Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

DOI Heft:
13. Heft
DOI Artikel:
Ausstellungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0529

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AUSSTELLUNGEN

Messrs. OBÄCH, Bond Street: Eine feiten
fchöne Auswahl von Meiftern der Barbizonfdmle:
Corot, Daubigny ufw. Des lederen großeLand-
fchag „Der Erntemond“ ift ein Werk voll ge-
hobenen inneren wie äußeren Rhythmus. Auch
ein farbenprächtiger, leben fprühender Delacroix
„Araber zu Pferde“ findet fich und ein feiner
Monticelli „Die Waldgefellfchaft“.

Neuere Franzofen, Monet, Cezanne und
Matiffe find in PATERSONS GALLERY, Bond
Street zu fehen, ebenfo (Monet, Boudin, Pizzaro,
Sisley u. a.) in der GOUP1L GALLERY, ln leß-
terer hielt William Rothenftein jüngft eine
Einmannsfchau ab, in der unter Vielem, ftets eine
perfönlicheNoteTragendem, fein trefflichesSelbft-
porträt, eine Studie voll eindringlicher Kraft und
Offenheit, befonders auffiel. Eine Einmannsfchau
hielt auch Mr. J. M. Herald mit feinen kühn
und eigengefehenen Landfchaftsaquarellen ab,
die faft fämtlich in kurzer Zeit verkauft wurden,
nachdem Herald viele Jahre auf Anerkennung
hatte warten müffen. Sowohl das Britifche Mu-
feum wie das South Kenfington Mufeum wird
jeßt ein paar feiner Werke befißen.—Eine dritte
Einmannsfchau eigener Art ift die des politi-
fchen Karikaturiften „F. C. G.“ (Sir F. C. Gould)
in WALKERS GALLERY, Bond Street.

Von anderen der überzahlreichen Ausheilungen,
die jeßt in London abgehalten werden, fei nur
noch die der Internationalen Gefellfchaft
der Bildhauer, Maler und Gravierer in
den GRAFTON GALLERIES hier angeführt, die
wie im vorigen Jahre dem „fdiönen Gefchlechte“,
den „fair women“ freilich im denkbar weiteften
Sinne gewidmet ift. Man hat viele intereffante
Bilder auch aus früherer Zeit zufammengebracht
und fie wieder fehr vorteilhaft gehängt. So
ßndet fich u. a. das Porträt der Donna Marianna
von Velazquez, ferner eine vornehme Henrietta
Marie von Van Dyck, dann Bilder von Romney,
Turner, Manet, Courbet, Roffetti, Millais, Watts
ufw. Von lebenden Künftlern find meift nur
englifche Meifter vertreten, darunter natürlich
John S. Sargent mit einer flotten aber ftark
theatralifchen „Mrs. Mathias“. Die moderne
Schule: Auguftus John, William Orpen, P. W.
Steer ufw. haben ausgezeichnete Arbeiten ge-
fchickt; von den zwei leßteren fleht man ja
auch Werke hoher Qualität in der Äusflellung
des New English Art Club. Lavery, der in
Venedig Triumpfe gefeiert hat, fleuert ein paar
temperamentvollere und lebendigere Stücke als
in den leßten Jahren bei, und zeigt in ihnen,
was er vermag. Von hohem Intereffe ift es
auch, daß die Äusflellung uns Beifpiele von der

Kunft einiger Maler vorführt, die mehr oder
weniger vergeffen und doch der Anerkennung
auch heute noch wert find. Zu ihnen gehören:
F. Y. Hurlftone (1800—1869), Louis Guftave Ricard
(1824—1873) u. a. Daß man in die Nähe einiger
Beardsleyblätter die „Romantifchen Studien“
Henry Fufelis, des zum Engländer gewordenen
Sdiweizers, gehängt hat, der fehr eigenwillig
in ihnen erfcheint, ift wohl nicht bloßer Zufall.

F.

MÜNCHEN BRAKLS MODERNE KUNST-
HANDLUNG bietet zum Sommer eine Äusflellung,
die ihr entfdiiedenes, kaum hoch genug einzu-
fchäßendes Verdienft hat. Während uns nämlich
feit Jahr und Tag, allerorten in deutfchen Landen
Ausländer, vorab Franzofen, in fo ausgiebigem
Maße vorgefeßt werden, daß man kaum oft
noch weiß, wo man fich eigentlich befindet, hat
Brakl feit kurzem etwas oftentativ eine Äusflellung
von Arbeiten einer Reihe unferer beften heimi-
fchen Künftler zufammengeftellt, die den vielen
derzeitig in München weilenden Fremden und
auch den Münchenern felbft einen guten Begriff
unferes Könnens, unferes Wollens zu über-
mitteln geeignet ift. Den Kern diefer Revue
bilden Schöpfungen aus dem Kreife der „Scholle“
(darunter hervorzuheben W. Püttner und F. W.
Voigt), die heuer im Glaspalaft paufiert, von deren
Mitgliedern Brakl aber einen großen Teil ihrer
beften Werke befißt; weiterhin kommen noch
Meifter wie M. Feldbauer, Th. Th. Heine, Hans
Haider ufw. mit charakteriftifchen Proben zu Wort.

Gelegentlich diefer Äusflellung foll es einmal
gefagt werden, daß es höchfle Zeit war, endlich
unfere alberne Franzofenanbeterei etwas einzu-
dämmen und uns mehr wie bisher der Pflege
unferer nationalen Kunft zu widmen. Wenn
man auch zugeftehen muß, daß das Niveau der
franzöfifchen Malerei gegenwärtig ein immer
noch höheres ift, wie das der unfrigen, fo
folgt daraus noch lange nicht, daß uns mit der
Nachahmung der Franzofen auch nur im gering-
flen genüßt ift. Seit dem 18. Jahrhundert betä-
tigen wir fie nun; fie hat uns aberebenfowenig
geholfen, wie unferem Theater der Import fran-
zöfifcher Stücke zum Vorteil gereichte. Das
einzige, was unfer Sklavenfinn in diefer Be-
ziehung uns eingetragen hat, ift die hochmütige
Verachtung des Deutfchtums von feiten der
Fremden. In der Kunft — gerade den Hiftorikern
follte dies klar fein — gilt ein ähnliches Gefeß
wie in der Biologie: anhaltende Kreuzung führt
zum Niedergang. Alle fremden Anregungen
werden uns keinen Deut nüßen, wenn wir nicht
aus unsrem Eigenflen heraus zu geftalten
lernen und wiffen. Nachahmend werden wir

471
 
Annotationen