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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 11.1919

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Heft 14
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Uphoff, Carl Emil: Bernhard Hoetger
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https://doi.org/10.11588/diglit.21394#0462

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Bernhard Goetger

keit! Der Eigentumsfanatismus züchtete den üngeift von geftern. Der Mammonismus
ließ den Menfcßen nicßt geiftig werden. Frei vom Eigentum an materiellen Dingen
kann der Menfcß ficß dem Geiftigen zuwenden und damit erft Menfcß werden. Denn,
icß wiederhole es nochmals: Menfch fein, das heißt geiftig fein! Än das Eigentum
gefeffelt —, an das Materielle gebunden, ift der Menfcß ein unglückfeliges 3witter-
gefcßöpf —, ein dem ewigen Kampfe mit fict) felbft und mit feinesgleicßen verfallenes
Kiefen, das weder allein noch in Gefellfchaft fein Dafein reftlos erfüllen kann.
* *
*
Ich lege Bernhard Goetger als einem von den Klenigen, die Berufene find, das
Scßickfal des Volkes und der Menfchheit an das Fjerz.
Aus feinen bisher erfchaffenen Klerken kündet fick) jener zur ümfaffenßeit reifende
Geift, in den die Menfcßen eingehen und Gemeinfchaft werden können.
Die Formen, die er aus fiel) ßerausfcßöpft, offenbaren große, menfcßßeits-, welt-
und ewigkeitsumfpannende Gefüßle.
Mit mächtigen Kurven gräbt er feine inneren Schauungen in die Steine. Menfcßen-
geftallen erftel)en aus ihnen, losgelöft bereits von aller materiellen Befcßwerung, könig-
lich aueß ohne durch die Fronarbeit unterjochter Menfcßen erkauften Puß und Schmuck,
vom Geifte fchon angerührtes Gefühl in Haltung und Gebärde, ihr Dafein feßon nahe
dem vom Geifte her beftimmten Erleben des Lebens, nahe dem Exiftieren aus eigener
Macht, ureigenfter Kraft, eigenem Schöpfertum.
Denn dies ift das ßöcßfte 3>el, die höcßfte Beftimmung der Menfcßen: daß jeder
Menfcß ein Einziger werde, ein aus feiner eigenen Schöpferkraft fiel) felbft
und feine Dafeinsfphäre geftaltender Geift! — —
Mächtig und zugleich rßytßmifcß häufen und breiten fiel) aus die ard)itektonifcl)en
Maffen im Entwurf feiner Fabrikftadt.
Mächtigere und ßarmonifeßere wird er noch finden, wenn er zutiefft in fiel) tunabfteigt
bis dahin, wo er Volk ift —, wo er zur urnfaffenden Einficht von des Volkes Sefmfucht
zu endlichem geiftigen Leben kommt und wo die Formen, die das fießtbar machen, was
er fand, fiel) il)ni wie von felber in die unermüdlichen Gände legen, um durch ihr Eun
Gaus zu werden und Stadt und Dom.
Klie bei nur wenigen ift Klerkgerecßtigkeit ein Golden feiner Geftaltungen.
Alles —, jeder 3'egelftein wird gezwungen, alle Möglichkeiten zur Formgeftaltung zu
enthüllen und bis zur Erfcßöpfung h^rzugeben.
3u 3ßiten überftürzen fiel) die Geficßte in ihm, die zur Geftaltung drängen. Dann
offenbart er zeichnend, modellierend, entwerfend eine Menfd)licl)keit von folchen Aus-
maßen, daß fie in diefer 3ßit des kleinlichen Spezialiftentumes geradezu phantaftifd) anmutet.
Das Fjeraufkommen einer anderen 3ß>- 'ft nötig, damit diefer Sd)öpfermenfd) feine
Kräfte fpielen laffen kann. Aber fie wird nicht von felber kommen. Er wird fie mit
erfchaffen müffen. * * *
Ich wollte, indem ich dies feßrieb, keine Kritik an der Goetgerfcßen Kunft üben.
Icß willBernßar dGoetg er auch keine zahlenden,ruhmfpendenden „Freunde“ gewinnen.
Ich will zeitig den Blick des Volkes, aus deffen Schoße er kommt, auf ißn lenken,
damit es fiel) zu ißm ftelle und ißm um feiner felbft willen gebe, was zur fruchtbaren
Auswirkung feines fütmerifeßen Scßöpfertums nottut. £Has ein Volk folcßen Menfcßen
gibt, das wird es vielfältig in l)öhßrßn ülerten zurückempfangen.

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