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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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22. Heft
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Balet, Leo: Die Ludwigsburger Porzellanmanufaktur von Domenico Ferretti 1762 bis 1765
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0812

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DIE LUDWIGSBURGER PORZELLÄNMO-
DELLE VON DOMENICO FERRETTI 1762

BIS 1765 Mit 10 Abbildungen / Von LEO BÄLET

Berthold Pfeiffer hat von Ferretti folgendes Lebensbild entworfen-’:

„Unter Herzog Karl wurde von dem Baudirektor Leopoldo Retti der Figurift Do-
menico Ferretti aus Caftiglione in Val Intelvi, ein Sohn des einft in Ludwigsburg be-
fchäftigten Carlo Ferretti, im Jahre 1747 aus Wien berufen. Er follte nach dem Akkord
vom 12. März 1748 zunächft für die Attiken und Giebelfelder des Refidenzfchloffes zu
Stuttgart mythologifch-allegorifche Gruppen und Trophäen in Stein ausführen. Diefe
Bildwerke, welche Krieg und Frieden, Künfte und Wiffenfchaften, Landbau und Handel
darftellen, wurden im Jahre 1751 vollendet. Es find mehr als 50 Gruppen, dazu noch
die beiden Giebel. Auf Fernwirkung berechnet, zeugen fie von reicher Erfindungsgabe und
großem Gefchick in der Führung der Umriße und heben fich über den langen Horizontalen
des Schloffes lebensvoll ins Freie. Ferner lieferte Ferretti mit Louis Roger und Franz
Hornung (geftorben 1755) für den 1750 im Lufthaus eingerichteten Opernfaal die
Hermen an der herzoglichen Loge. Für Ludwigsburg meißelte er 1763 f. die wohl-
gelungenen Putten und Trophäen auf die Pfeiler der Einfahrt bei der Schloßwache.
Seit 1764 auch für die Porzellanfabrik tätig, ftarb er, zuleßt mit einer Württembergerin
verheiratet, in Stuttgart am 26. Januar 1774 im Alter von 72 Jahren.“

Zur Aufklärung über die erbärmlichen Verhältniffe, unter welchen die Künftler (mit
Ausnahme der Schaufpielerinnen und Ballettänzerinnen) am Hofe Karl Eugens lebten,
dürfte es intereffant fein, das Lebensbild, das Pfeiffer von Ferretti fkizzierte, durch die
folgenden von mir im Kgl. Hof- und Staatsarchiv zu Stuttgart, Filial-Staatsarchiv und
Finanzarchiv in Ludwigsburg gefundenen Notizen zu ergänzen.

Es fcheint, daß Ferretti die erften 14 Jahre, die er in Württemberg verlebte, nicht
angeftellt war. Im Jahre 1761 (Herzogi. Dekret vom 28. November) wurde ihm näm-
lich zum erftenmal wegen feiner beim Baudepartement zu leiftenden Dienfte ein jähr-
liches Wartegeld von 150 fl. zugeftanden. Im Anfang des Jahres 1762 bekam er
dann den Auftrag, 16 Trophäen für den Schloßhof in Ludwigsburg anzufertigen, denn
am 27. März 1762 unterfchrieb Obrift von Rieger eine Affignation, nach welcher dem
Künftler ein Teil des übereingekommenen Betrags, nämlich 75 fl. ausbezahlt wurde.
Man kam aber bald zu der Einficht, daß man diefen gefchickten Künftler beffer aus-
nütjen könnte, wenn man ihn definitiv anftellte, als wenn man für jeden neuen Auf-
trag einen neuen Kontrakt mit ihm abfchließen müßte, und außerdem brauchte Sereniffimus
in feiner Porzellanfabrik einen möglich ft billigen Erfafe für den 1762 verabfchiedeten Puftelli.
Kurz darauf erfolgte denn auch feine Anftellung und durch Herzogi. Dekret vom 19. April
1762 wurde ihm eine jährliche Befoldung von 750 fl. gefichert. Das Erfte, was Karl
Eugen nun tat, war, einen neuen, für feine Baukaffe vorteilhafteren Kontrakt aufzu-
ftellen bezüglich der 16 Trophäen im Ludwigsburger Schloßhof, welche Ferretti bereits

1 Diefer Auffatj, fowie der vorige über Pierre Frangois Lejeune (Cicerone, II. Jahrg., Heft 17)
find Äbfchnitte aus einer größeren Arbeit über die gefamte Ludwigsburger Figurenplaftik, die
diefen Winter mit 10 Dreifarbendrucken, 12 Lichtdrucktafeln und etwa 230 Autotypien bei der
Deutfchen Verlagsanftalt, Stuttgart, erfcheinen wird.

2 Herzog Karl Eugen von Württemberg und feine Zeit, Bd. I, 8. Abfchnitt, Eßlingen a. N.
1907. S. 697.

Der Cicerone, II. Jahrg., 22. Heft. 54

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