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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 21
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Sammlungen
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0842

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Äusftellungen

lektion des verdorbenen Raphael Petrucci.
In dem Mufeum Petrucci (wie der offizielle Name
fein wird) befindet fid) nocb eine Bibliothek und
und ein Lefezimmer. 3u gleicher 3^it wird ein
Petrucci-Klub („Kring Petrucci“) gegründet, der
ähnliche Beftrebungen verfolgt, wie Paul Cohen-
Portheim in feinem Cüerke Äfien als Erzieher
auseinandergefetjt hat: Ausgleich zwifchen Äfien
und Europa.
Äusftellungen
Frankfurter Kunftfd)au
Das Städelfche Kunftinftitut hat eine ver-
dienftvolle „Äusftellung niederländifcher Graphika
von Lucas van Leyden bis Rubens“ veranftaltet.
Von dem richtigen Gedanken ausgehend, daß
diefe Meifter mit dem Überfdjwang ihrer Ge-
bärdenfprache dem expreffioniftifcbenKunftgefühl
unferer 3eit nahekommen, wurde die Auswahl
der Blätter unter diefem Gefichtspunkt vorge-
nommen. Die Schau von Figurendarftellungen
mit Bewegungsmotiven zeitigt einige verblüffende
Refultate. Bei der „Geißelung Chrifti“ des Cor-
nelis van Oftfanen wird der Kopf Chrifti mit
einer fo unerhörten Draftik der Bewegung vom
Rumpfe zur Seite geriffen, daß eine derartig
reich belebte Silhouette des Körpers entfteht,
wie wir fie in diefer Szene nie fahen. ln der
ekftatifchen „Verfpottung Chrifti“ des Mabufe
glaubt man der büuebt Ludwig Meidners zu
begegnen.Die vier„Darftellungen des Phaeton,
Lantalus, Ixion und Ikarus von Golems, die ge-
radezu Kunftftücke der Verkürzung bieten, zeigen
eine an Michelangelos Dämonie des Lempera-
mentes entzündete Leidenfchaftlichkeit. Ins Bru-
tale gewandelt kommt diefes manierifti[che Drauf-
gängertum in manchen Blättern zum Ausdruck.
Ein Gang durch diefe Äusftellung zaubert uns
Gotik und Renaiffance in dem hQerke der Nach-
fahren nochmals vor Äugen, vergegenwärtigt
uns eineniwilden Barock und läßt uns fogar den
zukünftigen Stil, die Süßigkeit des Rokoko, in
den auf üppigem Lager bingeftreckten, von
Putten umfpielten oder dem 3auber der Liebe
hingegebenen Frauenkörpern ahnen.
* *
*
3inglers Kabinett bringt Delikateffen aus
Oftafien neben nordifcher Kunft. Japanifcbe tief—
tonige Farbenbolzfcbnitte vonfjierofbige, Sbunfbo
und Loyokumi find in ihrer Linie-, Maße- und
Farbwirkung feßr anziehend, vereinen kolo-
riftifche Reize mit bewegten Kurven.
Eine japanifcbe Originalmalerei mit drei Buddha-
prieftern (aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts)

zeigt im Dreiecksaufbau der fixenden, von vorne
gefebenen Geftalten europäifeben Einfluß trotj
der ebarakteriftifeben Flächenbehandlung. Die
meiften ausgeftellten perfifeben Miniaturen, die
eine ganze tüand füllen, find febon aus dem
19. Jahrhundert und haben daher nicht mehr
jenen geheimnisvollen 3auber der, aus pban-
taftifch reichem Goldgrund auftauchenden Blätter
früherer Jahrhunderte. Aber auch ihnen ift eine
dekorative Note, bunte Bewegtheit von Formen
und Farben, ein Reiz exotifdjer Ferne eigen.
Feffelnd wirkt die Darftellung eines auf einem
Fifcb ftebenden Propheten oder Fjeiligen auf
einer perfifeben Malerei in üüafferfarben (18. Jahr-
hundert). Man muß durch die ftarken, primi-
tiven Kontrafte von Grün, Gelb und Schwarz
an unfere deutfebe Bauernmalerei denken, wenn
auch die Details der 3^ichnung von höherer
Kultur find.
Drei kolorierte Fjolzfcbnitte füddeutfeber Klein-
meifter (ca. 1500), Fjandzeicbnungen von Man-
tegna (?), Bergbem, Dujardin ufw., die meift
zweiter Qualität find, halten die Nacbbarfcbaft
der farbigen Raritäten nicht recht aus.
Die Dunkelmalerei von Kölfchbach mit ihrer
arebaifierenden Bildgeftaltung paßt beffer in
mittelalterliche Räume mit kleinen Fenftern und
wenig Licht als in unfere bellen 3>mnier, in die
durch weite Glasfcbeiben das klare Licht des
Lages und die leuchtende Sonne dringt.
Die Löpfereien der Münchner öüerkftätten
wirken als gute, farbige Belebung des Raumes,
zumal wenn fie wie bei 3ingler auf mattoliv-
braune Schränke geftellt find.
* *
*
Im Mittelpunkt der Stadt, auf einem freien
Platte der Anlagen, wurde vor einigen Lagen
ein Denkmal des Frankfurter Bildhauers Benno
Elkan enthüllt, das den Opfern des Krieges
geweiht ift. büir feben eine kauernde, fid) vor
FJerzeleid die Bruft haltende, trauernde Frauen-
geftalt. Als Kriegsdenkmal bricht diefes Monu-
ment mit gutem Erfolg mit der alten Äuffaffung
der Verherrlichung von Schlacht, Fjeldentat, Ruhm
und Ehre. Es ift eine Klage um die Loten,
wenn man will, eine Anklage gegen das furcht-
bare Erlebnis des Krieges.
Die Statue ift in fchwedifchem Granit ausge-
führt und paßt in malerifcßer Beziehung durch
ihren braunen Farbton gut vor das bronzefarbige
Gezweig der Bäume.
Rein plaftifch genommen befriedigt die Silhouette
des Oberkörpers, die gefebwungene Linie der
gebeugten Figur vom Kopf bis zu dem Ellen-
bogen. Die einzelnen Leile des maffigen Frauen-
aktes aber zeigen mehr den Klunfcb nach einer

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