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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 8.1916

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Heft 7/8
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Lemberger, Ernst: Beiträge zur Geschichte der Miniaturmalerei, 5, Die fünf Pinhas
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https://doi.org/10.11588/diglit.26378#0143

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BEITRÄGE ZI!II GES CHICHTE DER
MINIATURMALEREI v. DIE FÜNF piNHRS
Mit fünf Abbildungen Von ERNST LEMBERGER
TTus Lehrberg, einem Dorf unweit Ansbach, stammte die Famiiie Pinhas, aus der
fünf Künftler hervorgingen.
Der Miniator, Kunft- und Synagogenschreiber Samuel Pinhas wurde in der zweiten
Hälfte des fiebzehnten Jahrhunderts geboren. Er war fehr fromm, nahm ein Weib,
das ihm Kinder gebar, und ftarb. Das ift alles, was wir von ihm wiffen. Sein Sohn
Juda kam 1727 zur Welt. Er hatte das kalligraphifche Talent des Vaters geerbt und
wurde von ihm zum Thoraschreiber ausgebildet. Mit dreizehn Jahren verfertigte er
eine mit bildlichen Darftellungen reich verzierte Abfchrift des Buches Efther. Damit
erregte der Frühreife die Aufmerkfamkeit des Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich, der
ihm, als er dem Fürften eine mit zahlreichen Bildern gefdimückte Haggadah widmete,
150 Gulden fchenkte. Juda Pinhas fcheint [ich bis zu feinem fiebzehnten Lebensjahr
als Kunftfchreiber betätigt zu haben. In der fiebenten Fortfe^ung artiftifcher Bemer-
kungen auf einer Reife durch Gegenden des fränkifchen Kreifes heißt es bei MeufelL
„Herr Pinehas, Hofminiaturmaler, vorher am Bayreuthifchen Hof, feit 1769 aber in
Anfpach, arbeitet, ohngeachtet feines herannahenden Alters^, mit Gefchmack und
punctirt feine Portraite, die befonders fprechende Ähnlichkeit haben follen noch mit
außerordentlichem Fleiß. Andere Arbeiten, als Antiken, Hiftorien u. dergl. fah ich
nicht von ihm, weil folche, wie er mir Jagte, nicht gefucht werden. Er war in feiner
Jugend ein fogenannter jüdifcher Kalligraph, oder Zehngebotfehreiber, und daß er
fchon damals eine gute Anlage im Zeichnen gehabt habe, bezeuget ein hebräifches
Manufkript auf Pergament von ihm, das in der herrfchaftlichen Bibliothek aufbewahrt
wird. Der jetzige Herr Stadtpfarrer Rabe, nennt es in einer beygefügten kurzen Be-
fchreibung, ein Rituale Pafchatos, das ein jeder Jude haben muß, und überfe^t den
Titel folgender geftalt: Ordnung der Gebräuche des Ofterfeftes mit fchönen Buchftaben
und lieblichen Figuren, die ich mit der Feder gefchrieben und gezeichnet, und ein
Werk meiner Hände zum Preife, im Jahr 507 der kleinen Zahl, nach damaliger Rech-
nung 1747. Die Gebräuche der Juden an ihrem Ofterfefte find auf der erften Seite
in zwölf kleinen Vorftellungen mit der Feder aufgezeichnet, das Übrige handelt mit
Beziehung auf die Ausfprüche der Talmudifchen Lehre, ägyptifchen Dienftbarkeit, von
der Erlöfung durch Mofen, von den zehen ägyptifchen Plagen (mit Farben abgebildet),
von dem Durchgang durchs Schilfmeer u. dergl., welche bis auf die ägyptifchen Plagen
mit der Feder fehr fleißig ausgeführt, jedoch in Anfehung der Zeichnung nur mittel-
mäßig find. Die meifte Bewunderung verdient die reine, gleiche hebräifche Schrift,
an deren Regelmäßigkeit und beobachteten Symmetrie ich mich nicht fatt fehen konnte.
Wie wohl thpt es nicht dem Auge, eine Schrift in ihrer urfprünglichen Natur, gleich-
wohl mit vieler Eleganz und Feinheit, zu erblicken! Aber wie bald wurde nicht
mein Auge zurückgehalten, als ich vor dem fagt, der ganze erfte und ein
betenden David ein aufgefchlagenes Buch ^33^ \ großer Theil des zweiten Pfalms
diefer genau genommenen Größe entdeckte: deutlich und kenntlich gefchrie-
worauf, wie Herr Rabe in feiner Erklärung ben ftehen."
Zwifchen dem 16. und 17. Lebensjahr fcheint fich Juda Pinhas auf die Porträt-

' Mufeum für Künftier und Kunftiiebhaber, I. Stück, S. 48 (Mannheim 1787).
- Ais diefer Auffat; bei Meufei erfdiien, war Pinhas fchon 60 fahre ait.

DerCicerone, Vm.]ahrg., Heft7/8

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