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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 4.1912

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19. Heft
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Bombe, Walter: Städtische Kunst-und Denkmalpflege in Florenz
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https://doi.org/10.11588/diglit.25673#0777

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STÄDTISCHE KUNST- UND DENKMALPFLEGE

IN FLORENZ Mit 3 Abbildungen / Von WALTER BOMBE

Im Jahre 1908 wurde durch den damaligen
Sindaco von Florenz, Francesco Sangiorgi,
eine [tädtifche Behörde für Kunft-und Denkmal-
pflege, ein „Uffizio di Belle Arti“ ins Leben
gerufen. Maßgebend war dafür der Gedanke,
daß der Staat, fo notwendig und fegensreich
auch fein Eingreifen in Angelegenheiten des
Denkmalfchußes fein mag, doch wegen der un-
geheuren Fülle des Denkmälervorrates in Florenz
nicht alle an ihn herantretenden Aufgaben zu
löfen vermag, und daß daher die Tätigkeit der
ftaatlidien „Sopraintendenza per i Monumenti“
auf das wirkfamfte durch [tädtifche Initiative
unterftüßt werden kann.

Es wurde zunächft befchloffen, die monumen-
talen Räume des alten Stadthaufes in ihren
früheren Zuftand zurückzuverfeßen, die Behörden
auszuquartieren, die dort ihre Amtszimmer
hatten, vor allem Uffizio della Finanza, das im
Quartier der Elemente [einen Siß hatte, das
Uffizio dell’Istruzione, dem die Säle Herzog
Cofimos des Erften überlaßen waren, das
Studierzimmer GroßherzogFrancescos desErften,
das zum Papiermagazin degradiert war, und
die fogenannte „Camera deU’Arme“, die bis da-
hin als Kaferne der ftädtifchen Schußleute diente.
Das Unterrichtsminifterium unterftüßte die Be-
gebungen der Kunftkommiffion in löblichfter
Weife durch Rückgabe der in die Mufeen aus-
gewanderten Statuen, Bronzen, Bilder und
Teppiche. So wurde das ganze Quartier der
Elemente wiederhergeftellt und mit koftbaren
Teppichen ausgeftattet, unter denen die Erzeug-
niffe der Großherzoglichen Manufaktur, na-
mentlich einer mit den Taten des Herkules
hervorzuheben find. Die mythologifchen und
allegorifchen Fresken Vafaris und Salviatis in
diefen Räumen, die man vom Staub und von
fpäteren Übermalungen befreit hat, dürften da-
gegen mehrKuriofitäts- als künftlerifches Intereffe
erregen. Ferner hat man in pietätvoller Weife
das Quartier der Eleonora da Toledo rekon-
ftruiert, in der Kapelle der Herzogin den urfprüng-
lichen Bilderfchmuck wiederhergeftellt, die Pieta,
flankiert durch die beiden Figuren der Verkün-
digung von Angelo Bronzino, die von der
Direktion der Uffizien zurückgegeben wurden.
Im Audienzfaal und in der Sala dei Gigli find
die Marmorfiguren des Johannes und derjuftitia
von Benedetto da Majano wieder über den
Portalen angebracht, die Kaffettendecke und die
Fresken Ghirlandajos und Salviatis gefäubert
worden. Das Quartier Leos des Zehnten hat
man mit dem der Elemente in Verbindung ge-
bracht, indem man die reich dekorierte Treppe

Vafaris dort einmünden ließ. An Stelle des
Altarbildes in der Kapelle, Raffaels Madonna
dell’Impannata, hat man eine gute alte Kopie
aufgeftellt.

Einer der intereffanteften diefer zu neuer
Pracht wiedererftandenen Räume ift das durch
Dr. Giovanni Poggi, den neu ernannten
Direktor der Uffizien, rekonstruierte Studier-
zimmer des Großherzogs Francesco I., des Ge-
mahls der berühmt-berüchtigten Bianca Ca-
pello. Das Studio Francescos ift ein kleines,
rechteckiges Gemach mit Tonnengewölbe neben
dem Saal der Cinquecento. Einer genauen Be-
fchreibung des Zeitgenoffen Raffaello Borghini
zufolge mußte die Decke mit Allegorien der
Natur und der vier Elemente von Poppi ge-
fchmückt fein; dies traf zu, und die weiteren
Nachforfchungen Poggis in den Akten des
Staatsarchivs führten zu der Wiederauffindung
der Zahlungsvermerke an die Künftler, die an
dem übrigen Bilderfchmuck beteiligt waren.
Nach Abbruch einer dünnen Ziegelmauer kamen
die in die Wand eingelaffenen Bücherfchränke
zum Vorfchein, deren Türen mit allegorifchen
Darftellungen [ich im Magazin der Uffizien in
San Salvi fanden und mit Erlaubnis Corrado
Riccis, des Generaldirektors der Schönen Künfte,
der Stadt zurückgegeben wurden. Für die
Rekonftruktion des Wandfchmuckes gaben die
Beziehungen zu den vier Allegorien der Elemente
an der Decke die nötigen Anhaltspunkte. So
gelang es Poggi, den ganzen beziehungsreichen
Apparat von Allegorien in feinem urfprünglichen
Zufammenhange wieder herzuftellen. Jeßt ift
der ganze Raum in feinem alten Glanz wieder
erftanden (f. Abb. 1). Über dem Kranzgefims,
das die Wände abfchließt, hat man unfichtbare
Glühbirnen angebracht, die das Zimmer mit
feinen Deckenfresken, den Bildniffen der Eltern
des Großherzogs, Cofimos des Erften und der
Eleonora da Toledo, die Statuen in den Nifchen
und die Bilder an den Wänden und Schrank-
türen vorzüglich beleuchten.

Im Jahre 1909 konnte ein großer Teil der
monumentalen Räume dem Publikum zugänglich
gemacht werden, und während der großen
Porträtausftellung des Jahres 1911 waren fie ein
Gegenftand der Bewunderung für Hundert-
taufende von Befuchern. Diefe Schauftellung
alter Bildniskunft hat zwar die Reftaurierungs-
arbeiten auf einige Monate ins Stocken gebracht,
aber fie hat auch erft die Möglichkeit gegeben,
die Arbeiten in großem Stile zu Ende zu
führen, da der Reinüberfchuß der Ausftellung,
206000 Lire, größtenteils für die Restaurierung

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