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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 18
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Kunstpolitik
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0733

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Die 3eit und der Markt

Kun ft Politik
Die Kunftumfatjfteuer in Holland
Bereits 1916 ift in Rolland ein Gefetjentwurf
erfdjienen, der verfud)te, im Rahmen der Per-
fonalfteuer (Steuer, deren Grundlage auf dem
öüert des Haufes und feiner Einrichtung beruht)
den bisher freien Kunftbefitj der Befteuerung zu
erfchließen. Über die .Gründe, die die Durch-
führung diefes Entwurfes unmöglich machten,
ift feinerzeit an diefer Stelle ausführlich berichtet
worden (vgl. Cicerone, 1916, S. 112). Er .ift durch
die Kammern denn auch nicht genehmigt worden.
Es war aber vorauszufehen, daß die Regierung
über kurz oder lang einen neuen Änfcßlag auf
das für fie fo begehrliche Objekt machen würde,
um fo mehr, als inzwifdjen die meiften um-
liegenden Länder ihr darin vorgegangen find.
Es handelte fich nur darum, eine annehmbare
Form dafür zu finden. Diefe fcheint man jet^t
innerhalb einer allgemeinen Luxusfteuer, wie fie
ähnlich andernorts bereits befteht, gefunden zu
haben, tüährend jener frühere Entwurf aber
den feften Kunftbefi^ mit einer dauernden
Jahresabgabe von 3% des Schätzungswertes zu
treffen gefucht hatte, will die neue Vorlage fich
an den Umfafz halten. Die geplante Steuer
will fich auf alles richten, was einigermaßen
unter den Begriff Luxus gebracht werden kann.
Das find, mit Automobilen, Panamahüten, Seiden-
roben, Spazierftöcken und taufend andern Dingen,
dann eben auch Kunftwerke jeder Ärt. Die Steuer
foll von jedem Verkauf erhoben werden, und
zwar, je nach der Cüarengattung, in Anfällen
von 2—20°/0. Daß dadurch manche Induftrie-
zweige fich bedroht fühlen, war eine vorauszu-
fehende Erfcheinung, die aber, wahrfcheinlid)
mit Recht, nicht allzu ernft aufgefaßt wird, da
die Steuer doch natürlich wieder auf den Ver-
braucher abgefchoben werden wird. Für die
Befteuerung von Kunftgegenftänden ift der Mi-
nimalanfchlag von 2°/0 vorgefehen; der pro-
duzierende Künftler wird feine eigenen Schöp-
fungen abgabenfrei verkaufen dürfen. Dies ift
ein neues 3eugnis für die ausgefprochene Kunft-
freundlichkeit der gegenwärtigen Regierunq, die
bei aller Dringlichkeit der Lage doch Kultur-
güter nicht auf eine Linie mit beliebigen Induftrie-
erzeugniffen ftellt. Eine hohe Befteuerung des
Omfaßes von Kunftgegenftänden wäre zumal bei
der derzeitigen luftlofen Marktlage ein harter
Schlag gewefen, zunächft für den Handel, rnit
diefem aber auch für das Sammlertum und die
weitere, in Rolland fo verbreitete allgemeine

Kunftpflege. Ift die Anwendung des Gefe^es,
was die Kunft betrifft, eine milde zu nennen,
defto fdjärfer wird feine Handhabung geplant.
Der Händler hat — an Hand feiner Bücher —
nicht nur Rechenfchaft abzulegen über die durch
ihn jährlich umgefetzten Summen, der Fiskus will
auch wiffen, in weffen Befitz ein Objekt über-
gegangen ift; diefes wird von Beßrer zu Befißer
regiftriert. Das praktifche Ergebnis diefer Maß-
nahme ift folgendes: ttlenn Ä dem B einen Kunft-
gegenftand verkauft (wobei Ä 2 °/0 des Ver-
kaufspreis als Steuer abgetragen und den B
als Käufer angegeben hat), B das Objekt heim-
lich an C weiterverkauft unter Umgehung der
gefeßlichen Abgabe, fo befteht die Möglichkeit,
daß B feiner Gefe^esübertretung überführt werden
kann; dann nämlich, wenn das Kunftwerk bei
einem fpäteren Verkauf wieder regiftriert wird,
etwa bei dem Übergang von C an D, wobei die
Lücke in der Kette unmittelbar in die Augen
fpringt. Solche Übertretungen füllen mit hohen
Bußen und felbft Gefängnisftrafe geahndet wer-
den. Daß diefe Handhabung nur an größeren
Objekten geübt werden kann, fpricßt von felbft.
Eine Ausdehnung erfährt die Steuer dadurch,
daß die Abgabe auch von aus dem Ausland
eingeführten Kunftwerken, hi er vom deklarierten
ttlert, erhoben werden foll.
So wie dem Steuerentwurf von 1916 ein
fchlechter Empfang vor der Volksvertretung
prophezeit werden konnte, fo kann für diefe
neue Vorlage mit ebenfolcher Klahrfcheinlichkeit
vorausgefehen werden, daß fie Gefefz werden
wird. Hatte fich doch der Cüiderftand feinerzeit
keineswegs gegen die Möglichkeit einer Kunft-
befteuerung gerichtet, fondern gegen deren Form,
mit den ihr anhaftenden Schwierigkeiten der
Durchführung. H-
Ausheilungen
„Der Sturm“, September 1920
Die Auguftausftellung Reinhard Goerings ift
um eine größere Anzahl Bilder und 3eichnungen
bereichert worden. Befonders erwähnenswert
ift ein 3yklas Graphit-Zeichnungen unter dem
Eitel: Nacht und Moor. Die Schwierigkeiten,
diefe 24 haarfeinen Gebilde wirkfam zur Gel-
tung zu bringen, find von der Ausftellungsleitung
gefchickt überwunden worden. Nicht minder
gefchickt bleibt die bewußte Gegenüberftellung
Goeringfcher Arbeiten mit denen Paul Klees.
Das unberechtigte Vorurteil, das Goering zum
Nachahmer Paul Klees zu deuteln fucht, wird
reftlos entkräftet. Es find zwei Selbftändigkeiten
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