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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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18. Heft
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Valentiner, Wilhelm Reinhold: Van Dyck auf der Brüsseler Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0681

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VÄN DYCK AUF DER BRÜSSELER AUS-
STELLUNG Von WILHELM H. VÄLENTINER

Die Brüffeler Ausheilung veranfchaulicht mit einem halben hundert Gemälden alle
Phafen der kurzen kün[tleri[chen Laufbahn van Dycks, beginnend mit Werken, die
der Fünfzehnjährige voll Selbftficherheit mit brutaler Technik fchuf, und endigend mit
einem Doppelbildniffe aus dem lebten Lebensjahr, in dem die Leidenfchaft einer
müden Eleganz gewichen ift. Doch wird es dem Befchauer nicht leicht gemacht, zum
Genuß der beften Leiftungen, die fich auf der Ausftellung befinden, zu kommen. Mehr
als 100 Bilder tragen den Namen des van Dyck und das Unbedeutende, auch wenn
es echt fein mag, drängt fich oft unnötig in den Vordergrund. Man kann den Ver-
anftaltern der Ausftellung keinen Vorwurf machen, wenn fie die Beftimmungen der
Befifeer in den offiziellen Katalog übernahmen, aber man hätte wohl in der Auswahl
ftrenger verfahren oder wenigftens durch das Aufhängen beweifen können, wenn man
mit einer falfchen Zuweifung nicht übereinftimmt. Die beträchtliche Anzahl des Minder-
wertigen ift nur infofern intereffant, als es einen Begriff davon gibt, wie häufig van
Dyck fchon in feiner Zeit nachgeahmt wurde. Bisweilen kommen die Imitationen dem
Künftler fo nahe, daß man verfucht fein kann, ein Bild als Original anzufprechen, bis
man durch das Auftauchen eines befferen Exemplares anders belehrt wird.1

Gleich bei den frühen Apoftelftudien, die, wie wir aus den Urkunden wiffen, fofort
nach der Entftehung kopiert wurden, ift Vorficht geboten. Die Apoftelköpfe im Befitj
Cardons (Nr. 92) und Baron Janffens in Brüffel (Nr. 88) find fchwerlich von der Hand
van Dycks. Die derbe, paftofe Technik des jungen Meifters ift dagegen charakteriftifch
in der Halbfigur des Evangeliften Johannes aus englifchem Befiß und in dem Studien-
kopf eines alten Mannes im Mufeum in Grenoble (Nr. 129) wiederzufinden. Der
Johannes gehört offenbar zu der frühen Apoftelfolge und repräfentiert einen Typus,
der bisher noch nicht in Wiederholungen bekannt ift (es fehlen nun nur noch zwei
der Apoftel2 3). Es ift nicht ganz leicht, die Studienköpfe des van Dyck aus diefen
Jahren von denen des Rubens zu unterfcheiden. Der Schüler übernahm die Vorliebe
für braune Schatten und kräftige Aufhöhung der Lichter von feinem Meifter, wie der
prachtvolle Kopf eines Alten von Rubens aus dem Budapefter Mufeum beweift, der
eine Studie zu der Figur in der „Anbetung der Könige“ aus Mecheln (Nr. 349) aus
den Jahren 1617—1619 ift. Auch die Rubensfkizze zu der Geißelung aus der Domini-
kanerkirche in Antwerpen von 1617 im Befiß des Herrn von Mallmann in Berlin (Nr. 340),
die man faft für eine Arbeit van Dycks halten könnte, weift auf den nahen Zufammen-
hang der beiden Meifter in diefen Jahren. Als dritter im Bunde kommt Jordaens
hinzu, der in den Jahren von 1615—1617 fogar dasfelbe Modell wie van Dyck be-
nufete.8 In diefen Studien wird er noch von geübten Augen mit van Dyck ver-
wechfelt. Die meifterhaften Skizzen des Jordaens auf der Ausftellung aus Gent und
Douai (Nr. 235 und 217) beweifen, daß auch der Kopf im Brüffeler Mufeum, der bei

1 Bei der folgenden Aufzählung fehlt vielleicht das eine oder andere Bild, das bei meinem
Befuch der Ausftellung, Anfang Juli, noch nicht angekommen war. Audi ließ fich bei einigen der
zuleßt eingefandten Gemälde mit Hilfe des proviforifchen Kataloges nicht immer feftftellen, aus
welchem Befiße fie ftammten. — Nicht unerwähnt möchte ich laffen, daß ich Prof. G. Hulin manchen
Hinweis verdanke.

2 Eine Halbfigur des Paulus, verwandt dem in der Dresdner Galerie, wurde auf der Auktion
Sedelmeyer als „Rubens“ verkauft.

3 Hierauf machte mich Hulin aufmerkfam.

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