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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 11
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Kunstpolitik
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0477

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Hill

Die 3eit un
Kunppolitik
Kunftpropaganda in Ämerika
In New York ift kürzlich eine „Gefellfchaft zur
Förderung der internationalen Wiedergeburt des
Kunftgewerbes“ gegründet worden, die, charak-
teriftifcb genug, von Deutfchland und Öfterreich
ganz abfetjen zu wollen fcheint und nur3weige
in London, Paris und Rom eröffnen will. Der
Name der Gefellfdmft befagt zur Genüge die
mit ihr beabfichtigten 3wecke. Es foll keine
eigentliche Agentur für Kauf und Verkauf er-
richtet werden, wohl aber will man Informations-
bureaus und Äusftellungshallen in den verfchie-
denen 3entralen auftun. Wie weit es fid) hier
um eine mehr oder weniger „gefellfcbaftliche“
Gründung für die Reichen handelt, bleibt abzu-
warten. An das „Volk“ aber fcheint man offen-
bar nicht recht gedacht zu haben, trotj aller
„Demokratie“ im nimmer müden Munde.
Neben diefer Gründung wird New York nun
auch ein ftändiges franzöfifchesGewerbe-
mufeum erhalten, das von Paris aus vom fran-
zöfifchen Ministerium geleitet und unterhalten
werden foll. Es handelt fiel) da alfo um eine
weitere „kulturelle“ Propaganda, was auch klar
genug aus der Begründung für die Notwendig-
keit eines folctjen Inftitutes hervorgeht. In ihr
heißt es u. a., daß es nötig fei, den Amerikanern
zu zeigen, daß das moderne franzöfifche Kunft-
gewerbe beffer fei als das deutfcße. In Frank-
reich habe jefet eine neue Ära künftlerifcher Pro-
duktion und Schöpfung eingefetjt, die zwar der
alten Cradition folge, fie aber nicht etwa bloß
nachahme. Es fei ja wahr, daß vor dem Kriege
das moderne franzöfifche Kunftgewerbe ein
wenig von dem deutschen in Schatten geftellt
worden fei, das eben nur zu eifrig die urfprüng-
lid) franzöpfchen Ideen für moderne Dekoration
aufgegriffen und dadurch, wenigftens in ge-
fchäftlicher Beziehung Frankreich in diezweite
Reihe gedrängt habe, aber das muß und werde
nun anders werden, und dazu folle das fran-
zöfifcße Kunftgewerbemufeum beitragen. Ond
hier glaubt man das alles wohl auch, wie man
eben überhaupt alles Gedruckte glaubt, falls
man es glauben will.
Es dürfte von Wert fein, wenn man fid) an
maßgebenden Stellen in Deutfchland diefes
Schrittes feitens Frankreich bewußt wird. Noch
ift wohl die 3eit nicht gekommen, einen ge-
eigneten Gegenfehritt zu unternehmen, wiewohl
deffen Vorbereitung durchaus ratfam wäre,
denn wenn einmal die Verhältniffe wieder gün-

d der Markt

ftiger liegen, follte alles aufgeboten werden, um
hier unferem Kunftgewerbe einen guten Boden
zu bereiten. Daß das möglich ift bei der nötigen
Sorgfalt, Umficht und auch Cakt, kann kaum
bezweifelt werden. F.
Äusßellungen
New Yorker Äusftellungen
Mrs. Älbert Sterner, unter deren Ägide bei
Messrs. Knoedler häufig Künftler von eigen-
artiger Begabung in „Einmannsfchauen“ vorge-
führt werden, brachte vor kurzem die Gemälde
zur Ausftellung, die Rockwell Kent im Winter
1918/19 in Alaska als Frucht feines dortigen,
faft einfiedlerhaften Lebens gefchaffen hatte. Vor
diefen Vifionen aus einer riefigen Berg- und
Eiswelt fteht man wie vor neuen Offenbarungen.
Der Künftler hat fid) den überwältigenden Ein-
drücken diefer gewaltigen Maffen, diefer klaren,
fcharfen Linien und diefer ungebrochenen Far-
ben, diefer prahlenden Sonne, fo lang und fo
oft fie fchien, wahrhaft kindlichen Pjerzens aber
mit männlicher Fjand hingegeben und fie zu Ge-
bilden verdichtet, die wie Mufik die Schauer
des Erlebens beim Anfehen wieder erzeugen.
Kent hat fid) durch diefe Schöpfungen mit an
die Spitze der neuen Kunftbewegung hierzulande
geftellt. Viele diefer Gemälde find, leider in wenig
guten Reproduktionen, als Abbildungen zu feinem
AlaskaerCagebud) beiG.P.Putnam, „Wilderness“
(Wildnis) betitelt, jeßt veröffentlicht worden.
Diefes köftlid) frifche Buch erregt berechtigtes
Äuffehen bei dem kunftliebenden Publikum. Es
wird fid) lohnen darauf wie auf den Künftler
felber fpäter einmal des näheren einzugehen.
Ein anderer Künftler, der eine ausführlichere
Behandlung verdient, momentan aber nur mit
wenigen Worten hier vorgeführt werden kann,
ift Fjunt Diederid), deffen Bildhauerwerke in
fehr gefchmackvoller Aufftellung bei Kingore
zu fehen find. Man könnte Diederid), der mütter-
licherfeits von einem der tüchtigften amerika-
nifchen Maler abftammt, während fein Vater ein
Sohn der Mark Brandenburg, dann aber Be-
wohner der ungarifchen Pußta war und dem
Künftler eine faft primitive Luft und Liebe zu
Pferden und Fjunden, zu Bewegung und Jagd
vererbt hat, den Beardsley der Bildhauer nennen,
fo lebendig, fo eigenartig, fo voll ficherer Kraft
wie ein gefpannter Bogen ift feine Linie, fo
dekorativ weiß er fie zu verwenden, wobei der
d)arakteriftifd)e Kern des Dargeftellten aber nur
gewinnt. 3wei oder drei Vorbilder haben auf

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