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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 12
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Kunstpolitik
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0505

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Die 3eit und der Markt

Kunßpolitik
Der Reichskunftwart und die
neuen Poftwertzeidjen
Der Reichskunftwart, der in letzter 3eit des
öfteren bei offiziellen Gelegenheiten neben feinem
Minifterkollegen Fjänifd) in der Öffentlichkeit er-
fcheint und dabei gern das ttlort ergreift (auch
wenn es kluger Caktik mehr entfpräche, lieber
Caten vorzuweifen als Programme zu entwickeln),
glaubt eines befonderen Sprachrohrs zu bedürfen,
um feine Gedanken und ülerturteile der Öffentlich-
keit zu unterbreiten und hat fich zu diefem 3weck
ein eigenes Organ gefchaffen, das als „Mitteilungen
des Reichskunftwarts“ in großer Auflage Lei-
tungen und 3eitfd)riften zugeht. Fjeft 1 be-
handelt das Ergebnis des Briefmarken-Preis-
ausfchreibens, das — fo betont Redslob aus-
drücklich — „vor der Schaffung der Stelle des
Reichskunftwarts erlaßen ift, gegen deren Sinn
es ja eigentlich verftößt“. Daß diefes Preisaus-
fcßreiben keiner glücklichen Idee entfprungen,
fühlt auch der Reichskunftwart. Derartige <XIett-
bewerbe find gewiffermaßen die ewigen Begleit-
erfcßeinungen der Bureaukratie, die — wie man
weiß — nach der Revolution in deutfchen Landen
üppiger denn je ins Kraut gefctjoffen ift. Die
wirklich fchöpferifchen Kräfte in der Kunft ftehen
nun einmal oberhalb jener Linie, die die goldene
Mitte abgrenzt und die Erfahrung lehrt, daß bei
allgemeinen Preisausfchreiben Künftler von Eigen-
art und begründetem Ruf grundfä^lid) nicht mit-
zumachen pflegen, zumal wenn fie fid) — wie
in diefem unglückfeligen Fall — einem Preis-
gericht gegenüberfehen, das bunt genug gemifcht
aus Vertretern der Poftverwaltung, Künftlern,
Kunftfachverftändigen und Mitgliedern der Na-
tionalverfammlung, eine wahrhaft moderne
Phypognomie von vornherein vermißen ließ. In-
folgedeffen konnte auch das Ergebnis diefes
Cüettbewerbes trolj aller Befd)önigungen des
klugen Reichskunftwartes kaum anders ausfallen
als wir es leider erleben mußten. Denn fieht
man von ganz geringen Ausnahmen ab, für die
auch Redslob in feinen Mitteilungen mit Nach-
druck eintritt, fo darf man fagen, daß diefes
Preisausfchreiben ein einziges trauriges Fiasko
auf der ganzen Linie bedeutet. Aber diefe Feft-
ftellung belaftet keineswegs die Leiftungsfähig-
keit moderner deutfdjer Kunft als folche, fondern
vielmehr die Idee des Cüettbewerbes an fich,
die echt bureaukratifchem Empßnden entfprungen
ift. Die neue deutfche Briefmarke ift eben auch
unter den 4000 eingegangenen Entwürfen nicht

gefunden, weil fich bei diefem Cüettftreit in der
fjauptfache die Maße der mittleren und kleinen
Calente getummelt hat. 3weifelt der Reichs-
kunftwart ernftlich an der Möglichkeit, die rich-
tigen Kräfte für eine folche Aufgabe zu ßnden?
Glaubt er, daß fie etwa nicht vorhanden feien?
Dem müßte mit aller Entfchiedenheit wider-
fprochen werden. Die „Notbrücke“ des Cüett-
bewerbs freilich muß lieber heute als morgen
abgebaut werden. Denn die Konzeffion an die
Maße hat keine Berechtigung, wenn es ßch —
wie in diefem Falle — um eine weithin fid)tbare
Manifeftation deutfchen Kulturwillens handelt.
Er fordere nur die wirklichen Calente in die
Schranken und fie werden zeigen, was fie können.
Vor allem aber: Der Reichskunftwart felbft fei
fchöpferifch. So fympathifch der feine Cakt
auch anmutet, mit dem er bisher hervorgetreten
ift, mit der Repräfentation nach außen hin ift
es allein nicht getan. Dies Amt, foll es auf die
Dauer einen Sinn haben, fordert eine Perfön-
lichkeit und die ift ohne ein entfchiedenes Be-
kenntnis zu höchfter fchöpferifcher Qualität im
Sinne der Moderne nicht denkbar. Cüerden wir
feiner Initiative demnächft — nach jenem ver-
unglückten Cüettbewerb desReichspoftminifters —
wirklich die neue Briefmarke danken dürfen,
dann hat er ßch um unfere Kultur ein Verdienft
gutzufchreiben, das ihm fobald nicht vergeffen
fein foll. B.
Gegen die Luxusfteuer auf Kunft-
werke
Cüie in Berlin, Frankfurt, München und anderen
Orten hat fich kürzlich auch die Düffeldorfer
Künftlerfchaft zu einem gefchloffenen Proteft
gegen die Luxusfteuer zufammengefunden, die
uns im (Ilortlaut vorliegt. Die Refolution führt
aus, daß die Steuer in gleichem Maße ungerecht,
unfozial, unwirtfchaftlich, kunftzerftörend und
kulturfchädlid) fei und fdjließt mit folgenden
Cüorten: „Aus allen diefen Gründen wehrt ßch
die Düffeldorfer Künftlerfchaft mit aller Ent-
fchiedenheit gegen die Übertragung des Luxus-
begriffes auf die Kunft und fo erhebt fie gegen
die Einführung der Luxusfteuer auf Kunftwerke
den fchärfften tüiderfpruch.“
Das franzö[ifd)e Äusfufjrverbot
Seit dem 29. April unterliegt in Frankreich jede
Ausfuhr von Kunftwerken der befonderen Ge-
nehmigung des Staates. Gibt diefer feine 3U“
ftimmung, fo wird für jedes auszuführende Kunft-
werk im ttlerte bis 100000 Frcs. ein 3oll von
50°/0 — für folche von höherem Cüerte 100°/0
3oll erhoben.

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