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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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13. Heft
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Glaser, Curt: Die japanische Kunst auf der Japanisch-Britischen Ausstellung in London
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0517

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DIE JAPANISCHE KUNST ÄUF DER JAPA-
NISCH-BRITISCHEN AUSSTELLUNG IN

LONDON Mit 4 Abbildungen auf einer Tafel / Von CURT GLÄSER

Seit der Parifer Weltausftellung im Jahre 1900 hat man in Europa keine Gelegenheit
gehabt, eine fo ftattliche Reihe erftrangiger japanifcher Kunftwerke beieinander zu
fehen, wie fie jefet in der japanifch-englifchen Ausftellung in London gezeigt werden.
Für jeden, der nicht Gelegenheit hat, japanifche Kunft in ihrem Heimatlande felbft zu
[tudieren, ift hier die Möglichkeit gegeben, wenigftens einige Proben oftafiatifdier Meifter-
kunft im Original kennen zu lernen, eine Gelegenheit, die zudem kaum wiederkehren
dürfte, da [ich in Japan fehr berechtigterweife Stimmen gegen folche Ausheilungen und
die damit notwendig verbundene Gefährdung nationaler Kunftdenkmäler erhoben haben.

Das Kunftgewerbe, das häufig in Japan-Äusftellungen allzufehr in den Vordergrund
gefchoben wird, tritt diesmal zurück, wenn auch einige ganz hervorragende Stücke ge-
zeigt werden, wie vor allem der koftbare Fujiwara-Lackkaften aus dem Befife des Grafen
Tanaka. Bedauerlicher ift es, daß die Abteilung der Plaftik nicht reicher befchickt werden
konnte, was allerdings durch die Schwierigkeiten des Transportes hinreichend erklärt wird.
Immerhin finden fich auch hier einige erftrangige Stücke, wie die eine Tür der Bronze-
laterne aus dem Todaiji-Tempel mit der unendlich anmutig bewegten Figur eines flöten-
fpielenden Engels, ein Werk des 8. Jahrhunderts. Dem 7. Jahrhundert entftammen zwei
Zierfigürchen vom Baldachin im Kondo des Horyuji-Tempels, ein Phönix und eine in ihrer
Einfachheit vortreffliche Engelftatuette, ferner eine fixende Kwannon in Bronze aus kaifer-
lichem Befitj. Von den größeren Plaftiken erhebt fich nur ein Buddha aus dem Horyuji-
Tempel, eine Holzftatue des !13. Jahrhunderts, über den Durchfchnitt. Zum allerbeften
endlich gehört die der gleichen Zeit entftammende fixende Porträtfigur des Ugefugi Shige-
fufa aus dem Myögetfuin-Tempel, die in ihrer klaren und einfachen Flächenbehandlung,
ihrer fchlagenden Charakteriftik bei fcheinbar fparfamften Mitteln nur mit den beften
Porträtfiguren der alten Ägypter verglichen werden kann.

Sind in der plaftifchen Abteilung immerhin nur Proben gegeben, fo kann man in den
drei Gemäldefälen einen annähernden Überblick über die Hauptepochen der japanifchen
Malerei gewinnen. Allerdings ift der Raum, mit dem man an anderen Stellen mehr als
verfchwenderifch umgegangen ift, hier gerade fo befchränkt, daß man gezwungen ift, aus
dem Vorrat der mitgebrachten Bilder Serien auszufondern, die in gewiffen Zeitabftänden
gewechfelt werden. In dem Augenblick, in dem diefe Zeilen gefchrieben werden, find
zwei folcher Serien gezeigt worden, aber noch bleiben einige wichtige Werke zu er-
warten, fo das große Nirwana des Buddha aus dem Chionji-Tempel in Kyoto und das
fälfchlich dem Kofe no Kanaoka zugefchriebene Porträt des Prinzen Shötoku Taifhi aus
dem Ninnaji-Tempel.

Aber auch was bisher gezeigt wurde, gibt ein gutes Bild der großen fakralen Malerei
Japans, die ein Zweig der Kunft des Buddhismus in Afien ift. Eines der allerfeinften
Werke des 13. Jahrhunderts find die zwei Kakemono mit den 25 Bodhisattva, die auf
Wolken herniederfchweben, — das Mittelbild ift feit langem verloren, — aus dem Tofukuji-
Tempel in Kyoto. In dem dunklen Grunde ahnt man noch Refte einer Landfchaft, ebenfo
wie auf dem fchönen Juichimon Kv/annon des Marquis Inouye. Es würde zu weit führen,
hier die große Reihe hervorragender buddhiftifcher Gemälde aufzuzählen, deren Titel den
meiften europäifdien Lefern zu wenig fagen würden. Zudem wird ein japanifcher Katalog,
der in Ausficht geftellt ift, alle notwendigen Angaben bringen.

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