Ausheilungen
Lambert, Larionow, Marcouffis, Survage, Villon
und (üaffiliew. Es erübrigt fid), die Äusftellung
eingehender zu befprectjen, da [ie von Ämfter-
dam nach Brüffel wandert und dann eine Cournee
durch Deutfchland machen wird.
Die Oktober-Äusftellung in „Ärti et Ämici-
tiae“ ift wieder einmal von einer grenzenlofen
Langeweile. Blutlofe Kunft, die keinen Kontakt
mehr hat mit dem Leben und mit unferer 3eit,
und die folglich keine Kunft mehr ift. Nur-
Malerei in der übelften Bedeutung des (üortes.
Aus dem Rahmen diefer Leichenkammer heraus-
fallend find nur Leo Geftel mit allerdings nur
kunftgewerblich intereffanten Blumenftilleben und
Jan Sluyters mit einer reichlich plakatmäßigen
Salome.
Die „Maatschappij voor beeidende kun-
sten“ bringt für den Oktobermonat fchlappes
ttlerk von einem hochwollenden Symboliften
Dirk Ocker, fehr kultivierte Farbenfpielereien von
dem Kunftgewerbler Vosmaer und belanglofe
F)olzfchnitte von Len Kloofter.
Es wird wohl kaum eine vornehmere Kult-
handlung geben als die weltbekannte Firma
Goudftikker in Hmfterdam. (Das fie in ihren
Sälen in der Kalverftraat 73 in Ämfterdam und
zur 3eit in dem Husftellungsgebäude Pulchri
Studio, Lange Voorhout 15, Haag bringt, find
faft ohne Ausnahme (Flerke allererften Ranges.
Mit Durchfchnittswaren oder gar 3weifelhaftem
läßt fie fid) überhaupt nicht ein. Dafür bürgen
die durch langjährige Erfahrung erworbenen und
geradezu erftaunlictjen Kenntniffe und das ver-
feinerte Qualitätsgefühl der Inhaber. Aber auch
in fonftiger Beziehung ift die Firma von einer
ariftokratifchen Vornehmheit. Es kommt im
neutralen Auslande fo häufig vor, daß Kult-
handlungen, die vor dem Kriege an ihren deut-
fchen Kunden (Infummen verdient haben, die
ausgepowerten Deutfchen jefjt mit derfelben gro-
tesken Referviertheit behandeln, womit ein Par-
venü feine verarmten Verwandten empfängt.
Oder auch nicht empfängt. ((lendet man fich
als deutfcher Kunftgelehrter ftudienhalber an die
Amfterdamer Firma, fo findet man bei ihr die-
felbe 3uvorkommenheit wie bei den Kollegen
an den holländifchen Mufeen.
Die in Pulchri Studio ausgeftellte Sammlung
Goudftikker enthält wieder eine Kollektion hol"
ländifcher Kunft von fo hervorragender Qualität,
daß man kaum glauben kann, daß das alles aus
Privatbefilj zufammengebrad)t ift. Es fieht fo
aus, als ob die erften Mufeen ihre beften Sachen
für die Äusftellung eingefandt hätten.
Von der Äusftellung erfchien ein Katalog, ein
Prad)twerk in Quartformat mit 31 Lichtdruck-
tafeln. Durch kurzgefaßte Befcßreibungen, Fakfi-
miles der Signaturen, Maß-, Provenienz- und
Literaturangaben bietet das (£Ierk alles ((liffens-
werte und hat einen ftreng wiffenfchaftlichen
Charakter. Die mit profefforaler Heftigkeit vor-
getragenen und durch ihre Aufdringlichkeit und
Selbftlofigkeit (mit drei Fragezeichen) anwidern-
den Belehrungen einiger holländifchen Firmen
über die Klaffe der zur Verweigerung kommenden
Gegenftände, wie z. B. „tableau de grande im-
portance et d’une extreme rarete“, oder „tableau
d’une beaute impressionante“ find hier felbft-
verftändlid) unterblieben. Das würde nicht zum
Stile Goudftikker paffen. Goudftikker hat an-
dere Kundfchaft.
