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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Ausstellungen
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Ausheilungen

Ausheilungen
Rl)einifd)e Äusftellungen
Düffeldorf. Bei Flecbtbeim war Julius
Breß ausgeftellt, ehemaliger Düffeldorf er Aka-
demiefdjüler, der dann fdjleunigft den Staub
von feinen Füßen fdjüttelte. Der ausgefprodbene
Erfolg, den diefe ÄLisftellung beim Publikum
hatte, fpricht für die Ehrlichkeit beider Ceile.
Denn Bre^ ift alles andere als expreffioniftifcb
orientiert, feine Begabung ift zu ausgefprochen,
um ihn Mitläufer einer Kunft werden zu laffen,
die für ihn ein fremdes Kleid fein würde. Er
hat alfo den Vorzug der Ehrlichkeit, heute äußerft
feiten, befonders in Verbindung mit Calent. Bei
ihm dominiert die 3eid)nung, eine korrekte 3ei<b-
nung, die gerade den kleinen Gegenftänden viel
3uneigung zuwendet. Darin liegt deutfche Cra-
dition. Es ift zu hoffen, daß er diefer Begabung
nicht untreu wird. Es gibt Bilder, die einen
gewiffen Argwohn in diefer Richtung nicht ganz
von der Fjand weifen. Sie bedeuten einen Aus-
flug in ungewohnte Geßlde farbiger Auflöfungs-
probleme. Mit anderen deutfchen Dingen, wie
Gefühl und Stimmung, nur brauchbar, wenn in
fehr frifchem 3ußand, aber nicht abgegriffen
durch die Jahrhunderte, ift er fchwer belaftet;
eine große Sonnenblume neben einem Bauern-
haus fchweigt bzw. redet wie der Mondfehein-
geiger von O)oma. Die Cecbnik erinnert oft an
die eines anderen Gemütvollen, an Segantini.
Man kann derartigen Begabungen nicht genug
Fjärte der 3ei<bnung wünfdjen und fie nicht
genug auf die Schwierigkeiten hinweifen, eine
Fläche rein malerifch zu bewältigen. Von feiner
Vorliebe für dunkle braun-violette Cöne könnte
er fich emanzipieren, ehe fie fein „Stil“ zu
werden droht.
Barmen. Das „Junge Rheinland“ wandert
zur 3eit durch die Städte. Es hat fich etwas
gemaufert feit Düffeldorf, aber es wird fein
Kompromißkleid nicht los. Es find nach wie
vor die heterogenften Elemente vereinigt. Bilder,
die nichts miteinander zu tun haben oder fiel)
fchlagen. CUenn man nicht wüßte, daß das
einigende Element nur noch rückwärts zu fuchen
ift, ein Blick auf die fengende Düffeldorfer Aka-
demieatmofphäre, wären gemeinfame Tendenzen,
nach vorwärts hin wenigftens, nicht zu ent-
decken. Von Macke ift eine fehr geruhfame,
feuchte Rheinlandfchaft binzugekommen, fehr
wenig expreffioniftifcb, aber fehr viel beffer als
fpätere Sachen, die die Gefahr des Änfcbau-
ungsunterrichts bedroht, ganz i n der 3eit, aber
frei von doktrinären Forderungen. Campen-

donk mit Gauguinfcben Reminiszenzen ift un-
gleich, er möchte kultiviert fein, aber fürchtet
fich, und doch füllte er fid) damit abfinden. Er
ift einer von den wenigen Neuen, die es riskieren
könnten. Von Nauen brauche ich rnich nicht
zu äußern, er ift beute der typifdje Vertreter
rbeinifeber Kunft. Es ift nur zu bedauern, daß
fein großes Erntebild fehlt, es hätte der Aus-
stellung einen ftarken Akzent gegeben und vieles
andere in die Ecke gefchickt. Klie wenig Max
Ernft in diefen Verein gehört, wurde fd)on an
anderer Stelle gefagt. Im Gegenfafe zu deffen
Unausgeprägtbeit und Unklarheit ift bei ihm
alles feft und präzis, ohne die bis zum Über-
druß erlebte Abftempelung, ohne Verlegenheit
infolgedeffen und die tötende Langeweile des
Üblichen, vielmehr — losgelöft, luftig bis zu frech
in der Erßndung und von rein formaler Pban-
tafie. — So macht fich Fjerr Ernft auf diefer
günftigen Folie des Durchfchnitts, mit dem er
zufammenbängt. Für fich allein befeben tritt
manches heraus, das man wegwünfd)t, nicht fo fehr
Ungezogenheiten der Farbe (wie ein bronziges
Rot der Bäume, deffen Eon wie Erommelwirbel
die Unwirklichkeit der übrigen Kielt durchbricht),
als vielmehr eine Cendenz und Kampfluft, die zu
fehr betont, zu wenig erlebt, die in der Ge-
finnung vorzüglich, aber zu unvermittelt in das
Bild getreten ift, auch ein Feld-ttlald-CUiefen-
Proletariertum, das in die verruchte Ätmofpbäre
des Literarifcben binüberfpielt. Schade, daß bei
fo Begabten auch wieder Jugend ihr Recht zum
Aufbraufen haben will und fich damit zu den
übrigen Gefpielen begibt.
Der Durcbfcbnitt des Vereins macht in „an-
mutig, beroifcb, dämonifcb, fittlicb, real“ je nach
Cemperament und Bedürfnislofigkeit. Er kramt
in altem Fjoffen herum, ohne gefcbüttelt zu
werden von der 3eit and fid) daher wirklich
zu geben. F). v. GUedderkop.
Berliner Äusftellungen
Als Güilbelm Lebmbruck vor Jabresfrift
plötzlich aus dem Leben febied, empfanden wir
alle den febweren Verluft und betrauerten den
früh Vollendeten. Jeßt, da zum erften Male bei
Paul Caffirer fein Lebenswerk zufammen-
geftellt ift, erkennen wir, daß diefer Verluft un-
erfe|bar ift. GUir treten voll tiefer Scheu wie
in einen Cempel und fühlen, daß hier die kurze
Lebensarbeit eines der tiefftfüblendften und
felbftändigften Künftler vereint ift.
Er brauchte viele Jahre der Vorbereitung,
febwankte länger als andere bin und her, ohne
irgendeine Eigenart zu verraten. Dann aber
brach es plötjlid) aus ihm hervor, und fein

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