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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 2
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Kunstpolitik
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Sammlungen
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Kunftpolitik — Sammlungen

klaffe an den Cecßnifcben Leßranftalten Rudolf
Kod), unter ißm als treue Jünger Max Fjecßt,
Fjans Boßn, Leni Collin, Margret Som-
mer u. a., fie alle zeigen perfönlid) ftarke Ab-
wandlungen jenes altdeutfcßen grapbifcßen Stils,
der fid) aus gotifcßer Miniaturmalerei und Fraktur
ßerleitet und fid) damit in bewußten Gegenfaß
ftellt zu den klaffifd)-ard)itektonifd)en Scßrift-
beftrebungen der Eßmcke und Peter Beßrens.
Friß Fjoeber.
Ein Proteft
Gegen das Staatliche Baubaus in Cilei-
mar, an welchem «Halter Gropius mit feinen
Mitarbeitern, unter ihnen Feininger, Itten,
Mareks ein Lehrprogramm in die Cat umzu-
feßen begonnen hat, wie es aus der gemein-
samen Arbeit der ihrer Pflicht bewußten Künftler
unferer 3ßit fid) entwickelt hat, ift in der dei-
marer Bürgerschaft eine kleinliche und gebäffige
Campagne in Szene gefeßt worden, die fid)
gegen eine wertvolle künftlerifcße Idee wieder
einmal der übelften nationaliftifcßen und anti-
femitifeben Mittelchen bedient, dir lehnen es
ab, uns mit Leuten künftlerifd) auseinander-
zufeßen, die aus Schiller und Goethe eine muf-
ßge Attraktion ihres Fremden- und Verkehrs-
vereins machen und für die alles Neue unbefeben
eine Gefahr ift. Sie würden uns doch nicht ver-
gehen. dir wollen mit diefer Veröffentlichung
den Künftlern in deimar, deren kühnes und
reines dollen wir lieben, unfere herzliche Sym-
pathie ausdrücken. dir zweifeln nicht, daß fie
ihre Sache zum Siege führen werden.
Der Arbeitsrat für Kunft / Die November-
gruppe / Die neue Mufikgefellfcbaft u. a.
Sammlungen
Neues aus dem Vatikan
der heute durch das Portone di Bronzo den
Vatikan betritt, wird durch zwei Dinge über-
rafd)t: die neue Crad)t der Schweizer Garde
und den prächtigen neuen Marmorfußbodenbelag,
der bis zur Creppe Berninis hinaufführt. Der
Crad)t der Schweizer ihren biftorifeben Cha-
rakter wiedergegeben zu haben, ift das Verdienft
des Kommandanten der Schweizer Garde Oberft
Repond; das neue Pavimentum hat Benedikt XV.
legen laffen, um Arbeitslofen Arbeit zu febaffen
— aber auch wohl, um feinem Pontifikat im
Vatikan ein Denkmal zu feßen. So prangt auf
dem Boden, forgfältig in Marmor und Bronze
ausgeführt, das «Happen der della Cbiesa.
Und ebenfo finden wir es, nur vielleicht we-
niger glücklich angebracht, auch in der präch-

tigen Sala Ducale, deren Gewölbe Pius IV. —
Medici — und Paul IV. — Caraffa — mit herr-
lichen dekorativen Malereien fcßmücken ließen.
Giufeppe Danti, der Schüler und Gehilfe von
Ludwig Seiß, mit dem er vor Jahren die Male-
reien im Appartamento Borgia wiederberftellte,
hat auch diefen Malereien durch die denkbar
forgfältigfte Reftauration neues Leben und neuen
Beftand verliehen. Man kann die Art, wie hier
die kleinen Landfcbaften von Brill und die zarten
Arabesken pompejanifeben Stils, die fid) über
alle Gewölbe fpannen, wiederbergeftellt worden
find, als muftergültig bezeichnen, ünd das ift
die Fjauptfacße. Ob es dagegen künftlerifd)
wohlgetan ift — wie es zur 3eit gefd)iebt — die
ganzen Cüände mit ähnlichen Malereien zu
fchmücken und fo neben das Original die Kopie
zu feßen — darüber kann man verfeßiedener
Meinung fein. Id) glaube, im Cinque- und im Sei-
cento hatte man ein richtigeres Gefühl für das,
was folcßen Sälen einen wahrhaft feftlicben
Charakter gibt, wenn man fid) mit dem Schmuck
der Gewölbe begnügte und die einfarbig ge-
haltenen ttlände bei allen Feiern — und es gab
deren damals im Vatikan mehr als heute — mit
köftlicßen Arazzi überfpannte.
Giufeppe Danti ift in jüngfter 3eit eine neue
merkwürdige Aufgabe zugefallen. Neben dem
Appartamento Borgia wurde feßon früher we-
nigen Bevorzugten ein kleines Gemach gezeigt,
das man das Schlafzimmer Alexanders VI. nannte.
Im ganzen Vatikan gibt es keine Fjolzdecke, die
fid) an Pracht und Schönheit der Decke in die-
fem 3iuimer vergleichen ließe. Überall fießt
man hier die tüappenembleme der Borgia, überall
atmet man hier den Geift der Früßrenaiffance
in feiner ßöcßften Vollendung. Nun bat fid)
ßerausgeftellt, daß die eine «Hand diefes Raumes
um etwa einen halben Meter vorgerückt war.
Sie ift wieder zurückverlegt worden. Das alte
Soffitto ßat ficß teils erhalten, teils ift es wieder-
bergeftellt worden. Ja, felbft an den Wänden
ßat man Spuren Pintoriccßios entdeckt. Die
tüände waren durch Pilafter gegliedert; die
Bilder zwifeßen den Pilaftern ftellten gefcßloffene
Gärten mit Bufcßwerk und Palmen dar, etwa
wie wir es noch heute in der Villa Livia feßen,
und wie es Boni fo finnreieß auf dem Palatin
wieder in die Natur übertragen ßat.
Leider find diefe Fresken faft zerftört. Es
gehört die Geduld eines Engels dazu, um das
Erhaltene unter dem harten Intonaco wieder
aufzußnden. Aber Danti ßat diefe Geduld be-
reits im Appartamento Borgia mit Erfolg geübt,
und fo ift zu hoffen, daß er auch hier retten
wird, was zu retten ift, und daß einmal dies

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