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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 7
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Büchersammelwesen
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Neue Bücher und Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0326

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Neue Bücher und 3eitfd)riften

zu. Er leidet an der dielt, Unter diefen Selbft-
bekenntniffen charakterifieren „Äfchaffenburger
Cagebuch“, „Septemberfchrei“, „Fjymne der
Bruderliebe“, „Mondßichelgefang“, „Den Bäumen
meine herzhaften Hüffe“ ihn am beften. der
follte im Bilde wiedergeben, was diefer ruhe-
lofe Menfch in feinem Mitmenfchen erhorchte,
wie er die dielt, die Natur fieht, als nur er
felbft! Diefe 3eidmungen übertragen mit un-
erhörter dlucht den eignen inneren Kampf in
das erfcheinende Kunftwerk, das Subjekt wird
Objekt. Diefe 3ei<hnungen erfüllen die Forde-
rung, die er an die Maler [teilt: die wahrhaften
Rebellen und Propheten unferer 3eit zu fein,
die uns zu den Grfprüngen, zum elementaren
Mutterboden zurückführen, dler [ich von fo
brünftigen Bekenntniffen in dlort und Bild ab-
wendet, weiß nicht, was geiftige Befonderheit,
was Sprache einer Perfönlichkeit bedeutet.
Georg Minde-Pouet.
Neue Bücher und
Grundzüge der Stilentwicklung
nennt Karl Ernft Ofthaus ein angeblich be-
reits 1918 in der IJagener Verlagsanftalt
erfchienenes mit prächtig ausgewählten Ab-
bildungen durdjfegtes und vorbildlich gedrucktes
fchmales Buch, das uns offenbar erft mit ftarker
Verfpätung zur Anzeige zugegangen ift.
Denn fonft wäre es Pflicht gewefen, unfere
Lefer längft auf diefe Veröffentlichung hinzu-
weifen, deren Studium ein einziger ungetrübter
Genuß ift. Gerade gegenüber einem fogenannten
Kunftakrobatentum, mit dem in legter3eit auch
Schriftfteller von Rang und Namen kunfthifto-
rifche und äfthetifche Probleme anzufaffen be-
liebten, in dem fie ein Saltomortale von Phrafen
und künftlich gefchraubten dlortkonftruktionen
aufführten, wirkt Ofthaus’ Schrift durch lapidare
Sachlichkeit und wundervolle Größe des Stiles
erfrifcßend und überzeugend. Diefer feine Kopf,
in dem [ich die ftarke Empfindung des Künftlers
mit der kühlen Geiftigkeit des Gelehrten zur
lebten Einheit zufammenfchließt, überfdjaut ein
Ganzes in feinen innerften Notwendigkeiten und
weil er diefes intuitive dliffen hat, fo wird es
ihm leicht, das einzig dlefentliche in einer
klaffifch reinen Sprache zu Gehör zu bringen.
Ändere hätten über das 0)ema diefes Buches
Bände gefchrieben. Ofthaus, der die Materie
künftlerifd) zu formen weiß, fagt vielleicht rrtehr
und dlertvolleres auf rund fiebzig Seiten. Schon
die einfache Aufzählung der Kapitel deutet die
Vendenz diefer „Stilentwicklung“ an: Ägypten/
Griechenland / Alexandrien, Rom, Byzanz / Früh-

islamifdje Kunft / Romanifche Kunft / Gotik /
Die Alhambra / Die Renaiffance in Italien / Die
byzantinifche Renaiffance / Der Barock / Dazu
eine Einleitung und eine Schlußbetrachtung. —
In diefen fdjarf umriffenen Abfcßnitten ift je-
weils das geiftig-künftlerifche Geficht der Epoche
feftgehalten, beffer gefagt, auf die legte eigent-
liche Formel gebracht, ünd wo, wie in der
Mehrzahl der Fälle, perfönliches Erlebnis an-
gefichts der Originale die Melodie des CQortes
raufchender macht, fühlt man den Künftler am
ttlerke. Als Beifpiel fei gleich das erfte Kapitel
„Ägypten“ genannt, das Ofthaus an Ort und
Stelle entdeckte. Auf drei Seiten ift alles gefagt,
was in diefem 3ufammenhang erfaßt fein will.
Ferner der Äbfchnitt „Griechenland“, das ähnlich
erlebt ift. Fjier fteht am Schluß einer jener la-
pidaren Säge, an denen dies Buch fo reich ift,
die immer wieder zur Perfönlichkeit des Ver-
faffers bekehren: „Verlangten Ägypten und der
Orient ein ftreng formales Gegenüber von Menfch
zu Menfch, fo entfaltete in Bellas das befreite
Körpergefühl den vollen Reichtum dreidimenfio-
naler Bewegung. Die Dreizahl der Chariten
mutet uns an wie ein Symbol diefes neugefcßaf-
fenen Verhältniffes von Menfch zu Menfch.“
Oder man nehme die Äbfchnitte über die Al-
hambra (jeder Profeffor der Ärchitekturgefchichte
könnte davon lernen) oder den über die byzan-
tinifche Renaiffance, der eine völlig neue Ein-
teilung erzwingt! Überall fühlt man die intui-
tive Erkenntnis des Künftlers, dem die alte Kultur
nicht wiffenfchaftliche Doktrin, fondern urfprüng-
lichftes Erlebnis bedeutet.
Mit diefem denigen ift ach zu wenig erft
von dem Reichtum diefes einzigartigen Buches
angedeutet. Und doch muß es damit fein Be-
wenden haben; denn auch den anderen foll es
zum Erlebnis werden, wie es feine Lektüre für
mich gewefen ift. Gilt aber im Guten der Sag,
daß Bücher ihre Sdnckfale haben, dann wird
diefes Bekenntnis einer Perfönlichkeit, deren Cat
wir fchon fo heißen Dank fchulden, bald in den
Fjänden vieler Menfchen fein, für die auch die
Monumente der Vergangenheit noch immer ein
Stück jener ewig feienden Schöpferkraft be-
deuten, die keinen Anfang und kein Ende hat.
Biermann.
Die Malerei im 19. Jaljrljundert1
Der Citel ift irreführend, denn was der fetjr
umfangreiche Cextband erörtert, ift nicht die
Malerei des 19. Jahrhunderts, fondern die Ma-
lerei der legten vierzig Jahre. 3war geht die
1 Max Deri: Die Malerei im 19. Jahrhundert. (2 Bde.
Paul CafJIrer Verlag, Berlin.)

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