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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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20. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0751

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RUNDSCHAU — Sammlungen

ÄUGSBURG Die ÄUGSBURGER GALERIE
ift auf kurze Zeit gefchloffen worden, um eine
Neuordnung des Biiderbeftandes durch Herrn
von Tfchudi zu ermöglichen. M. K. R.

ÄVIGNON Unrer Mufeum hat jüngft eine
gotifdie Mutter Gottes, das Kind im Ärm, er-
worben. Die Steinftatue [teilt auf einer Säule,
die mit Engelsfiguren gefchmückt ift. ÄIs Ge-
fchenke gingen in den Befitj des Mufeums über,
eine Eifenrüftung aus dem 14. Jahrhundert mit
Kleeblättern gefchmückt und eine Wetterfahne
aus derfelben Zeit. G.

BERLIN Das KÖNIGLICHE KUPFERSTICH-
KABINETT hat foeben eine Ausftellung von
Neuerwerbungen eröffnet, die von außerordent-
licher Bedeutung find und eine hervorragende
Bereicherung der Sammlung darftellen. Der
überwiegende Teil der Zeichnungen und
Kupferftiche wurde in diefem Jahr auf den
Auktionen der Sammlungen Lanna und Theo-
bald, zumeift mit Hilfe von privater Seite an-
gekauft.

Den glänzenden Mittelpunkt der Ausftellung
bilden fünf Handzeichnungen Albrecht Dürers:
der heilige Hieronymus in der Zelle, eine 1514
datierte nackte Frau mit einer Fackel, zwei Ent-
würfe für Schmuckftücke, eine Studie zu einem
Weltgericht oder einer Himmelfahrt, 1526 datiert,
und ein großes Blatt mit neun wundervollen
Studien für einen heiligen Chriftoph. Diese ganz
befonders fchöne Zeichnung trägt das Datum
der niederländifchen Reife von 1521. Eine auf
der Lanna-Auktion als „Clouet“ angebotene
Ölftudie, das Bruftbild einer Dame von außer-
ordentlich lebendigem Ausdruck, erwies fich auf
Grund verfchiedener ficherer Cranachscher Ar-
beiten in deutfchen und franzöfifchen Samm-
lungen, als ein bemerkenswertes Werk des
deutfchen Künftlers. Zwei kraftvolle Zeichnungen,
die beiden Schächer am Kreuz, früher dem Grüne-
wald zugefchrieben, zeigten eine fo ftarke Ver-
wandtfchaft mit dem frühen Cranachschen Stil,
wie ihn verfchiedene Holzfchnitte und das Mün-
chener (bis vor kurzem Sdileißheimer Kreu-
zigungsbild) aufweifen, fo daß die Umtaufe auf
Cranach vollauf berechtigt erfcheint. Aus der
Lanna-Sammlung gelangten ferner eine Reihe
von vorzüglichen deutfchen Handzeichnungen
in den Befiß des Kabinettes. Zwei herrliche
Altdorfer, eine weißgehöhte Federzeichnung
„Thisbe“ von 1509 und ein „Heiliger Georg“
von 1512 in derfelben Technik. Von 1538 ftammt
eine Landfchaft Wolf Hubers; eine „Vornehme

Dame“ ift von Schäuffelein, ein doppelfeitiges
Blatt (Ein Fürft bei der Tafel — Rückfeite: Ein
Fürft der Meffe beiwohnend) vom Meifter des
Hausbuches.

Die Schweizer find in einer kraftvollen Arbeit
von Nicolaus Manuel Deutfeh „Bannerträger und
Mädchen“ von 1516 und einer Hexendarftellung
des Hans Franck von 1515 vertreten. Hierzu
kommt noch eine Reihe anonymer, fehr interef-
fanter deutfeher Zeichnungen, meift füddeutfeher
Provenienz ungefähr aus dem Zeitraum zwifchen
1480 und 1510. Unter den Niederländern
find Werke von Mabufe, Bernart van Orley
(ein großer Entwurf für ein Glasgemälde), eine
„Heimfuchung“ von Jan Swart und eine meifter-
hafte Metallftiftzeichnung (Männl. Bruftbild) von
Hendrik Golßius hervorzuheben. Aus dem Kunft-
handel wurden in jüngfter Zeit noch zwei in
ihrer Art gleichermaßen wichtige Werke er-
worben: eine Studie von Rubens zu feinem Bild
„Anbetung der Hirten“ in Marfeille, eine Magd,
den Krug auf dem Kopf (Kreide) und eine ge-
tufchte Federzeichnung Willem van de Veldes
„Der Hafen von Ämfterdam“, fprühend geiftreich
und lebendig in der Darftellung des dichten
Maften- und Rahengewirres.

Aus fpäteren Zeiten ftammen drei fchöne Zeich-
nungen George Morlands, das Profilbildnis einer
Dame von Chodowiecki und eine 1770 datierte
Landfchaft Salomon Geffners. Von italienifchen
Arbeiten wurde vor kurzem erft das Bildnis
eines Goldfchmiedes (Federzeichnung, Studie zu
einer Radierung) von Stefano della Bella und
foeben noch eine ganz befonders koftbare Zeich-
nung Ghirlandajos erworben. Sie [teilt fich als
Entwurf für das Fresko „Papft Honorius beftätigt
die Ordensregel des heiligen Franz“ in S. Trinitä
zu Florenz dar.

Getrennt von diefen Werken foll noch zweier
Buchmalereien gedacht werden, die fich durch
erftaunliche Frifche der Erhaltung und ungewöhn-
liche Schönheit auszeichnen: die Initialen D und
F aus einer Bibelhandfchrift der oberdeutfehen
Schule um 1100 und eine Verkündigung Mariae,
innerhalb des Initialen E, herrührend aus einem
franzöfifchen Kantionale des 14. Jahrhunderts.

Befonders auf der Auktion Theobald erwarb
die Direktion außerdem noch eine Reihe wert-
voller Holzfchnitte und Radierungen von Schon-
gauer, Beham, Burgkmair, Flötner, Hollar, Dre-
vet, Edelinck u. a. mehr. Ein fchöner Rembrandt
— die Mutter des Künftlers (B. 354) fei hervor-
gehoben. Die Sammlung der Farbenftiche er-
fuhr durch ein fdiönes Bildnis Molieres von
Pierre Michel Älix erwünfehte Ergänzung, nicht
minder durch ein von anderer Seite her er-

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