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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 3.1911

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22. Heft
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Takács, Zoltán von: Die Neuerwerbungen des Museums für Bildene Kunst in Budapest
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https://doi.org/10.11588/diglit.24118#0917

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DIE NEUERWERBUNGEN DES MUSEUMS FÜR BILDENDE KUNST IN BUDAPEST

Die Tafel wird immer zu den bedeutendften Stücken des Mufeums gehören; [ie
trägt nämlich an der Stirn die Spuren hoher Abftammung, die [ich in der Äuffaffung
einiger Typen und Erfindung ausdrucksvoller Geften kundgibt. Die mit befonderer
Frifche und Unmittelbarkeit gemalte Landfchaft im Hintergründe zeugt fogar von be-
deutender individueller Kraft. Die Entftehung des Gemäldes ift in den Anfang des
16. Jahrhunderts zu feßen.

Der neuefte Zuwachs der deutfchen Abteilung ift ein fehr importantes, durch Herrn
Franpois Kleinberger gefchenktes Werk von Hans Holbein d. Ä. Das Bild wurde in
Kurt Glafers Buch — „Hans Holbein der Ältere“ — S. 26—29 eingehend befprochen
und auch in Lichtdruck (Tafel IV) mitgeteilt. Es kann folglich nicht unfere Aufgabe
fein, auf die Charakterifierung des Gemäldes nochmals einzugehen, feine hohen tech-
nifchen Qualitäten und die vorzügliche Erhaltung füllen aber auch an diefem Orte
hervorgehoben werden. Ich will auch nicht unerwähnt laffen, daß im Bilde Ent-
lehnungen von Schongauer in großer Zahl Vorkommen.

Wir möchten bei diefer Gelegenheit noch ein fechftes deutfches Bild anführen,
obwohl es nicht Galerieeigentum, fondern nur ein Depofit der Budapefter reformierten
Kirchengemeinde ift. Sehr intereffant ift diefe Tafel fchon deshalb, weil fie aus-
gefprochen Dürerfche und Cranachfche Elemente in gleicher Prägnanz zum Ausdruck
bringt. Cranachs Eigenart läßt fich z. B. im landfchaftlichen Hintergründe und be-
fonders in der Stilifierung der Wolken und des Baumfchlages bemerken. Einige in
Verkürzung gefehene Köpfe gehen auch auf den fächfifchen Meifter zurück. Die
Schwalbenfchwanzzinnen der Bergbauten find dagegen eher Dürerifcher Vermittlung
anzurechnen. Direkt von Dürer herübergenommen ift der zum Boden ftürzende
türkifche Reiter (Vgl. die Holzfchnittdarftellung der Enthauptung der hl. Katharina,
B. 120. Nähere Charakterifierung in unferem Bericht im Cicerone, Jahrgang I, Heft 14,
S. 453.) Der rätfelhafte Eklektiker der deutfchen Malerei des 16. Jahrhunderts läßt
fich nicht leicht ermitteln, obwohl er — wenn auch nicht mit Perfönlichkeit begabt —
zu den tüchtigften feiner Zeit gehört. Eine verfuchte Taufe des Herrn A. Lederer auf
Zacharias Wehme ift nicht annehmbar. Der genannte fächfifche Hofmaler ging mehr
auf plaftifche Wirkung, wogegen unfer Meifter auf lineare Qualität ging. Das auf
dem Zaum des niederftürzenden Pferdes als Zierde angebrachte W will auch nichts
anderes als Ornament fein und es kann zur Betätigung diefer Änficht eine ganze
Reihe einleuchtender Beifpiele herangezogen werden.

* *

*

In großer Zahl wurden in den leßten 6 — 7 Jahren Werke der vlämifchen und
holländifchen Malerfchulen erworben, befonders die Produkte der leßteren. Die Buda-
pefter Galerie war mit niederländifchen Bildern von jeher reich verfehen; fie bildeten
fchon eine Hauptattraktion der Efterhäzyfchen Galerie. Dem zielbewußten Ausbau
diefer Abteilung des Mufeums kamen auch die günftigen Situationen des Kunftmarktes
•entgegen. Die Auktionen der leßten Jahre brachten viel erftklaffige Gemälde der
Heroen der niederländifchen Kunft zum Vorfchein.

Erfolgreich war für uns fchon das Jahr 1904. Damals wurde unter anderen auch
die fehr intereffante Kreuzfchleppung der Peterifchen Kollektion (jetjt unter Nr. 681 aus-
geftellt) erworben. Das Bild ift wohl eine Kopie nach Pieter Brueghel d. Ä.; es wird
als folche im Katalog von Georges H. de Loo im Rene Baftelaerfchen Werk: „Peter
Brueghel l’ancien son oeuvre et son temps“ (Bruxelles 1905) angeführt. (Unter den

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