(Inter den frühen Gemälden fei befonders her-
vorgehoben eine aus (Diener Privatbefitj ftam-
mende Madonna von Dierick Bouts. Die Ma-
donna ift in violettem Kleid mit rotem Mantel
in Fjalbfigur dargeftellt. Auf den Händen trägt
fie das nackte Kind, das mit einem Perlenkollier
fpielt. Das Gemälde ift fabelhaft erhalten. Nur
der Goldhintergrund hat etwas gelitten. Ein
zweites primitives Gemälde ift ein dem Meifter
Carrand aus Brügge (Ende XV. Jahrh.) zu-
gefchriebenes Criptychon. In der Mitte Maria
mit dem Jefuskind in Begleitung von zwei hei-
ligen Frauen. Im Hintergrund eine Gruppe von
mufizierenden Engeln und eine Burg. Der linke
Flügel zeigt die Meffe des hl- Gregor, der rechte
Flügel den Stifter mit feinem Schutzheiligen, den
hl. Ildephonfus. Die Äußenflügel haben eine
Darftellung der Verkündigung. Das Criptyd)on
wird den Befud)ern der Berliner Äusftellung des
Kaifer-Friedrich-Mufeumsvereins im Jahre 1906
noch wohl in Erinnerung fein. Von Jacob
Cornelisz van Ämfterdam (1470—1533) ift
ebenfalls ein Criptychon ausgeftellt aus der
Sammlung Sir ttlilliam Bennet, London. Lukas
Cr an ach ift mit dem Porträt der Herzogin Sy-
billa von Sachfen aus der Sammlung Suermondt,
Aachen vertreten, das lange 3eit als Leihgabe
im Provinzialmufeum in Breslau hing, Joachim
Patinir mit zwei merken: Heiliger Hieronymus
in der Landfchaft bzw. Heiliger, der Vögel mit
Kirfchen fpeift. Von Cornelis Matfys ift eine
aus der Sammlung Hoogendijk ftammende Grab-
legung vorhanden. Aus der ehemaligen Samm-
lung Äug. 3eiß, Berlin ftammt das prachtvolle
Porträt eines Mannes von Lucas van Leyden,
aus der Sammlung Don Jofe Dominguez das
von Friedländer befchriebene Bild: Geburt Chrifti
von Jan Provoft. Von Rembrandt finden
wir hier wieder den David vor Saul mit dem
Kopf des Goliath, das lange 3eit als Leihgabe
in der Alten Pinakothek in München war. Leider
825
Lambert, Larionow, Marcouffis, Survage, Villon
und (üaffiliew. Es erübrigt fid), die Äusftellung
eingehender zu befprectjen, da [ie von Ämfter-
dam nach Brüffel wandert und dann eine Cournee
durch Deutfchland machen wird.
Die Oktober-Äusftellung in „Ärti et Ämici-
tiae“ ift wieder einmal von einer grenzenlofen
Langeweile. Blutlofe Kunft, die keinen Kontakt
mehr hat mit dem Leben und mit unferer 3eit,
und die folglich keine Kunft mehr ift. Nur-
Malerei in der übelften Bedeutung des (üortes.
Aus dem Rahmen diefer Leichenkammer heraus-
fallend find nur Leo Geftel mit allerdings nur
kunftgewerblich intereffanten Blumenftilleben und
Jan Sluyters mit einer reichlich plakatmäßigen
Salome.
Die „Maatschappij voor beeidende kun-
sten“ bringt für den Oktobermonat fchlappes
ttlerk von einem hochwollenden Symboliften
Dirk Ocker, fehr kultivierte Farbenfpielereien von
dem Kunftgewerbler Vosmaer und belanglofe
F)olzfchnitte von Len Kloofter.
Es wird wohl kaum eine vornehmere Kult-
handlung geben als die weltbekannte Firma
Goudftikker in Hmfterdam. (Das fie in ihren
Sälen in der Kalverftraat 73 in Ämfterdam und
zur 3eit in dem Husftellungsgebäude Pulchri
Studio, Lange Voorhout 15, Haag bringt, find
faft ohne Ausnahme (Flerke allererften Ranges.
Mit Durchfchnittswaren oder gar 3weifelhaftem
läßt fie fid) überhaupt nicht ein. Dafür bürgen
die durch langjährige Erfahrung erworbenen und
geradezu erftaunlictjen Kenntniffe und das ver-
feinerte Qualitätsgefühl der Inhaber. Aber auch
in fonftiger Beziehung ift die Firma von einer
ariftokratifchen Vornehmheit. Es kommt im
neutralen Auslande fo häufig vor, daß Kult-
handlungen, die vor dem Kriege an ihren deut-
fchen Kunden (Infummen verdient haben, die
ausgepowerten Deutfchen jefjt mit derfelben gro-
tesken Referviertheit behandeln, womit ein Par-
venü feine verarmten Verwandten empfängt.
