Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Pelka, Otto: Gotische Elfenheine
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0467

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BEB BDISTSÄMMIJEB


Von OTTO PELKA
Mit 10 Abbildungen

Elfenbeine


rots aller wichtigen Ergebniffe, die in den lebten Jahren angeftellte ünterfud)ungen


über das Formproblem der Gotik and) für die plaftifdje Kunft zutage gefördert

A haben, find docl) manche Fragen noch ungeklärt geblieben, weil die Frageftellung
eine ausfd)öpfende Antwort erfd)werte, wenn nicht verhinderte. Indem man das Haupt-
gewicht auf die Stilpfychologie der Architektur und der Monumentalplaftik legte, über-
[ah man jene Erfcheinungen der Bildnerei, die ein von der raumgeftaltenden Kunft
und ihrem 3ubel)ör unabhängiges Leben zu führen beftimmt waren. Das waren in
erfter Linie die Elfenbeinfchnißereien, in gewiffer Beziehung aber auch die Fjolzplaftik
der Altarfdjreine.
In der Entwicklung der gotifchen Elfenbeinplaftik liegt um die Mitte des 14. Jahr-
hunderts ein Wendepunkt für die Relieffchnitjerei. Vergleicht man aus diefer 3ßit
ftammende Arbeiten mit folchen Werken, wie fie aus der fogenannten Werkftatt der
Marienaltärchen (Abb. 1) hervorgegangen waren oder mit dem Diptychon von Soiffons
aus der zweiten Hälfte des vorangehenden Jahrhunderts (Abb. 3) und den ihm ver-
wandten Cabernakeln aus der erften Hälfte des 14. Jahrhunderts (Abb. 2, 4), fo wird
man ohne weiteres den grundfätjlichen CInterfchied bemerken, der fie nicht etwa aus-
fd)ließlid) im Hinblick auf die Qualität der Ced)nik voneinander trennt.
Die Vorzüge der Plaftik des ausgehenden 13. Jahrhunderts hatten in der erften Hälfte
des 14. Jahrhunderts willige Nachahmung gefunden, ünd folange Meifter am Werke
waren, die ein intuitives Verftändnis für die Schöpfungen der monumentalen Plaftik
hatten, felbft wenn deren Kenntnis ihnen aus zweiter Hand hauptfäd)lid) auf dem Um-
wege über die Miniaturmalereien vermittelt wurde, entftanden Arbeiten, die in ihrer
natürlichen Anmut, der harmonifchen Geftaltung der Gewandfiguren, der Einfachheit und
Vornehmheit ihrer Bewegungen und der reizvollen 3artheit der Motive, fowie in einer
nicht abfichtslofen Ökonomie der Szenenauswahl und in der Befchränkung auf eine
zum Verftändnis des Vorganges notwendige Perfonenzahl immerhin auf einer be-
achtenswerten Höhe ftanden. Freilich, zu dem Range felbftändiger Kunftwerke erhoben
fid) diefe Cabernakel nie, weil ihren Verfertigern zur vollen künftlerifchen Reife das
Schöpferifche einer fruchtbaren Phantafie, die Kraft unmittelbarer künftlerifcher Än-
fchauung fehlte.
Ein kurzes Eingehen auf die Hauptftücke der bereits erwähnten, fiel) befonders ge-
fd)loffen heraushebenden Gruppen, die der Werkftatt des Diptychons von Soiffons und
die der Marienaltärchen foll die fiel) anfd)ließenden Ausführungen über die feit dem
zweiten Drittel des 14. Jahrhunderts entftandenen Reliefs beftätigen. Ein älteres Stück
der Soiffons-Werkftatt, die ihren Namen von dem einzigen Werk hat, das nachweis-
lich bis zu feiner Überfiedelung nach London in Soiffons, feiner vermutlichen Y^eimai,

Der Cicerone, XII. Jahrg., Heft 11

33

439
 
Annotationen