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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0112
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Verfdjiedenes
Verfdjiedenes
üm das öüort „Expreffionismus“
Es ift bekannt, daß fchon fehr viel Einte ver-
braucht wurde, um dem Hrfprung jenes (Hortes
nachzuforfchen, das für dasKIollen unferer jungen
Kunft beinahe zu einem Gattungsbegriff ge-
worden ift. Dr. Rudolf Blümner gibt in der
lebten Nummer des „Sturm“ eine überrafchend
lapidare Löfung diefer Streitfrage. Der heilige
Chomas von Äquino nämlich, deffen Licht
vor rund fiebenfmndert Jahren das damals gar
nicht mal fo dunkle Cal diefer Kielt erfüllte, hat
zuerft das Klort geprägt und zwar durchaus in
dem Sinne, in dem es der modernen kunftphilo-
fophifchen Prägung geläufig ift. Blümner fchreibt
wörtlich: Der heilige Chomas unterfcheidet
dreierlei Erkenntniffe: Gott als die oberfte essentia
hat unmittelbar das Kliffen von allen Effentien.
Die Engel und die vom Körper befreiten Seelen
haben die unmittelbare intuitio der gegenwärtigen
Dinge oder doch das Kliffen der entfernten durch
species expressivae. Die Seelen im 3u-
ftande der Sünde wiffen nur, was ihnen durch
species impressivae zuteil geworden ift.
„Die Äusdrücke species impressiva und ex-
pressiva kommen aus einer uns nicht mehr faß-
baren Pfychologie her (fagt Friß Mautfmer in
feinem Klörterbuch der Philofophie), welche die
Species als Bildchen auffaßt, die fid) zuerft den
Sinnen eindrücken und nachher in den Vor-
ftellungen der Seele ausdrücken.“
Bedarf es dazu noch eines Kommentars? Die
„spezies expressivae“ das ift für jeden denkenden
Menfchen im übertragenen Sinne nichts anderes
als was wir dem Schöpferifchen in der Kunft
heute als Expreffionismus anfprechen.
Pro Ärte
Ein Kreis von Kunftfreunden hat in Bafel eine
Äktiengefellfchaft gegründet, die unter der Firma
Pro Ärte eine 3entralftelle für Begutachtung und
Vermittlung von Kunftwerken ins Leben ruft.
Mit einem Stab wiffenfchaftlid) und tedmifch
gebildeter Mitarbeiter, auf Grund einer über
alle Kunftländer verzweigten Organifation, will
die Gefellfchaft dem Kunftfammler, dem Käufer
und Verkäufer eine gewiffenhafte, wohl fundierte
Beratung bieten; fie hofft, fo manchen offen-
kundigen Mißftänden auf dem Kunftmarkt (ge-
zeitigt durch wilden Fjandel, nicht durch be-
gehende reelle Gefchäfte) begegnen zu können
und damit der Kunft und Kunftpflege überhaupt
zu dienen. Für die Leitung Pro Ärte (Domizil
in Bafel: Freieftraße 17) wurde Dr. Jules Coulin,

den Lefern des Cicerone als langjähriger Mit-
arbeiter wohlbekannt, gewonnen.
Das Dante-Porträt in Ravenna
Wie man kürzlich in der Cagespreffe lefen
konnte, will man in der alten Bafilika des hl-
Franziskus in Ravenna bei Reftaurierungsarbeiten
ein Bildnis des berühmten Dichters entdeckt
haben, das kürzlich im „Giornale d’Italia“, wenn
auch recht unvollkommen, reproduziert war.
Dante ift bekanntlich 1321 in Ravenna in der
Verbannung geftorben und im dortigen Franzis-
kanerklofter beigefeßt worden. Bei Ärbeiten im
linken Seitenfchiff von San Francesco, und zwar
gerade über der Cür, die ins Franziskanerklofter
führt, trat auf einem freigelegten Streifen ein
Fresko zutage, das in halber Lebensgröße (im
ganzen noch gut erhalten) einen im Profil da-
fißenden Mann zeigt, der nachdenklich den Ärm
auf das linke Knie geftüßt hat und den Kopf
in der linken Pjand geborgen hält. Ein falten-
reicher weiter Mantel verhüllt den Körper, fo
daß der Fjals frei aus dem Gewände hervor-
wächft. In Italien ift die Meinung, ob es fid)
um ein authentifches Bildnis Dantes handelt oder
um das Idealporträt eines beliebigen Dichters
fehr geteilt. Denn der Stil Giottos, der in dem
Fresko wahrnehmbar ift, beweift allein noch
nichts und auch die Catfache, daß eine gewiffe
Beziehung zwifchen diefer Malerei und dem
anderthalb Jahrhunderte fpäter von Pietro Lom-
bardi entworfenen Relief am Grabmal des großen
Dichters in der kleinen Kapelle an der Via Dante
in Ravenna befteht, erfcheint ebenfowenig be-
weiskräftig. Man tut deshalb gut, der neuen
Entdeckung gegenüber eine gewiffe Referve zu
üben, bis zuverläffiges Material für die leßte
ikonographifche Feftftellung vorliegt.
Der Kolmarer Rembrandt
Die Gefd)id)te des Rembrandtbildes, das kürz-
lich in Coronto wiederaufgetaucht ift, beschäftigt
gegenwärtig fehr ftark die Öffentlichkeit. Klie
erinnerlich, hatte der Bürgermeifter der Stadt
Kolmar feinerzeit in den Verkauf des Klerkes
an einen Münchner Kunfthändler eingewilligt
und von diefem war es nach Stockholm weiter-
verkauft worden. Neuerdings meldet nun die
englifche Preffe, daß ein Sammler in Finnland,
der es offenbar wieder aus Stockholm über-
nommen hat, dasfelbe Klerk an eine New Yorker
Kunftßrma weiter veräußerte, die es ißrerfeits für
1 !/„ Millionen Franken an den kanadifcßen
Bankier Klood verkaufte.
Änlaß zu diefer feltfamen Klanderung eines
echten Rembrandtbildes, das zwar nicht zu den

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