Oder auch nicht empfängt. ((lendet man fich
als deutfcher Kunftgelehrter ftudienhalber an die
Amfterdamer Firma, fo findet man bei ihr die-
felbe 3uvorkommenheit wie bei den Kollegen
an den holländifchen Mufeen.
Die in Pulchri Studio ausgeftellte Sammlung
Goudftikker enthält wieder eine Kollektion hol"
ländifcher Kunft von fo hervorragender Qualität,
daß man kaum glauben kann, daß das alles aus
Privatbefilj zufammengebrad)t ift. Es fieht fo
aus, als ob die erften Mufeen ihre beften Sachen
für die Äusftellung eingefandt hätten.
Von der Äusftellung erfchien ein Katalog, ein
Prad)twerk in Quartformat mit 31 Lichtdruck-
tafeln. Durch kurzgefaßte Befcßreibungen, Fakfi-
miles der Signaturen, Maß-, Provenienz- und
Literaturangaben bietet das (£Ierk alles ((liffens-
werte und hat einen ftreng wiffenfchaftlichen
Charakter. Die mit profefforaler Heftigkeit vor-
getragenen und durch ihre Aufdringlichkeit und
Selbftlofigkeit (mit drei Fragezeichen) anwidern-
den Belehrungen einiger holländifchen Firmen
über die Klaffe der zur Verweigerung kommenden
Gegenftände, wie z. B. „tableau de grande im-
portance et d’une extreme rarete“, oder „tableau
d’une beaute impressionante“ find hier felbft-
verftändlid) unterblieben. Das würde nicht zum
Stile Goudftikker paffen. Goudftikker hat an-
dere Kundfchaft.
(Inter den frühen Gemälden fei befonders her-
vorgehoben eine aus (Diener Privatbefitj ftam-
mende Madonna von Dierick Bouts. Die Ma-
donna ift in violettem Kleid mit rotem Mantel
in Fjalbfigur dargeftellt. Auf den Händen trägt
fie das nackte Kind, das mit einem Perlenkollier
fpielt. Das Gemälde ift fabelhaft erhalten. Nur
der Goldhintergrund hat etwas gelitten. Ein
zweites primitives Gemälde ift ein dem Meifter
Carrand aus Brügge (Ende XV. Jahrh.) zu-
gefchriebenes Criptychon. In der Mitte Maria
mit dem Jefuskind in Begleitung von zwei hei-
ligen Frauen. Im Hintergrund eine Gruppe von
mufizierenden Engeln und eine Burg. Der linke
Flügel zeigt die Meffe des hl- Gregor, der rechte
Flügel den Stifter mit feinem Schutzheiligen, den
hl. Ildephonfus. Die Äußenflügel haben eine
Darftellung der Verkündigung. Das Criptyd)on
wird den Befud)ern der Berliner Äusftellung des
Kaifer-Friedrich-Mufeumsvereins im Jahre 1906
noch wohl in Erinnerung fein. Von Jacob
Cornelisz van Ämfterdam (1470—1533) ift
ebenfalls ein Criptychon ausgeftellt aus der
Sammlung Sir ttlilliam Bennet, London. Lukas
Cr an ach ift mit dem Porträt der Herzogin Sy-
billa von Sachfen aus der Sammlung Suermondt,
Aachen vertreten, das lange 3eit als Leihgabe
im Provinzialmufeum in Breslau hing, Joachim
Patinir mit zwei merken: Heiliger Hieronymus
in der Landfchaft bzw. Heiliger, der Vögel mit
Kirfchen fpeift. Von Cornelis Matfys ift eine
aus der Sammlung Hoogendijk ftammende Grab-
legung vorhanden. Aus der ehemaligen Samm-
lung Äug. 3eiß, Berlin ftammt das prachtvolle
Porträt eines Mannes von Lucas van Leyden,
aus der Sammlung Don Jofe Dominguez das
von Friedländer befchriebene Bild: Geburt Chrifti
von Jan Provoft. Von Rembrandt finden
wir hier wieder den David vor Saul mit dem
Kopf des Goliath, das lange 3eit als Leihgabe
in der Alten Pinakothek in München war. Leider
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