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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 2.1910

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23. Heft
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Rundschau - Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24116#0887

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SAMMLUNGEN o AUSSTELLUNGEN

hartem Kampfe der Direktor des Leipziger Mu-
feums eines der Hauptwerke Leibis, die „Spin-
nerin“, zum Preife von 75000 M. Zu diefer Er-
werbung kann man das Mufeum und die Stadt
Leipzig nur beglückwünfchen. Das Bild gehört
zu den reifften Schöpfungen des Meifters und
ftellt das Zimmer eines wohlhabenden Bauern
dar, in dem im Vordergrund eine alte Frau am
Spinnrocken fißt. Es ftammt aus dem Jahre 1892.
Das Leipziger Mufeum ift gerade in letzter Zeit
durch bemerkenswerte und größtenteils auch
glückliche Ankäufe unter allen deutfchen Samm-
lungen befonders hervorgetreten. Der Aufwand
an Mitteln war einer Großftadt, die künftleri|che
Intereffen pflegt, durchaus würdig.

MÜNCHEN Die Eintrittsgelder in der
ALTEN PINAKOTHEK belaufen fich bis jeßt
auf ungefähr 50 000 M. Mit dem Eintritt des
Winters ift naturgemäß, wie in jedem Jahre, die
Frequenzziffer bedeutend gefallen.

PARIS Für die franzöfifchen Provinzmufeen
ift am 24. Juli 1910 eine neue Verordnung erlaßen
worden, die das Journal officiel Ende Oktober be-
kannt gab. Es heißt darin: Jedes Mufeum hat
dem Minifterium des öffentlichen Unterrichts und
der fchönen Künfte feinen Katalog, fein Regle-
ment, fein Budget und feinen Lokalplan ein-
zureichen. Das Minifterium beftimmt die Maß-
nahmen, die erforderlichen Reparaturarbeiten
und ernennt die Konfervatoren. Das Minifte-
rium überweift den einzelnen Mufeen aus feinen
jährlichen Ankäufen Kunftwerke, deren Transport
die Mufeen zu tragen haben. Hierzu ift zu be-
merken, daß die Parifer Regierung den Pro-
vinzialmufeen hauptfächlich fehr umfangreiche
Schlachten- und Repräferitationsbilder überweift,
deren künftlerifcher Wert meiftens gering ift und
die den Charakter der einzelnen Mufeen zer-
ftören und der Volksbildung nicht dienlich find.

O. G.

VENEDIG Die moderne internationale Kunft-
galerie hat in diefem Jahre bemerkenswerte
Bereicherungen aufzuweifen. In erfter Linie ift
Guftav Klimts „Judith“ zu nennen, die als ein
charakteriftifches Werk für die Empfindung und
Formenwelt ihres Schöpfers angefprochen werden
darf. Sodann erwarb man von dem belgifchen
Künftler Franz Courtens ein gutes Bild, wäh-
rend Laverys „Dame in Rofa“ mehr als Kon-
zeffion an den Modegefchmack beurteilt werden
kann. Als bedeutfame Bereicherung darf man
endlich noch ein Bild von Italico Braß an-

fprechen, der alsFarbenkünftler in der italienifchen
Malerei eine befondere Note hat. Das Bild ftellt
eine Prozeffion dar.

ÄUS STELLUNG EN

DIE DÄNISCHE AUSSTELLUNG,

KUNSTGEWERBE UND BAUKUNST IM KGL.
KUNSTGEWERBEMUSEUM. Im großen Licht-
hof und mehreren angrenzenden Sälen des
Mufeums, fowie in der Bibliothek ift unter leb-
hafter Beteiligung dänifcher und deutfcher Fach-
leute und Kunftfreunde diefe Ausftellung eröffnet
worden. Ein Teil des Gezeigten kommt von
der Brüßeler Weltausftellung zurück, anderes ift
von Kopenhagener Sammlungen, Behörden und
Privatleuten beigefteuert worden. Den Haupt-
raum beanfprucht das Kunftgewerbe, Möbel,
Keramiken, Buchkunft, Wirkereien und Metall-
arbeiten in edlem und in unedlem Material.
Als tatkräftigem Anreger ift Thorvald Bindes-
böll (f 1908) gebührender Raum angewiefen.
Eine Koje zeigt verfchiedene Möbelftücke, klaffi-
ziftifch ftreng in der Grundform, belebt durch
knolliges, goldnes Schnißwerk, das in gewiffen
Äbftänden angebracht ift, wie es fcheint ohne
zwingende Veranlaßung und ohne inneren Zu-
l’arnmenhang. Denn die ftrenge Linie des Möbels
verträgt fich nicht mit dem barocken Zierat.
Eine ganze Zahl weitrer kunftgewerblicher
Schöpfungen geht auf Bindesböll zurück, darunter
auch Keramiken, Gefäße aus fchwerfälligen
naturaliftifchen Beftandteilen gefügt, unerfreulich
auch in der Farbe. Mag Bindesböll eine auch
noch fo wichtige Rolle als Anreger für die Ent-
wicklung des neuen dänifchen Kunftgewerbes
gegeben haben und aus diefem Grunde alle Be-
achtung verdienen: hier, wo es fich darum
handelt dem Ausland einen Begriff von dänifcher
Leiftungsfähigkeit von heute zu geben, wirken
feine Arbeiten veraltet und modernen Änfprüchen
entgegengefeßt. Das Merkwürdige ift nun, daß
diefe Kritik auf faft alles andere anwendbar ift,
was die Dänen uns von Proben modernen Haus-
rates fandten. Wirklich neues wird man da
nicht leicht finden, die benutzten hiftorifchen Stil-
formen treten allzuklar zu Tage, mag nun Jen-
fen Klint, Johannes Larfen, Jakob Peterfen oder
ein anderer Künftler den Entwurf gemacht
haben. Solange fie fich an die edlen, fchönen
Empire- und Biedermeiermöbel halten, die Däne-
mark ganz befonders reich hervorgebracht hat,
ift das Refultat nicht übel. Solch ein halbhoher
Schrank, wie der von Johan Rohde, dem Maler
und Lithographen atmet die ganze klaffifche
Tradition der Thorwaldfen-Zeit und kommt mit

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