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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 1
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Josephi, Walter: Der Kunstbesitz der deutschen Fürsten, [5], die Kunstschätze des Großherzogs von Mecklenburg-Schwerin
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Die 3eit und der Markt

Kun ft politik
Der Kunftbefil} der deut[cf)en Fürften
V. Die Kun[t[d)ä^e des Großljerzogs
von Mecklenburg-Schwerin
Von Prof. Dr. Jofepßi.
Niemals während feiner faft lOOOjäßrigen Ge-
f dächte ift Mecklenburg ein Kunftland gewefen:
faft alles bodenwücßfige Kunftgut ift handwerk-
lich, und wo vereinzelte merke über den Durcß-
fcßnitt hinausragen, da handelt es [ich meift um
landfremde Schöpfungen. Qnd wie mit dem
Kunftfchaffen, fo ift’s auch mit dem Genießen:
es ift kein 3ufall, wenn auch heute noch in
Mecklenburg keinerlei größere und bedeutendere
Privatfammlungen anzutreffen find, obwohl doch
gerade hier der größte Geil der einft gefell-
fchaftlid) führenden Bevölkerungsfcßicßten von
einer Bodenftändigkeit ift wie wohl Tonft nir-
gends in Deutfchland. Ebenfowenig ift das
mecklenburgifche Fürftenhaus ein wirklich kunft -
freundliches gewefen. Im Gegenteil: diejenigen
unter Mecklenburgs Fjerzögen und Großherzögen,
die der bildenden Kunft geneigt waren, find in
der langen Reiße der Regenten diefes niemals
durch Grenzveränderungen aufgefrifcßten Landes
geradezu als feltene Ausnahmen zu würdigen.
Das dem mecklenburgifcßen Boden entfproffene
Fürftenßaus ftand in faft allen feinen Gliedern
der bildenden Kunft ebenfo fern wie feine Ritter-
fcßaft und feine übrigen Ontertanen; es hatte
auch kaum die Möglichkeit einer mäzenatifcßen
Betätigung, weil feine unentwegt durch die
Jahrhunderte ficß gleich bleibende finanzielle
Abhängigkeit von den Landftänden jede groß-
zügigere Kunftfreundlicßkeit unterfagte.
Eine diefer feltenen Ausnahmen war Fjerzog
Cßriftian II. Ludwig, der trot* feiner weniger
als ein Jahrzehnt währenden Regentfcßaft (1747
bis 1756) dennoch als Sammler und Kunstfreund
Außergewöhnliches leiftete. Unter den aller-
trübften äußeren Verßältniffen brachte er es mit
gefcßickter Ausnutzung der damaligen Verßält-
niffe auf dem Kunftmarkt fertig, mit feltenem
Spürfinn und feinftem Klertgefüßl jene Galerie
alter Holländer zu fcßaffen, die noch heute das
Schweriner Mufeum künftlerifcß als eine Oafe
in der Klüfte erscheinen läßt. Auch eine pracht-
volle Sammlung von Porzellanen aus Meißens
Blütezeit brachte er mit Gefcßick und Lift zu-
fammen, dazu wertvolle Elfenbeinfchnitjereien.
Aber alle diefe Sammlungen, die fpäter nur
noch vereinzelt vermehrt wurden, blieben im

Eigentum des Fürftenhaufes; eine Abtretung an
den Staat erfolgte auch dann nicht, als fie unter
Großherzog Friedrich Franz II. — wenigftens zu
einem großen Ceil — der Öffentlichkeit über-
geben wurden. Dauernd blieb hier die zwar
feßr volksfreundliche, aber doch veraltete Rege-
lung von Beftand, daß der Großherzog mit fei-
nem Privateigentum und auf eigene Koften dem
Lande ein Mufeum unterhielt, dem die Re-
gierungskaffe nur ganz unbedeutende 3ufchüffe
gewährte, weil im Mufeum auch die vom Staate
gefammelten kunftgewerblicßen Sammlungen
Aufnahme gefunden hatten.
Die durch den ümfcßwung des Novembers
1918 gefcßaffenen 3uftände waren alfo für
Mecklenburgs Kunftbefiß befonders gefährlich;
die durch die Revolution aufgerollten Fragen
waren hier fcßwieriger als allerorts, weil nie-
mals eine Scheidung von Staatsgut und Kron-
gut bzw. Privatvermögen des Landesherrn ftatt-
gefunden hatte. Die Anficßten über das, was
Rechtens fei, gingen himmelweit auseinander:
nach der einen Anficßt war das gefamte Do-
manium (faft die FJälfte des Landes) nebft den
Scßlöffern mit Ausftattung und dem Mufeum
Privateigentum des Großherzogs, während nach
der gegnerifcßen Anficßt ißm eigentlich garnicßts
gehörte. Eine rechtliche Durchführung diefer
Probleme hätte zweifellos einen Rattenkönig
fchwierigfter Rechtsfragen heraufbefchworen.
Unter diefen Qmftänden waren beide Parteien,
Staat wie Großherzog, einer friedlichen Aus-
einanderfeßung geneigt, die denn auch in vor-
nehmer Kleife den Änfprücßen eines bisher
unter landftändifcßen Verfaffungsnormen regie-
renden Fürften gerecht wurde.
Soweit die Abmachungen des Auseinander-
feljungsvertrages vom Dezember 1919 das künft-
lerifche Gut betreffen, Jollen fie im folgenden
kurz wiedergegeben werden:
1. Von den bisher dem Großherzog gehörigen
bedeutenderen Scßlöffern bleibt das mecklen-
burgifcße Verfailles, Schloß Ludwigsluft,
aus der zweiten Fjälfte fjes jg. Jahrhunderts,
im Eigentum des Großherzogs. Das fo fcßön
gelegene, monumentale Schweriner Schloß
wird Staatsgut, und zwar ergibt ficß aus
einzelnen Vertragsbeftimmungen, daß feine
Verwendung als Mufeum vorgefeßen und
erwünfcßt ift.
2. Alle beweglichen Gegenftände in den Scßlöf-
fern, auch in den abgetretenen, verbleiben
dem Großherzog, doch verpßicßtet ficß diefer,
dem Staat auf 30 Jahre ein Vorkaufsrecht zu

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