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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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VERMISCHTES

WIEN Der ordentliche Profeffor der Archäo-
logie an der Wiener Univerfität Dr. Emil Rei fdi
wurde zum Hofrat und Direktor des k. k. öfter-
reidiifdien ardiäologifchen Inftituts (als Nach-
folger des im vorigen Jahr verftorbenen Profeffor
Dr. v. Schneider) ernannt.

VERMISCHTES

TSCHUDIS EINGRIFFE IN BILDER
DER MÜNCHENER PINÄKOTHEK

Da bei Gelegenheit der Neuordnung der Königl.
alten Pinakothek in 'München einige Bilder in
den Maßen verändert, d. h. verkleinert worden
find und fidi gegen diefe Maßregel mehrfach
Widerfpruch erhoben hat, dürfte die wiffenfchaft-
liche Begründung dazu wohl am Plalje fein.

Es ift eine bekannte Tatfache, daß im 17. und
18. Jahrhundert, als die Bilder den fürftlidien
Galerien angehörten oder zur Äusfchmückung
von Schlöffern verwandt wurden, fie vielfachen
Veränderungen unterlegen haben. Es entfprang
diefe Maßnahme, die unferer Hochachtung vor
der Schöpfung des Künftlers fo hart wider-
fpricht, dem Bedürfnis Bilder ungleichen For-
mates zu Gegenftücken umzumodeln, oftmals
wurden infolge des wechfelnden Stilgefühls Bilder
im Format verändert; manchmal auch — vor
allem zur Zeit des Spätbarocks und des Ro-
kokos — wurden ältere Bilder in neu ausge-
ftattete Räume gebracht und dort der vorhan-
denen Wandeinteilung angepaßt. So wurde
von der viel umftrittenen Serie der römifchen
Kaiferbilder der Refidenz in München fchon im
Jahre 1635 durch Thoman Hofmann der „grund
hinder den pletern“ gemacht; eine weitere Um-
geftaltung erfuhren fie zu der Zeit, als man fie
in den reichen Zimmern Kaifer Karls VII. unter-
brachte, um dort als Supraporten Rahmen zu
füllen, die durch die Rokokoarchitektur bedingt
waren. Endlich auch mußten fidi Bilder vor-
handenen Rahmen anbequemen und wurden
deswegen vergrößert, in einzelnen Fällen viel-
leicht auch verkleinert.1

1 Verkleinerungen von Bildern find, wenn Abbildungen
des früheren Zuftandes fehlen, naturgemäß nur in den
feltenften Fällen nachzuweifen. Immerhin haben wir ein
prägnantes Beifpiel in Nr. 353 der Pinakothek: „Chriftus
unter den Schriftgelehrten“ vonSalomon Köninck, wo rechts
und vielleicht auch am oberen Rande einige Zentimeter
abgenommen worden find. Es ergibt fidi dies aus der
Tatfache, daß das Bild — früher oben abgerundet — nun
rechts und links Spuren der alten Rundung aufweift, die
Bogenlinie ift aber links größer als rechts. Dadurdi
iß auch die IWittelachfe des Bildes nach links verfdioben
worden, fo daß der Kompoptionsmittelpunkt (Chrißus und
der Hohepriefter) etwas nach rechts gerückt erfcheint.

Derartige Veränderungen laffen fich eine ganze
Reihe, befonders aus dem 18. Jahrhundert nach-
weifen. Die bayrifchen Staatsfammlungen find
noch voll Beifpielen davon.

Die leßten Vergrößerungen gefchahen unter
der Direktion des übrigens fehr verdienten Di-
rektors v. Männlich, zu Anfang des 19. Jahr-
hunderts, bei der Neueinrichtung der Galerien
im Hofgarten zu München und in Schleißheim.
Doch waren fie von weniger durchgreifender
Natur, als die früheren, da es fich in den meiften
Fällen nur darum handelte, Bilder, die oben ab-
gerundet waren, durch Änftückelungen rechteckig
zu machen.

Wohl zu unterfcheiden von derartigen apo-
kryphen Vergrößerungen find natürlich folche, die
der Meifter felbft vorgenommen hat, die auch
nach Qualität, Technik und Kompofition feiner
durchaus würdig erfdheinen. Solche Stücke find
z. B. der „Silenenzug“ und der „Seneka“ von
Rubens und von Jordaens „wie die Alten fungen“
und „der zwölfjährige Jefus im Tempel“.

Seitdem zu Beginn der dreißiger Jahre des
19. Jahrhunderts die Vorarbeiten zur Einrichtung
der Pinakotkek begannen, brach fich an maß-
gebender Stelle die Überzeugung Bahn, daß eine
Reihe von Bildern allmählich von den ftörenden
Zutaten und Übermalungen aus fpäterer Zeit zu
befreien feien; es wurden damals auch Vorfchläge
dazu gemacht, fie find aber noch heutigen Tages
nicht alle verwirklicht.

Immerhin find in den Jahrzehnten von 1830—50
eine Reihe von wichtigen Abnahmen gemacht
worden. Von neuem wurde diefe Tätigkeit
aufgenommen unter der Direktion des Herrn
v. Reber. Damals wurden Stücke, wie Bordones
Paar mit den Kleinodien, das eben fo wie fein
Gegenftück, die Vanitas von Titian, um etwa
50 cm verbreitert gewefen war, aufs alte Maß
zurückgeführt und auch der große fogenannte
Frans Hals verkleinert. Die leßte Tat Rebers
in diefer Richtung war die Wiederherftellung
des Dürerfchen Baumgartneraltars.

Diefe Erörterung war notwendig, um nach-
zuweifen, daß Veränderungen an Bildern in
früheren Jahrhunderten häupg vorkamen und
um zu zeigen, daß neuerliche reftituierende Ein-
griffe durchaus nichts fo Unerhörtes find, wie
man es darftellen möchte.

Bei dem Bilde von Rubens, „Meleager und
Ätalante“, deffen Änftückelungen fchon lange als
folche bekannt find, ift die Kernfrage nun die,
ob wir es mit Vergrößerungen zu tun haben,
die Rubens felbft veranlaßt hat, oder mit
folchen aus fpäterer Zeit, die, vom Meifter felbft
nicht beabfichtigt, feiner urfprünglichen Kompo-
fition fremde Beftandteile hinzugefügt haben.

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