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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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21. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0789

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RUNDSCHÄU — SAMMLUNGEN

ÄUGSBURG Äus der ÄUGSBURGER GA-
LERIE find nun, um eine befriedigende Neu-
ordnung ihres Beftandes zu ermöglichen, eine
Reihe für Augsburg unwichtige Bilder, dreißig
an der Zahl, entfernt worden, die zum Teil in
München, zum Teil in Burghaufen eingereiht
wurden. Unter den entnommenen Werken be-
finden fich Arbeiten von Paul deVos, Frans van
der Meulen, J. Ulrich Loth, Andrea de Michieli,
Giulio Carpioni, Jacques Stella ufw.

Die Neuordnung der Augsburger Galerie
durch Geheimrat v. Tfchudi ift inzwifchen be-
endet worden. M. K. R.

BÄSEL In der ÖFFENTLICHEN KUNST-
SAMMLUNG find kürzlich zwei von der Gott-
fried Keller-Stiftung deponierte Gemälde zur
Aufteilung gelangt, die kunftgefchichtlich von
größerer Bedeutung find. Das gilt in erfter
Linie von einer religiöfen Tafel Hans Baidungs,
darftellend „St. Anna felbdritt unter einem Bal-
dachin in einer Renaiffancehalle“. Das überaus
anmutige Bild war bisher gänzlich unbe-
kannt — es befand fich in Schweizer Privat-
befifj — doch findet fich in der Karlsruher Gra-
phifchen Sammlung eine Feder- und Pinfel-
zeichnung mit der gleichen Darftellung, die G.
von Terey als Kopie nach Baidung publizierte
(Baidungs Handzeichnungswerk Nr. 269). Diefe
Unterlage war für eine kleine, aber fubtile und
zeitraubende Reftaurierunq des fonft trefflich er-
haltenen Gemäldes von Wichtigkeit. Das Bild
felbft wird nun im Oeuvre des Meifters einen
bleibenden Platj erhalten. Als Entftehungszeit
kommen die erften Jahre im zweiten Dezennium
des 16. Jahrhunderts in Betracht, alfo eine Periode
befonders farbenfreudiger, wenn auch linear
noch etwas befangener Geftaltung. Architektur
und Goldornamente weifen allerdings auf Re-
naiffance hin, aber daneben ift noch recht viel
Altertümliches. So find die Perfonen vor Gold-
grund gefetjt und die ganze Raumgeftaltung ift
von rührender Naivität. Wie wenig organifdi
der italienifche Bauprunk gemeint ift, zeigt etwa
die Zufammenftellung der prächtigen Säulen mit
dem rohen Holzgebälk, auf dem auch, wohl
einer feinen Symbolik zuliebe, eine Reihe rot-
wangiger Äpfel Platj gefunden hat. — Die untere
rechte Hälfte der Tafel nimmt die Gruppe der
Frauen mit dem Jefuskinde ein. Unter einem
roten Baldachin leuchtet fattes Rot und Blau im
Gewände der Anna, ein ungemein zartes Blau-
grün in Marias Kleid. Die Gewänder find noch
gotifch faltig, die Gefichter von typifdh minnig-
lichem Reiz. Diefe Gruppe wird von zwölf Putti
ergänzt, die teils im Fruchtgewinde fpielen, teils

fich fonft zu fchaffen machen; fo öffnet ein Putto
das Buijenfenfter (es klettert nicht hinein, wie
Terey meint), ein anderer zupft den fchreiben-
den Greifen am Hut. Im Bilde ift es deutlich,
daß der Mann fchreibt, nicht lieft (vergl. Terey);
ob es der hl. Jofeph oder aber ein Prophet ift,
können wir hier nicht entfcheiden. — Jedenfalls
ift das Baldungfche Bild voll köftlicher Erzähler-
freude und Symbolik, von verfonnen-religiöfer,
echt deutfcher Empfindung.

Eine zweite Erwerbung der Gottfried Keller-
Stiftung ift der ausdrucksvolle Kopf Baslerifcher
Schule, den Ritter Adalbert III. von Bärenfels
darftellend. Das etwas maffiv durchgebildete
Porträt wurde von G. von Terey (Die Gemälde
des Hans Baidung, Nr. 91) dem Elfäffer Meifter
zugewiefen. Die Qualität des Bildes läßt diefe
Autorfchaft kaum zu; vielleicht ift an eine zeit-
genöffifche Kopie nach einem heute verfchollenen
Baidung zu denken. Die Tafel ift rechts oben
bezeichnet: Anno 55. 1526. Darunter ift, erft
nach der unlängft vorgenommenen Reftauration,
folgende Infchrift fichtbar geworden: Ädelberg
von Berenfels ftarb vf den 24 Tag Äprilis Anno
1541. Sines Alters im LXX Jar.

Der Basler Sammlung ift durch Schenkung ein
ungewöhnlich qualitätvoller Emanuel Hand-
mann „Porträt des Herrn von Lerber“ zuge-
wiefen worden.

Die anfehnliche Bereicherung der Galerie in
den lebten Monaten hat eine Erweiterung eines
der modernen Säle bedingt. Durch den Einbau
zweier Querwände wurde fo viel Platj gewonnen,
daß der größte Teil der modernen Bilder nach
hiftorifchen und äfthetifchen Gefichtspunkten in
mehr lockerer, großzügiger Weife umgehängt
werden konnte. Den immer noch mißlichen
Licht- und Raumverhältniffen in der Basler Kunft-
fammlung wird allerdings erft ein neuerMufeums-
bau abhelfen. J. C.

BERLIN Im KGL. KUPFERSTICHKABINETT
wird eine Ausftellung von Handzeichnungen und
graphifchen Arbeiten des Lucas Cranach vor-
bereitet. Svs.

Im KGL. KUNSTGEWERBE-MUSEUM find
zahlreiche Reproduktionen nach Meifterwerken
der chinefifchen und japanifchen Malerei aus-
geftellt, die aus dem Verlagshaus Shimbi
Shoin in Tokyo ftammen. Die außerordentliche
Qualität diefer Wiedergaben ift rühmlichft be-
kannt, ihre eigentümliche Herftellungsweife, bei
der fich die mechanifche Genauigkeit des photo-
graphifchen Verfahrens und die künftlerifch-
individuelle Geftaltung durch den gefchickten

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