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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 5.1913

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PERSONALIEN ° VERMISCHTES

ROM Der Infpektor der Borghefegalerie.
Dr. Pietro d'Achiardi, i[t zum Profeffor der
Kun[tge[diichte an der [taatiichen Kunftakademie
in Rom ernannt worden. L. P.
VERMISCHTES
KUNSTDIEBSTÄHLE IN ITALIEN
Noch i[t in aller Gedächtnis der unbegreiflich
freche Einbruch in das Mufeo di S. Marco, dem
Fra Angelicos Madonna della Stella zum Opfer
fiel, und die Gerichtsverhandlung, die leider zu
einem Kompromiß führte, fo daß nur die am
fchwerften Belafteten verurteilt wurden. Abge-
fehen von diefem einen Fall find glücklicher-
weife faft niemals Kunftwerke erften Ranges
diefen Eindringlingen in die Hände gefallen.
Im Mai hatte das wenige Tage vorher eröffnete
Mufeo Bandini in Fiefole Befuch außerhalb der
offiziellen Zeit. Es wurden damals drei Bilder
geftohlen, eine Madonna aus der Werkftätte
Fra Angelicos, eine Tafel von Andrea di Giufto
und ein byzantinifches Bild Johannes des Täufers.
Infolge eines Zufalls waren die in den Uffizien
zur Reftaurierung beftimmten vier Trionfi von
Jacopo del Sellajo noch nicht in das Mufeo
Bandini überführt worden. Sonft wäre die Wahl
der Einbrecher wahrfcheinlich auf diefe koftbar-
ften Stücke des neuen Mufeums gefallen. Die
geftohlenen Bilder wurden auf etwas mgfteriöfe
Weife von der Polizei auf dem Zentralbahnhof
befchlagnahmt, wo fie als Gepäck deponiert
waren.
Auch fonft haben die Kunfträuber in der lebten
Zeit keine befondereGefchicklichkeit in der Wahl
des Raubgutes bewiefen.
Aus der Kirche S. Frediano in Lucca ift vor
kurzem eine Menge faft durchweg geringwertiger
Gegenftände geftohlen worden, aber die koft-
baren, mit Miniaturen gefchmückten Chorbücher
blieben unberührt. Aus dem Piftojefer Dom
haben die Einbrecher nur zwei filberne Statuetten
vom Sakramentstabernakel mitgehen heißen,
Stücke, deren Wert, einer Notiz des „Marzocco"
zufolge, den MetaHwert kaum überfteigt, wäh-
rend fie leicht in der Lage gewefen wären, den
von Dante in die Hölle verfeßten Vanni Fucci,
den berühmt-berüchtigten Dieb, der den Piftojefer
Domfchaß heimfuchte, in den Schatten zu ftellen,
und als fie in die Piftojefer Kirche S. Bartolomeo
in Pantano einbrachen, ließen fie ein fchönes
Bronzekreuz des Quattrocento unbeachtet, um
fich mit einem künftlerifch faft wertiofen zu be-
gnügen.
Auch fcheint es, als ob die ftrenge Ausfuhr-
kontrolle, die von Fachleuten im Staatsauftrage

in den wichtigften Kunft- und Ausfuhrzentren
ausgeübt wird, das ihrige dazu beigetragen habe,
um geftohlene Kunftwerke feftzuhalten, ehe fie
den Weg ins Ausland antreten. So konnte die
in Rom, und zwar in S. Maria in Traftevere
beifeite gebrachte fchöne bellineske Madonna
mit dem Kinde in Landfchaft von Benedetto
Diana in Florenz befchlagnahmt werden. Jeden-
falls ift es für die Herren Kunfträuber heute
nicht mehr fo leicht wie früher, das geftohlene
Gut an den Mann oder über die Grenze zu
bringen. Auch die beiden oben erwähnten
Silberftatuetten vom Sakramentstabernakei im
Dom zu Piftoja find vor einigen Tagen bei
einem Florentiner Antiquar wieder aufgefunden
worden, und der Räuber des Bronzekreuzes aus
S. Bartolomeo in Pantano hat, durch die er-
wähnten Vorkommniffe in Schrecken gefeßt, das
Kreuz felbft in ein Feld geworfen, nachdem er
die Figur des Crucifixus abgelöft hatte, die nun
wohl bald bei einem Antiquar auftauchen dürfte.
Diefer Vorfall ruft den Raub der Aquilotti Ghi-
bertis am Johannestabernakel von Or San Michele
in die Erinnerung, und die Rückerftattung des
geraubten Gutes durch einen Boten der Floren-
tiner Expreßgefellfchaft, ferner den analogen Fall
des Diebftahls der mit prachtvollen Reliefs ge-
fchmückten Kapuze der ehernen Statue Papft
Julius 111. von Vincenzo Danti in Perugia. Da-
mals legten die Räuber wenige Tage nach der
Entdeckung des Diebftahls aus Furcht ihre Beute
in einem Garten dicht an der Stadtmauer nieder,
wo fie alsbald gefunden wurde. Noch weiter
zurück liegt ein anderes ähnliches Vorkommnis,
das fich in Rom ereignete: Unbekannte Diebe
brachen von der Fontana delle Tartarughe eine
der bronzenen Schildkröten los und warfen
wenige Tage fpäter, gleichfalls aus Furcht, das
geraubte Gut in die Anlagen des Giardino Cairoli.
Das von Giovanni Poggi geleitete „Ufficio
per l'esportazione di oggetti d'arte" hat fich auch
kürzlich wieder auf das trefflichfte bewährt, als
die beiden aus der Kirche S. Niccolo in Mar-
ijana, einem Bergneft unweit Piftoja, mit Zu-
ftimmung des Priefters heimlich beifeite ge-
brachten Robbia-Engel feftgehalten wurden.
Über eine Reihe fyftematifcher und fehr um-
fangreicher Diebftähle, die anfeheinend fchon
feit Jahren im Dom zu Caftelfranco ausgeführt
worden find, wird erft die foeben eingeleitete
Unterteilung genauer ergeben. Zeitungsmel-
dungen zufolge find die geraubten Gegenftände,
meift Kirchengewänder, von fehr hohem Werte.
Es vergeht feit einiger Zeit faft kein Tag ohne
Nachrichten von neuen Diebftählen. Die leßte
Meldung ift vom 27. Juli: In der Nacht vom .26.
zum 27. Juli find Räuber in die Kirche S. Maf-

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