert Neßer,
Bildhauer; Akademieprofeffor Franz v. Stuck,
Maler; Charles Tooby, Maler; Profeffor Dr. Friß
v. Uhde, Maler. M. K. R.

PÄRIS Die Auffelien erregende Entlarvung
des Comte de Glatigny in Tours und feiner
Sammlung falfcher Bilder ift durch die Tages-
blätter genügend bekannt geworden. Hier mag
den Fachleuten noch nachträglich mitgeteilt wer-
den, daß der Graf fogar gerieben genug war,
für alle feine Bilder ausführliche Notizen über
die Provenienz der Bilder anfertigen zu laffen.
So hatte er einen Murillo, der alte Parifer Vente-
ftempel und eine gefälfchte Notiz trug, die be-
sagte, daß diefes Bild ehedem im Befiß des Kö-
nigs von England gewefen fei. Die fchlafende
Antiope von Corregio, die der Graf für 73000 fs.
verkauft hatte, war eine Kopie auf Leinwand,
die auf eine alte Holztafel aufgeklebt war. Die
Falfcher des Grafen arbeiteten mit allen erdenk-
lichen Tricks, fo daß auch manche gebildete
Kunftkenner, die heute wohlweislich fchweigen,
fich für die Echtheit der Bilder ausfprachen.

PÄRMÄ Aus dem Schlöffe Torrechiara ift
das einzige fignierte und datierte Werk des
Brescianer Malers Benedetto Bembo, ein fünf-
teiliges Ältarwerk von 1462 mit der Jungfrau und
dem Kinde im Mittelfelde nebft der Signatur:
„Benedictus Bembus edidit MCCCCLXII mensis
maii“, den Heiligen Nikomedes und Antonius
Äbbas, Katherina und Petrus Martyr auf den
Seitenflügeln und den zwölf Äpofteln auf der
Predella widerrechtlich nach Rom gebracht, dort
aber befcblagnahmt worden.

LITERATUR

Julius von Schloffer, Werke der Klein-
plaftik in der Skulpturenfammlung des
allerhöchften Kaiferhau fes. Wien 1910,
Verlag Ä. Schroll & Co.

Ganz im Gegenfaße zur Gemäldegalerie hat
die Skulpturenfammlung des Wiener Hofmufeums
bisher weder beim großen Befucherpublikum,

noch in der Wiffenfchaft die Beachtung gefunden,
die ihren reichen Beständen wohl unbedingt
zukommt. Das Fehlen eines guten Katalogs
der Mangel an entfprechendem Abbildungsma-,
terial mögen die Urfachen dafür fein. In zwei
großen Tafelbänden publiziert nun Profeffor von
Schloffer die wichtigften Stücke der Kleinplaftik
aus der feiner Leitung anvertrauten Abteilung
des Mufeums. Der kunfthiftorifchen Forfchung
wird hier zum erftenmal ein umfaffender Über-
blick über die qualitativ erftklaffige Sammlung
geboten und die den Tafeln vorangeftellten kur-
zen Erläuterungstexte laffen erwarten, daß der
Prachtpublikation bald auch ein vollftändiger,
für die Befucher benußbarer Katalog folgen
werde. „Die Skulpturenfammlung“, fchreibt
Schloffer in der Einleitung, „fpiegelt das Cha-
rakterbild der großen fürftlichen Sammlerdynaftie,
der fie ihren Urfprung verdankt, getreulich wider,
wie etwa die Nationalkirche der Anima in Rom
Gefchicke und Kulturverbindungen der öfter-
reichifchen „Nation“ — im alten Sinne — der
Nachwelt überliefert. Diefe alten, in fich abge-
fchloffenen Erinnerungen fallen gänzlich in die
Zeit, da das Haus Habsburg vier lange Jahr-
hunderte hindurch den römifchen Kaiferthron
deutfcher Nation innegehabt hat, vom Anfang
des 15. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts.
Das find denn auch die chronologifchen Grenzen,
innerhalb deren fich die Sammlung ausbreitet.
Das eigentliche Mittelalter fehlt fo gut wie gänz-
lich, was namentlich bei der Elfenbeinplaftik
fühlbar ift, die faft ausfchließlich, allerdings in
reichfter Weife von Werken des 17. Jahrhunderts
repräfentiert wird. Das 15. Jahrhundert ift nur
in den Bronzen und in einem Teile der Holz-
plaftik ausgiebig vertreten; das 18. Jahrhundert,
in dem freilich die (im Hofmufeum nur fchwach
vertretene) Porzellanmanufaktur die Führung in
der Kleinplaftik übernimmt, tritt in allen Ab-
teilungen ftark zurück. Ebenfo enthält die Samm-
lung faft ausfchließlich Kunftwerke jener Länder,
in denen die deutfche Linie des Haufes Öfter-
reichs geherrfcht hat: Süddeutfchlands, der vlä-
mifchen Niederlande, Italiens; die fpanifche und
vollends die franzöfifche Plaftik fehlen fo gut
wie ganz. Charakteriftifch ift die Rolle der drei
Hauptnationen; in den Bronzen dominieren die
Italiener, im Stechftein und Holz die Deutfchen,
im Elfenbein die Vlämen.“

Der erfte Band der Publikation umfaßt die
Bildwerke in Bronze, Stein und Ton, der zweite
die in Holz, Wachs und Elfenbein. Die Auswahl
ift fehr inftruktiv: verwandte Arbeiten folgen in
der Reihung aufeinander, die wichtigften find in
mehreren Anfichten gegeben. Die kurzen Texte,
die Schloffer den Abbildungen beifügt, fcheinen
mir vorbildlich in der klaren und prägnanten

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