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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 4
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Ausstellungen
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Von Künstlern und Gelehrten
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0191

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Ausheilungen — Von Künftlern und Gelehrten

länder und Belgier um 1600, darunter einen
Cornelis van Haarlem „Luftige 3ed)er“ (im Beߧ
des 5errn Konfuls Mosle) und fdjöne Land-
fdjaften des Jodokus de Momper. Endlich fran-
zöfifdje, englifdje, deutfche Arbeiten des 18. Jahr-
hunderts und bis ins 19. Jahrhundert hinein, zum
Teil anonym oder notgetauft. Für Kunfthiftoriker
allerlei Raritäten und Anlaß zum Rätfelraten,
aber auch für den Kunftfreund Anregung genug,
vor allem zum Selbftfammeln. — Unergiebig die
Äusftellung, die vorausging, bis auf eine Kol-
lektion von Oscar Moll, der jet^t in Breslau
lebt. Man kennt feine Art: befte franzöfifdbe
Erziehung, entwickelte Cezannefcßule, viel Ge-
fchmack, mehr noch: Kultur. Aber wenig Blut;
man möchte auch wiffen, ob er ein Skelett hat
und warum er feine unfterbliche Seele fo fdjam-
haft verbirgt. Alles wird blumenhaft unter den
allzu wiffenden Händen, Landfchaft, nackte Frau;
das Stilleben gerät natürlich am beften. Nie
doch wird er etwas verderben; er kennt feine
Grenzen. Für die Leipziger Künftler vortreff-
liche Gelegenheit, etwas und gerade diefes zu
lernen. Dann ein Kupferfchnittzyklus des Leip-
ziger Graphikers Curt Hoelloff, 24, zum Teil
farbige Blätter. Er hat etwas zu fagen und tut
es auf fehr eigene Art. Von ihm und feiner
Kupferfchnitt-Uechnik könnte in diefen Blättern
einmal Cüeiteres berichtet werden. — Ende Januar
eröffnete die Galerie Remmler & Co. eine
Pech ft ein -Äusftellung von einigen 30 Bildern
und etwas Graphik, ältere Arbeiten (bis 1909
zurück) aus Leipziger Privatbefi^, ergänzt durch
ttlandergut des Kunfthandels. Im Gefamtein-
druck ein wenig deprimierend. Man hat, offen-
bar um dem Leipziger Bürger „neue Kunft“ in
einer bekömmlichen Form zu präfentieren, zu
viel auf jenes 3ahme und Hübfdbe hin arrangiert,
das diefen Künftler mehr als andere feines Kreifes
populär gemacht hat. Aber das ift nicht der
ganze Pechftein und ficherlid) nicht der befte
Teil feines Temperaments. Schlimm genug für
Leipzig, daß man diefe Äusftellung tro^dem als
ein künftlerifches Ereignis buchen muß.
Ewald Bender.
Rom
CUie die Tribuna meldet, wird die Stadt Rom
im Herbft diefes Jahres zur Erinnerung an die
vor 50 Jahren erfolgte Proklamation als Fjaupt-
ftadt des neuen Königreichs eine größere rück-
fchauende Äusftellung veranftalten, die alles an
Malerei, Plaftik, Architektur und angewandter
Kunft umfaffen wird, was für die Gefd)id)te der
Stadt in den lebten fünf Jahrzehnten hiftorifch
bedeutfam erfcheint. In der Abteilung Archi-
tektur foll der lüerdegang der römifdjen Bau-

kunft von 1870 bis 1920 veranfchaulicht werden.
Eine Cat, die hoffentlich zu der Erkenntnis führt,
daß diefe Periode nicht nur in Italien, fondern
auch anderswo zu den traurigften und innerlich
ärmften der ganzen Vergangenheit gehört.
Von Künftlern und
Gelehrten
Paul Merfe von Szinyei f
Im Alter von 75 Jahren ift der Neftor der
ungarifchen Malerfchule in Jernye im Komitat
Maros geftorben. Ülenn irgendeiner jener nidjt-
deutfchen Künftler, die in dem München der
fechziger und fiebziger Jahre ihre Ausbildung
genoffen haben, dann rechnet Merfe von Szinyei
mittelbar auch zur deutfchen Kunftgefchichte.
Als Schüler Pilotys und Ateliernachbar Böcklins
erfuhr er wie Leibi und fein Kreis auf jener
Münchner Äusftellung von 1869 den überragen-
den Einfluß der Perfönlichkeit Courbets. Mit
Manet, Renoir u. a. wurde er damals ein Pfad-
finder der neuerwachenden Pleinairmalerei, deren
bedeutfamftes Denkmal fein oft reproduziertes
„Maifeft“ von 1873 ift, das fich feit vielen Jahren
im Mufeum zu Budapeft befindet. Dies ift Höhe-
punkt feines Schaffens geblieben, fo zahlreich
und beachtlich auch fonft noch die Arbeiten von
feiner Hand fein mögen, die vor und nach diefem
Ulerk entftanden find. An Böcklin erinnern
mehrere feiner Bilder aus dem Ende der fechziger
Jahre, Leibis Einfluß dagegen ift vielleicht am
ftärkften auf dem Bildnis feines Vaters (1870)
offenbar, daneben auch auf einigen Frauen-
porträts (Dame in Lila u. a. m.), die in den fieb-
ziger Jahren entftanden. Später ergiff ihn ganz
der 3auber feiner ungarifchen Landfchaft. „Der
wilde Mohn“ von 1896 hängt als befte Probe
echter Szinyeifcher Landfchaftsmalerei ebenfalls
im Mufeum zu Budapeft.
Hat Szinyei in fpäteren Jahren auch nicht mehr
viel gemalt, fo war doch feine Führerrolle feit
dem Tage des Impreffionismus in Ungarn un-
beftritten. Als Neftor einer jüngeren Generation
präfidierte er dem berühmten Künftlerftammtifch
im Cafe „Japan“ an der Andraffy üt, und hier
verehrte man den alten „Pali Bazi“ neidlos im
Sinne feines hiftorifchen Ulerkes. Ich felbft habe
oft und lange mit ihm in der gaftlichen Stadt
an der Donau zufammengefeffen und konnte ihm
1911 das erfte fertige Exemplar jener prächtigen
Monographie von Bela Läzär überbringen, die
damals in reicher Ausftattung bei Klinkhardt
& Biermann erfchien. Das war für den lieben

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