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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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Allgemeine Deutsche retrospektive Kunst-Ausstellung 1650 - 1800 Darmstadt 1914
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https://doi.org/10.11588/diglit.26374#0040

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ALLGEMEINE DEUTSCHE RETROSPEKTIVE
KUNST-AUSSTELLUNG 1650 — 1800 DARM-
STADT 1914

TTuf Veranlaffung Sr. Kg!. Hoheit des Groß-
herzogs Ernft Ludwig von Heffen wird in
den Sommermonaten des Jahres 1914 in einem
Teiie des Refidenzfchloffes zu Darmftadt
eine große retrofpektive deutfche Kunftaus-
fteilung ftattßnden, die einer bisher faft noch
gänziich in Dunkei gehiiiiten künftierifchen Epoche,
der Zeit nach dem Dreißigjährigen Kriege bis
zur Ära Napoieons gehen foll.
Sehr mit Unrecht ift diefe Periode deutschen
Kunftfchaffens bisher der Wiffenfchaft faft ganz
verfchloffen gebiieben, obwohi auch fie nicht
ohne ftarke künftlerifche Perfönlidikeiten ge-
wefen ift und der an den Fürftenhöfen, in den
zahlreichen größeren und kleineren Refidenzen
beliebten Kunftübung höfifchen Gepräges bewußt
den Ausdruck einer bis zum leßten bürgerliclien
Kultur gegenüberftellt, die namentlich von den
freien Hanfe- und Reichsftädten befchirmt und
gefördert wurde. Unter diefem Gefichtspunkt
wird die geplante Darmftädter retrofpektive
Ausftellung, deren Organifation der Großherzog
dem künftierifchen Beirat feines Kabinettes Herrn
Prof. Dr. Georg Biermann und den Herren
Kommerzienräten Hermann und Theobald
Heinemann in München übertragen hat, zum
erftenmal aus der ungeheuren Produktion diefer
Zeit all das an einer Stelle für wenige Mo-
nate vereinigen, was einerfeits im Sinne der
Moderne lebensftark und intereffant erfcheint,
was aber andererfeits nicht minder auch die
Kultur jener Epoche ihrer doppelten Eigenart
nach vieifagend vertieft. So wird die Aus-
ftellung nicht nur den Beweis zu erbringen
verfuchen, daß auch in jenen anderthalb Jahr-
hunderten überall in Deutfchland Künftlerperfön-
lichkeiten gewirkt haben, die es ihrer Qualität
nach verdienen, der Kunftgefchichte zurückerobert
zu werden, fondern fie wird hoffentlich auch
zeigen können, daß fchon in jener Epoche zahl-

reiche Anfäße zu einer durchaus modernen Kunft-
auffaffung konftatiert werden müffen, die erft
im 19. Jahrhundert ihre Fortentwicklung gehabt
haben. Ihr Material wird die Veranftaltung
ebenfo aus dem Befiß der deutfchen fürftlichen
und privaten Sammlungen wie aus dem der
öffentlichen Galerien fchöpfen, aber die vor-
bereitende Sichtung desfelben wird von be-
rufenen Fachgelehrten beforgt und es befteht
die Abficht, die Ergebniffe diefer der deutfchen
Kunftgefchichte dienenden Ausftellung fpäterhin
in einer monumentalen Publikation zu vereinigen.
So darf man hoffen, daß diefem im Grunde
nationalen und für die Erkenntnis unferer
Vergangenheit fo ungemein wichtigen Unter-
nehmen, für das der Großherzog von Heffen
als Veranftalter zeichnet, der ihm in feinem
Refidenzfcbloß gaftliche Aufnahme gewährt, die
Sympathie der weiteften Kreife und die Mit-
arbeit aller kunftwiffenfchaftlichen Gelehrten und
Mufeumsdirektoren zur Seite flehen wird. Ein
größerer Ehren- und Arbeitsausfchuß,
der fich über ganz Deutfchland verteilt, wird
fich bereits in den kommenden Wochen kon-
ftituieren.
Im Sinne der jedweder lebendigen Kullur zu-
gewandten Beftrebungen des Großherzogs von
Heffen wird fich außerdem für den Sommer 1914
der hier angekündigten großen retrofpektiven
deutfchen Kunftausftellung die längft in Vor-
bereitung befindliche Ausftellung der Künftler-
kolonie auf der Mathildenhöhe zugefellen, die
neben einem originalen Programm ftarke künft-
lerifche Einzelleitungen zeigen wird. Mit diefen
beiden Veranftaltungen aber wird Darmftadt
troß der zahlreichen für das nächfte Jahr auch
anderwärts geplanten Kunftausftellungen un-
bedingt der wichtigfte Anziehungspunkt für alle
deutfchen und wohl auch ausländifchen Kunft-
freunde fein.

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