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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 14
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Wedderkop, Hermann von: Paul Klee
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0555

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Paul Klee

Mit 13 Abbildungen / Von H. v. WEDDERKOP

Die neue 3^it möchte möglicpp unvermittelt die eigenen Ideen an Stelle der alten
fetjen, und zwar will pe eine der radikalen Umftellungen, die jemals gefordert
pnd. Daß pe alles, was alt fcpeint, im Übereifer wegwirft, ift ipr gutes Recpt,
da fiep Neues nicpt fcpaffen läßt mit dem Rückwärtsblick auf das Alte gewandt. Sie
will Neues fcplecptpin, aber bei der Frage nach dem „Klie“ und „Klas“ des Neuen
orientiert pe pcp zunäcpft einmal auf das Negative: es foll nicpt mepr der Impreffio-
nismus mit feiner Kleltanfcpauung und feinen Kunftmitteln gelten. Aber die Legitimation
des neuen Klillens ergibt pcp nur aus dem Poptiven, nicpt fcpon aus der Negation
einftmals gültiger und bewäprter Anfcpauungen.
Diefe Legitimation wird aucp nicpt bekräftigt durcp den Umfang der Forderungen,
die naiv von einer Anzapl Scpwelger geftellt werden. Diefe allzu literarifcpen Forde-
rungen find nicpt prägnant genug, und die riefige literarifcpe Produktion, die peute mit
gefcpäftigen Händen angepäuft wird, bringt die Kunft felbft nicpt weiter und ift im
übrigen aucp kaum geeignet, ipr den Räfonanzboden zu fcpaffen, den gerade diefe
neue 3^it für fie mit ebenfo großer Heftigkeit wie Berechtigung fordert.
Die augenblicklichen 3uftände, die klar zum Greifen liegen und docp immer von
neuem überfepen werden, bedeuten eine neue Romantik mit den folcpe 3^itläufte
beftimmenden Momenten der Sepnfucpt, der Unklarpeiten, des Bereitfeins, des Vor-
pabens, der Leidenfcpaftlicpkeit, die keine Unficperpeit, keine Unentfcpiedenpeit kennt.
Die 3eit cparakterifiert pch aucp dadurch, daß von außen Stoffe perangepolt werden,
die, obgleich pe der bildenden Kunft nicpt r.äper liegen als irgendein anderes der Ge-
ftaltung dienliches Ding, docp der Kunft aufoktroyiert werden, insbefondere folcpe
etpifepen und religiöfen Gepalts. Die Rolle, die nach der Forderung Vieler diefe Stoffe
zu fpielen paben, bedeutet eine Gefapr infofern, als fie die Eniftepung der allein
gültigen Form zu iprem Schaden wefentlicp beeinträchtigen kann. Es ift auch die Frage
des alten Rangftreits, die Unklarpeit bezüglich der Grenzen zwifepen Kunft, Religion
und Etpos, die fcpon früpere romantifepe Seiten cparakterifiert. Fperper gepört weiter
der unpeilvolle Begriff des „Kunftwollens“, für den peute mit foviel Lärm und Auf-
peben Reklame gemacht wird. Diefes Kunftwollen, deffen Feftftellung neben einem
genauen Kliffen um peutige und vergangene Dinge einen popen Grad intuitiver Sicper-
peit, alfo eine äußerft feltene Verbindung von ObjeKtivität und Subjektivität bedingt,
wird bezeiepnenderweife opne Bedenken aucp vom kunftlofen Durcheinander abgelefen,
was müpelos mit Hilfe eines Stabes feftftepender Pprafeologie vor pch gept.
In diefen 3eiten der Umftellung füllte, wenn wir wirklich eine Gemeinfcpaft wären,
die Kritik pcp naep Möglicpkeit zurückpalten oder nur mit äußerfter Vorfiept vorgepen,
da ipr fonft die letzte Berechtigung entzogen ift. Aber ftatt deffen pept man eine
Ppalanx vom Gott trunkener Kritiker vorftürmen, oft nur mit Ekftafe angetan, dienlicp
manepem Künftler, aber nicpt der Sache.
Bedenklicher als diefe Erfcpeinung, für die man immerpin Analogien in anderen
gleicpgearteten 3eiten pndet, ift es, daß in die richtunggebenden Reipen der Cpeoretiker
[ich aucp Schaffende felbft, iprer eigentlichen Aufgabe abgewandt, einordnen, mit ge-
malten Leitfäden und anpreifenden Plakaten.
Die öüiedergabe der hier abgebildeten ttlerke Paul Klees erfolgt mit freundlicher Genehmigung
der Galerie Hans Golp, München.

Der Cicerone. XII. Jahrg., Heft 14

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