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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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7. Heft
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Der Kunstmarkt - Von den Auktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0316

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BEVORSTEHENDE AUKTIONEN

des Jahres 1870. Diefe Rubrik fcheidet [ich in
folgende Abteilungen: Prächtige illuminierte

Handfchriften, Pergament, Miniaturen und Ini-
tialen, Holzfchnittbücher, Kupferbücher, chrono-
gifch geordnete Kunftfammlungen.

BOZEN Mitte April wird hier durch Hugo
Helbing der Nachlaß des Antiquitätenhändlers
Alois Überbacher verfteigert. Es handelt [ich
in der Hauptfache um Möbel, Einrichtungsgegen-
ftänd, Keramik, Arbeiten in Eifen ufw. Eine
Madonnenftatuette von Pacher wird befonders
genannt.

LEIPZIG C. G. Boerner verfendet einen
umfangreichen Autographen-Auktionskata-
log, der die berühmte Sammlung Dr. Karl
Geibels in Leipzig verzeichnet, eine der koft-
barften, die es in Privatbefiß noch gibt. Diejenige
Auktion am 2.—6. Mai bringt die erfte Abteilung
diefer Sammlung: Schriftftücke aus der Refor-
mation, Autographen der in- und ausländifchen
Literatur vom 15.—17. Jahrh., von darftellenden
und bildenden Künftlern und Mufiker-Briefe und
Manufkripte. Die zweite Abteilung wird im
Herbft verfteigert und enthält den hiftorifchen
Teil der reichen Sammlung. Um die Qualität
der Kollektion zu kennzeichnen, fei nur erwähnt,
daß die Abteilung Reformation 175 Nummern
zählt, in der fämtliche große Männer der Zeit
mit prachtvollen eigenhändigen Briefen ver-
treten find. Die bisher hierin unübertroffene
Sammlung des Grafen Paar wies in diefer Ab-
teilung nur 60 Nummern auf. Das Prachtftück
davon ift ein 5 feitenlanger eigenhändiger
Brief Luthers an Kaifer Karl V. nach dem
Reichstag in Worms 1521, der von höchfter
hiftorifcher Bedeutung ift. Von den übrigen
Koftbarkeiten diefer Abteilung fei noch genannt:
1 Brief von Erasmus von Rotterdam, Calvin
(2), Melanchthon (3), Göß vonBerlichingen,
KarlV., den fäch fi fchen Kurf ürften, Ullrich
von Hutten, Katharina vonBora, Thomas
Münzer, Willibald Pirkheimer, Franzvon
Sickingen(2), UllrichZwingli. Die Literatur-
Abteilung bringt ganze Korrefpondenzen der
Großen der Zeit: Goethe, Schiller, Bürger,
Leffing,E.T. A. Hoff mann, Heine ufw. Von
Schiller fei noch das Original-Manu fkript
von Hero und Leander genannt. Charak-
teriftifch für den Sammler ift es, daß er in diefer
Abteilung darauf fah nicht nur Briefe, fondern
auch Gedichtmanufkripte der Dichter der Zeit
zu erhalten. Einige große Koftbarkeiten bringt
die Abteilung alter Kunft: einen eigenhändigen
Brief Raphaels, zwei eigenhändige Briefe
Rubens, Stücke von Cranach und vielen

anderen. Die Mufik enthält wiederum koftbare
Stücke der Größten der klaffifchen Periode: drei
Briefe Mozarts, eine Serie Briefe Mendels-
fohns, Beethovens, Wagners, koftbare
Stücke von Haydn, Schubert, Bach, Schu-
mann, Chopin, Orlando di Laffo, eine voll-
ftändige eigenhändige Korrefpondenz von Jo-
hannes Brahms, etwa 30 Manufkripte Rubin-
fteins. Erwähnt fei fchließlich noch eine reiche
Zufammenftellung der Philofophen des 18. und
19.Jahrhunderts: Kant,Leipniß,M. Mendels-
fohn, Schopenhauer, Strauß, Fichte, eine
ganze Korrefpondenz Nießfches. —

Ein zweiter gleichzeitig ausgegebener Katalog,
deffen Verfteigerung gleichfalls in der erften Mai-
woche ftattßndet, befchreibt die berühmte Stamm-
bücher-Sammlung von Friedrich Warneck e
in Berlin, die reichfte und koftbarfte die es
gibt. In dem mit weit über 100 Abbildungen
ausgeftatteten Katalog befchreibt Profeffor
Hildebrand, der bewährte Fachmann auf diefem
Gebiet, 300 Stammbücher des 16.—18. Jahrhun-
derts, wovon befonders diejenigen des 16. Jahr-
hunderts von denkbar größtem Reichtum find.
Es befindet [ich darunter das ältefte datierte
deutfche Stammbuch, ein koftbares Stück, in
dem fichAutographenLuthers, Melanchthons,
Bugenhagen und vielen anderen Reformatoren
finden. Auch ein zweites Stück der Sammlung
enthält einen Autographen Luthers. Bekannt
ift die koftbare Ausftattung der Stücke diefer
Zeit mit Wappen, Genredarftellungen, kultur-
hiftorifchen Darftellungen, Trachten ufw., worüber
das Abbildungsmaterial des Katalogs reichen
Auffchluß gibt. Auch die Bücher des 17. Jahr-
hunderts enthalten wertvolle Autographen der
damaligen Fürftengefchlechter und Feldherren
aus der Zeit des 30jährigen Krieges und be-
fonders fchöne Darftellungen aus dem Studenten-
leben, während die Bücher des 18. Jahrhunderts
[ich durch feine Darftellungen im Rokoko-Ge-
fchmack, Silhouetten ufw., auszeichnen. Bei dem
großen heutigen Intereffe für alte Stammbücher,
dürfte der Katalog, der zum Preife von M. 3.—
von der Firma C. G. Boerner in Leipzig abge-
geben wird, reiche Nachfrage ßnden.

LONDON Am 15. Mai wird der etwa zehn
Tage währende Verkauf der Lady Meux’fchen
Kunft- und Altertumsgegenftände beginnen, den
Meffrs. Waring and Gillow abhalten werden. Es
handelt [ich vor allem um bedeutende Schäle a 11-
englifchen Silbers und um ihre ägyptifchen
Altertümer, für die fie ein eignes Mufeum
errichtet hatte. Troßdem diefe Sammlung für
fie von dem Vorftand der ägyptifchen Abteilung
des Britifchen Mufeums, Dr. E. A. Wallace Budge

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