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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 20
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Basler, Adolphe: Die junge französische Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0792

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Die junge franzöfifcße Malerei
(Die lebten Parifer Ausheilungen: „La jeune peinture fran^aise“ f
Die Kubiften bei Rofenberg / Gimmi undCoubine in der Galerie Cüeill)
Mit 3 Abbildungen Von ADOLPHE BASLER

Seit der Äusftellung der „Independants“, die in diefem Jahre im Grand Palais zu
felgen war, und die [amtliche Strömungen der neuen Malerei in taufenden der
ausgeftellten Bilder zur Schau brachte, hat fich) eine neue Künftlergruppe mit Aus-
fcßluß aller Nict)tfranzofen gebildet. „La jeune peinture fran<;aise“ (dies ißr Name)
hat immerhin für einen Ausländer eine Ausnahme zugeftanden — doch) nur für einen
Verdorbenen. Dem Italiener Modigliani t)at man eine Nacßlaßausftellung eingeräumt.
Die Kubiften, mit Ausnahme von Brague, haben hier nicht ausgeftellt. Alle anderen
Richtungen feit Bonnard und Matiffe bis zu Derain waren reichlich vertreten.
ünter dem Patronate von zwei großen Loten ftand diefe Äusftellung: Cezanne und
Renoir, ein jeder durch ein Meifterwerk vertreten. Diefer Salon nun, der alle jungen
franzöfifdßen Maler in fiel) vereinigt, deren künftlerifche Beftrebungen durchaus als anti-
akademifcß und antioffiziell gelten, wirkt troß alledem als eine Art „Salon des Artistes
franqais“1 — troß und gegen alle feine Prinzipien. Durch fein 3uftandekommen allein
und durch den Nachhall, den er gefunden hat, erbringt er den Beweis, daß der Ge-
fcßmack des franzöfifeßen Publikums — aller fogenannten revolutionären Kunft feit
langem feindlich gefinnt — ßicß allmählich anzupaffen beginnt. Ob das nun die un-
mittelbare ÜJirkung des Krieges ift, ob es eine Folge der Vermögensverfcßiebung ift,
die in der letzten 3eit vielfach in die Lafcßen ßominum novorum glitten, fei daßin-
geftellt — die Latfacße fteßt feft, daß Bilder, kämen fie nun aus der Scßule der Im-
preffioniften, der Fauves, felbft der Kubiften — Bilder, die vor wenigen Jahren
zum Export allein verurteilt waren — jeßt in den zahlreichen franzöfifeßen Kollektionen
ißren gebührenden Plaß finden.
Ja noeß meßr: Bilder der impreffioniftifeßen Richtung find bereits der Cypus einer
ofßziellen Malerei geworden, während die Malerei der Fauves, der Expreffioniften, ja
felbft die der Kubiften niemand meßr durch ißren ftarken, oft gewaltfamen Ausdruck
oder dureß den ümfturz aller Konvention verleßt.
Für alles gibt es Liebhaber; auch) die Kritik, noch) vor dem Kriege von feßroffer Ab-
neigung gegen alle Kunft der Fauves oder der Kubiften, beginnt fieß zu intereffieren
und kommentiert oft mit viel Klugheit (fo J. E. Blancße, fo Vauxcelles) die Beftrebungen
und 3iele der neuen Malerei. Dureß den ftändigen Anblick der Bilder eines Matiffe,
Picaffo, Derain oder Brague ßat man fiel) eben eingewößnt.
Docß eines ift fonderbar und eigen diefem Lande der Malerei: Mag eine Formel
noeß fo verfüßrerifcß fein, mag eine Scßule noch) fo vielverßeißend fieß entwickeln,
immer findet fie auf ißrem (Hege ißre Reaktion. Daßer rüßrt auch diefe feltfame
Vitalität — die Vorßerrfcßaft eines gefunden Geiftes — der endgültige Sieg der Raifon.
Der Verwirrung dureß alle die unzähligen Verfucße einer neuen Äftßetik und diefem
ganzen Cßaos der Ideen, die bis 1914 die Köpfe der Maler beftürmten, jenen, die fieß
teils um Derain, teils um Picaffo oder Braque feßarten, mußte notgedrungen eine 5err-
1 Der „Salon des Hrtistes fran^ais“ ift der ofßzielle Salon, der alle akademifeße Kunft vereinigt.

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