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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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16. Heft
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Balet, Leo: Die Ludswigsburger Porzellanmodelle von Pierre François Lejeune
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0640

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DIE LUDWIGSBURGER PORZELLÄNMO-
DELLE VON PIERRE FRÄNQOIS LEJEUNE

Mit 15 Abbildungen Von LEO BHLET

Zu befferem Verftändnis von Lejeunes Tätigkeit für die Ludwigsburger Porzellan-
fabrik dürfte es angebracht fein, einige der Notizen vorangehen zu laffen, die der
Verfaffer diefes Artikels im Kgl. Hof- und Staatsarchiv in Stuttgart, fowie im Filialarchiv
und Finanzarchiv in Ludwigsburg gefammelt hat und die über die Verhältniffe, unter
denen der Künftler in Württemberg gearbeitet hat, einigen Auffchluß geben. Pierre
Francois Lejeune wurde am 10. März 1721 in Brüffel geboren und wendete fich fchon
frühe der Bildhauerei zu. Erft zwanzig Jahre alt, ging er — wie damals allgemein üb-
lich — zu feiner weiteren Ausbildung nadi Rom. Zwölf Jahre verbrachte dort der junge
Künftler und verfäumte keine Gelegenheit fich auszuzeichnen, fo daß er am 5. Mai 1753
von dem damals in Rom weilenden Karl Eugen als „premier sculpteur“ auf drei Jahre für
Württemberg, mit der Ausficht auf einen Gehalt von 500 scudi romani engagiert wurde.
Als jedoch der Niederländer in Württemberg war, wurden ihm von Sereniffimus (Dekret
vom 17. Juli 1753) nur 1000 fl. Reichsgold, alfo 200 fl. weniger als ihm zugefagt1,
verabreicht.

Nach Verlauf der erften drei Jahre bot Lejeune am 6. Mai 1756 feine weiteren Dienfte
an und bat gleichzeitig um eine „Indemnifikation wegen der Differenz von scudi und Gulden.“
Am 24. Mai desfelben Jahres kam ein Erlaß von Sereniffimus, daß von der betreffenden
Indemnifikation keine Rede fei, doch wurde der Künftler am 9. Juni 1756 für weitere drei
Jahre mit 1000 fl. angeftellt, nachdem er die zwei Koloffalftatuen Herkules und Minerva
an der Anfahrt zum Portikus des Corps de logis in Stuttgart vollendet hatte. Den 13. April
1759 bittet Lejeune fehr refigniert, was den Gehalt anbelangt „nunmehro vor beftändig
in Herzoglichem Dienfte gnädigft“ aufgenommen zu werden und Karl Eugen, der gelernt
hatte, des Künftlers Fähigkeiten zu fchäljen und fich vielleicht für feine Porzellanfabrik
von dem Bildhauer noch viel verfprach, bewilligte deffen Bitte und engagierte ihn für
lebenslang.

Das folgende Jahr brachte Lejeune den Auftrag, fechs Trophäen für das Ludwigs-
burger Tor anzufertigen.

Die Gefchichte diefer Trophäen ift für die damalige Zeit und ihre Verhältniffe zu
charakteriftifch, um fie hier nicht ausführlich folgen zu laffen.

Lejeune hatte fich für befagte Arbeit 1300 Gulden ausbedungen, wovon er die Hälfte
fofort erhielt, um feinen Gefellen den Wochenlohn ausbezahlen zu können. Am 4. Juli
1760 erfucht er „unterthänigft ihme die von Verförttigung der 6 Tropheen auf das Lud-
wigsburger Thor an denen accordirten 1300 fl. noch reftirende Helfte ä 650 fl. da er fchon
weit über die Helfte mit der Arbeit gekommen, zu Befchleunigung derfelben vollends
gnädigft affignieren zu laffen“. Rieger macht zu diefer Bittschrift folgende Randbemerkung:
„Ich hab meine Tage nichts Unverfchämteres gefehen, als diefes Begehren, da der Mann
felbft declarirt hat, vor 3 Monathen nicht mit diefer Arbeit fertig zu werden und in fehr
guter Gage bey Sereniffimus ftehet, auch fchon die Helfte voraus erhalten hat: fo ift wohl
nichts impudenter, als diefes importume Begehren — es wäre mithin per decretum an
die Refidenlj-Baudeputation ihm folches zu erweifen fein begehren abzufchlagen und die

1 Herrn Ärcbivrat Dr. Giefel möchte ich an diefer Stelle meinen verbindlichften Dank ausfprechen
für die großherzige Überlaffung feiner im Lauf von 30 Jahren gefammelten Notizen. Bei jeder
Notiz, die ich nicht felbft gefunden habe und meinem freundlichen Mithelfer verdanke, werde ich
deffen Namen erwähnen.

Der Cicerone, Il.Jalirg., 17. Heft. 42

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