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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 15
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Wedderkop, Hermann von: Ausstellungen im westlichen Kulturgebiet
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0597

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Äusftellungen im weftlidjen Kulturgebiet
Von H. v. WEDDERKOP

In Düffeldorf, der Stadt Alfred Flecßtßeims, wurde mit größerem Pomp und ftärkerem
offiziellen Nachdruck als jemals die unglückfelige große Kunftausftellung eröffnet.
Der preußifcße Kultusminifter Fjaenifcß und der Reicßskunftwart waren anwefende
Paten. Diefer Minifter fcßeint eine befondere Vorliebe für die großen Ereigniffe in
Düffeldorf zu ßaben, denen er programmatifcße Bedeutung beilegt, denn bei der Jaßr-
ßundertfeier der Akademie war er aucß fcßon da. ttläßrend man von einem Sozial-
demokraten, felbft von einem Meßrßeitsfozialiften erwarten follte, daß er alles, was nur
im leifeften nacß Akademie röcße, ängftlicß miede, füßlt fieß diefer Minifter durcß folcßen
Gerucß nocß befonders angezogen. Die Eröffnung ging in alter ÜJeife vor fiel), mit
Marmor, Blattpflanzen, Männerquartett und originellen Begrüßungsreden, daß ßeute ein
befonderer Cag fei. OCIirklicß — man glaubt es nicßt — erfcßoll zu der öüeiße Männer-
gefang, eine Art „Ruße fanft“ für alle Fjoffnung, daß es jemals anders würde, fondern
Bekräftigung, daß es immer fo bleiben folle. Die Rede des Minifters ßatte als Leit-
motiv: Einigkeit maeßt ftark. Dies bezog fieß auf das „Junge Rßeinland“, das unter
demfelben Dacß mit den Äkademiefcßaren ausftellt. Dann zog der Minifter ein dlurft-
blatt ßeraus, das ißn befcßuldigt ßatte, 3ucker verfeßoben zu ßaben, beteuerte, dies
nicßt getan zu ßaben und kam dann wieder auf das Leitmotiv zurück: Einigkeit maeßt
ftark. Gang durcß die Säle mit suite, Erklärung und Verweilen bei befonders „Originellem“.
Perfönlicßer Eindruck: nett und gemütlicß.
Die alten verßärteten Akademiker, die fo weiter malen wie vor 100 Jaßren, doeß
oßne natürlicß an die großen Meifter zu erinnern, mag man in Ruße laffen. Die neuen
Akademiker, denen das Rezept der Expreffioniften in die Fjände gefallen ift, verwüften
alles, was fieß ißnen näßert. Das Publikum ift nicßt meßr gefund genug, um diefe
Bazillen abzuftoßen. Es verwildert mit und dokumentiert dies durcß eine völlige Kon-
fufion, die, in ißrem Eempo durcß fyftematifcße Vorträge von Cßemnitj bis Krefeld
unterftü^t, feßon jefet unentwirrbar ift. Jeder lebte Reft von Inftinkt und Selbftvertrauen
wird bald geknickt fein. Der Minifter felbft feßien allerdings die tofende Aufregung
diefer Bilder gemütlicß zu neßmen, fein Erfcßeinen allein genügte, um Mut einzuflößen.
Das „Junge Rßeinland“ bewaßrt feine Kompromißnatur, die es auf früßeren Aus-
heilungen bewiefen ßat, aucß ßier. Lieber ßätte es in einem Nacßbardorf, Neuß oder
Krefeld ausftellen follen, als umßüllt von diefem alles zudeckenden akademifeßen
Leicßentucß. Scßade für das vorzüglicße Organifationstalent feines Vorftandes, des
Fjerrn özarfki. Im übrigen find die Grenzen zwifeßen Akademie und Jungem Rßein-
land zum Ceil reeßt flüffig, es find viele Akademiker unter diefen Jüngften am Rßein,
wenn aucß mit meßr Können und mit meßr Gefcßmack, und ein nocß Jüngerer und
wirkließes Calent wie Max Ernft wurde insgefamt refüfiert.
Die Signatur des „Jungen Rßeinland“ ift im großen ganzen die dliederßolung der
öüiederßolungen, leießt und billig wird gefeßafft, oßne ümfeßweife und mit unbeküm-
merter Sicßerßeit. Cezannefcße Baumformen, Gauguinfcße 3aubergärten, Lautrecfcße
Grotesken nicßt nur werden unvermittelt übernommen und eingeftellt, fondern es wird
— für den etwas geübteren Blick — aucß mal, um eine ganz originelle und verwirrende
Ulirkung zu garantieren, auf das Biedermeier zurückgegriffen. Alte Biedermeier-Fjaus-
kalender z. B. als expreffioniftifeße Requifiten ift das Neuefte findiger Köpfe.

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