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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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12. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0495

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AUSSTELLUNGEN

führt uns in ein Schlafgemach. Zwei Damen
find darin zu fehen, die eine erwacht, aber noch
in ihre Decke gehüllt, die andere eine Pfeife
ftopfend. Diefe Figuren gehören fchon zu den
übermäßig verfeinerten Wefen, in deren Dar-
ftellung Harunobus Kunft kulminiert.

Es ift vornehmlich der intellektuelle Charakter
des Inhalts was Harunobus Kunft vor derfelben
feiner Zeitgenoffen auszeichnet. Sein Nachfolger
Ifoda Koriusai verdankt dagegen feinen Ruhm
mehr den Vorzügen feiner Kompofitionsweife
und der dekorativen Kraft der Linien. Fünf
Blätter find von ihm diefes Mal ausgeftellt, unter
denen eine Frau mit Kindern (abgebildet bei
0. Münfterberg, Japanifche Kunftgefchichte III
S. 321) und das Innere eines Teehaufes hervor-
ragen.

Torii Kigonaga ift mit feinen drei befcheidenen
Blättern nicht gut vertreten, beffer fein Schüler
Kiyomine mit der hockenden Figur einer Dame.
Katsukawa Schunsho hat vier Blätter in der
Äusftellung (Dichterinnenbildniffe, rot und gelb
gedruckt) die zu einer größeren Serie gehören.
Hervorzuheben ift aus feiner Nachfolgerfchaft
Shunko mit einer diskret kolorierten Darftellung
von drei Ringern. Weniger bedeutende Blätter
find noch von Shunzan, Shuncho und Shuntei
ausgeftellt.

Befonderes Lob verdienen drei Blätter von
Hosoda Yeishi: die Stehfigur einer Dame (Na-
gaye), eine Dame auf dem Boden hockend und
ein Makimono betrachtend, Damen in einem
Kahn deffen Vorderteil die Form eines Pfaues
hat (angeführt bei Seidlifz, Gefchichte des japa-
nischen Farbenholzfchnitts S. 145). Alle diefe
Blätter bringen Yeishis vornehme Zurückhaltung,
die fich in Zeichnung und Farben in gleichem
Grade kundgibt, vorzüglich zum Ausdruck.

Es ift zu bedauern, daß die Sammlung von
Toshiusai Sharaku nur ein einziges Blatt (Schau-
fpielerporträt — abgebildet bei Ä. Morrison,
The Painters of Japan. The monthly Review,
Nr. 27. Dez. 1902, S. 100 und Münfterberg a. a.
O. 316) bepfet. Die Erhaltung desfelben ift
übrigens fehr gut.

Fünfundzwanzig unzweifelhaft echte Blätter
vereinigt die Äusftellung von Kitagawa Utamaro.
Hervorzuheben find aus diefer Reihe folgende
Darftellungen: Äwabi-Fifcherin mit ihrem Kinde
(Mittelteil des Triptychons Kurth, Utamaro 159),
Kintoku und feine Mutter (Kurth 206), Liebespaar1
— der Jüngling raßert das Nackenhaar der Dame
(Kurth 240), mehrere Darftellungen aus der Serie
„Quelle des Wetteifers treuer Liebe (Kurth 244),
zwei Damen mit großem Gewebeftücken be-

1 Aus der Serie „Elegante Fünfpinienbilder“

fdiäftigt (aus der Serie „Zwölf Werke weib-
licher Handarbeiten“ — Kurth 281), Mutter mit
zwei Kindern (Kurth 309?), Kopf einer Dame
(aus der Serie „Ko-mei bi—jin rokka-sen“, Kurth
353), Oiran — großer Kopf (aus der Serie ohne
Titel Kurth 401), zwei Blätter Tänzerinnen aus
einer das Niwaka-Feft der „grünen Häufer“
darftellenden Serie (wahrfcheinlich Kurth 412).

Der größte Teil der angeführten Werke ftammt
vom Ende des 18. Jahrhunderts. Die, welche
früher zu datieren find (z. B. Kurth 159 und
412?) zeigen natürlich größere Mäßigung und
infolge deffen lieblichere Formen, die Über-
treibungen gehören aber auch zu den vielfagend-
ften Kunftfchöpfungen. Sie find lauter Triumphe
der Linienkunft.

Keine Kunft hatte fo ausgefprochenen linearen
Charakter, wie die des Utamaro. Die Malerei
Äfiens leiftete ihr Beftes immer im linearen Stile
und Utamaro brachte eben die lineare Äus-
drucksweife zu einer eigenartigen Größe. In
feiner Perfönlichkeit kulminiert alfo die eigen-
tümlichfte Tendenz der Oftafiatifchen Malerei.

Utamaros Formengebung weift große Kraft-
äußerungen auf, während die feiner Nachfolger
fchon zum Spielerifchen neigt. Dies gilt befonders
von Hidemaro, der in der Äusftellung durch zwei
kämpfende Krieger vertreten ift. Eine nicht zu
unterfchäßende Naturbeobachtung liegt derDar-
ftellung zu Grunde, die Naturformen find aber
in ein heiteres dekoratives Linienbild übertragen.
Zu den Seltenheiten gehört eine Oiran mit zwei
Kaburos von Shikimaro; befonderen Kunftwert
befißt das Blatt nicht. Die Utamaro-Schule ift
noch, außer den zwei letzterwähnten Meiftern,
mit Kikumaro und einem fchönen Holzfchnitt des
Künftlers vertreten deffen Signatur Kurth einem
problematifchen Kikumaro II zumutet. Einige
Blätter von Utogawa Toyokuni find nur behufs
Kompletierung des Zeitbildes ausgeftellt. Ein
befferes Bild über den Meifter foll fpäter, in
Verbindung mit Kunisada gegeben werden. —
Dr. Zoltän v. Takäcs.

BÄSEL Anläßlich der 15. Generalverfammlung
der Schweizerifchen Gefellfchaft für Volkskunde
wurde hier Anfang Juni eine Äusftellung für
Volkskunft und Volkskunde eröffnet. Die
Äusftellung foll bis Ende Äuguft zugänglich Jein,
es bleibt aber zu hoffen, daß fie fich zu einem
ergologifchen Mufeum auswädift, deffen Grund-
lagen fchon 1904 von Profeßor Hoffmann-Krayer
gelegt wurden. Von be|onderem künftlerifchen
Intereffe find die Abteilungen für Volksbräuche,
Religion und Aberglauben, für Gefchirr und Glas,
dann die Privatfammlungen mit Stickereien und

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