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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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14. Heft
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Ausstellungen
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Denkmalpflege
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AUSSTELLUNGEN ° DENKMALPFLEGE

tendenziös erfcheinen laffen, und darum wirkt
Cari Schuch momentan viel gereifter und inner-
licher, befonders in dem prachtvohen Stiiteben
mit der Marmorvafe. Die „Auferftehung des
Jünglings" von Deiacroix ieitet leicht zu germa-
nifchen Temperamentäußerungen über, zweifehos
weil van Goghs Vermittlung durch feine einzig-
artigen Kopien nach Delacroix fo überzeugend
ift. Und fo fehen wir in den unteren Sälen
van Gogh und Liebermann, Cezanne und Co-
rinth, Piffarro und Slevogt, Rafaelli, Rösler,
Corot, Trübner, Monet undBrockhufen, Sisley u.a.
vereinigt, nach Gefühlswerten (manchmal recht
antipodifch) benachbart. Befonders umfaffend
find die Kollektionen von Trübner, Liebermann
und dankenswerterweife auch die von Piffarro
und Sisley. C. St.
MÜNCHEN In eines der vornehmften Bauten
Münchens, das alte Eichthal-Palais, das dieklaf-
fifche Faffade Clenzes ziert, hat die GALERIE
CASPARI ihren Einzug gehalten. Sicherlich wird
dem Münchner Kunftleben aus der Errichtung
diefes neuen Kunftfalons manche Bereicherung
erwachfen. Die Schau, die uns die erfte Aus-
ftellung bietet, ift wohl als Programm aufzu-
faffen. Natürlich find da keine erfchütternden
Überrafchungen vorhanden, aber es imponiert die
gleichmäßige Höhe der Qualität desausgeftellten
Materials. Größere Kollektionen find von An-
felm Feuerbach, Slevogt und Trübner
vorhanden, die Hauptkünftler der Münchner und
Berliner Sezeffion find alle mit guten Stücken
vertreten. Von älterer deutfeher Kunft werden
Böcklin, Leibi, Menzel und Schuh gezeigt.
Daß der franzöfifchen Kunft des 19. Jahrhunderts
befondere Aufmerkfamkeit gefchenkt wird, ift
für eine moderne Kunfthandlung felbftverftänd-
lich. In die Kämpfe um die jüngfte Kunft führen
Picaffo und Pechftein. Die befondere kultu-
relle Bedeutung der Galerie Caspari wird in
dem Austaufch der Münchner und Berliner Kunft
beftehen. % *
*
Eine typifche Erfcheinung unferes heutigen
Kunftlebens ift Egon Schiele, der 18 Ölgemälde
und eine Menge Zeichnungen und Aquarelle bei
HANS GOLTZ ausftellt. Schiele ift einer der
jüngften Sproffen der Wiener Kunft. Seine Ab-
hängigkeit von Klimt ift unverkennbar, nament-
lich in feinen Zeichnungen. Hier ift der Kontur
alles, und hierin geht er noch weiter als fein
Vorbild, er ift noch nervöfer, noch empfindlicher,
wenn man will kann man es als noch perfön-
licher bezeichnen. Die Möglichkeit, den Ein-
druck einer Geftalt nur durch den Umriß fowohl

des Ganzen als auch der Binnenteile zu geben,
ift bis aufs höchfte gefteigert. Leider aberhaben
wir das alles fchon bei Klimt gefehen und fo
gewinnt man leicht den Eindruck, daß es fich
um Routine handeln könnte. Seine Ölgemälde,
die fein Interpret im Katalog als „neugotifch"
bezeichnet, unterfcheiden fich von denen Klimts
dadurch, daß er ähnlich Motive und Stellungen
malerifcher auffaßt und fie farbig durch einheit-
lichere Tönungen zufammenzuhalten verfucht,
wobei oft Geftalten in blendender Helle aus
einem myftifchen Dunkel auftauchen. Diefes find
Dinge, denen man die Originalität nicht ab-
fprechen kann. Die Behandlung der Oberfläche
fcheint auf Kokofchka zurückzugehen und zwar
in der Form, wie wir fie von Max Oppenheimer
überkommen haben. Auf jeden Fall find die
Arbeiten Schieies intereffant als Zeugen unferer
Zeit in ihrer nervöfen Empfindfamkeit und in
ihrem Streben nach einer barocken Myftik. F.
PETERSBURG Unter der Spißmarke „Das
Erbe derGroßfürftin Maria Nikolajewna"
hat die rührige „Gefellfchaft zum Schüße der
Kunftdenkmäler in Rußland" in der Kaiferlichen
Ermitage eineAusftellung alter Meifter arrangiert,
welche einft diefer Großfürftin, der Tochter des
Zaren Nikolaus I., gehört hatten und jeßt im
Befiße ihrer Enkel, des Herrn S. W. von Dehn
und Grafen S. W. Scheremetjew find. Befon-
deres Intereffe erregten auf diefer kleinen Aus-
heilung, von welcher ein elegant ausgeftatteter,
illuftrierter Katalog erfchienen ift, eine Madonna
von Botticelli, ein fignierter Jan Siebe-
rechts, Porträts von P. Moreelfe und der
Vigee-Lebrun (Graf Gregoire A. Stroganow),
ein kleines Bild von Hubert Robert u. a.
P. E.
DENKMALPFLEGE
GENT ln hiefigen Blättern war die Behaup-
tung enthalten, das Altarwerk der Brüder van
Eyck in St. Bavon habe durch Öfen, die in
der Nähe aufgeftellt find, gelitten. Darauf er-
widert der Schaßmeifter der Kathedrale, daß es
fich nur um die Kopien, welche Michael Coxie
1557 von den im Berliner Mufeum befindlichen
Flügel angefertigt hat, handelt, auf denen aller-
dings Flecken zu fehen find, von denen aber
nicht feftzuftellen fei, wovon fie herrühren, daß
aber aller Wahrfcheinlichkeit nach die Dünne
des Holzes daran fchuld fei. Diefe Flügel haben
nämlich nur einen Millimeter Durchmeffer, wäh-
rend die wichtigfte und wertvolifte Mitteltafel
des Hauptwerks der van Eyck, drei Millimeter
dick fei. Die vorzügliche Erhaltung derfelben

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