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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 23
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Göbel, Heinrich: Würzburg und Fulda, [2]: ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Wirkteppichmanufakturen im 18. Jahrhundert
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Dürers Stich auf einem Caffagioloteller
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0906

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neue (Hirkereien ab und erhält dafür den Betrag von 240 Gulden. Es fcfjeint fid) um
fogenannte Entrefenetres zu Rändeln, wenigftens läßt der Ausdruck „Bahnen Cappeten“
darauf fcßließen. Ende des Jahres bezieht der (Clirker einen weiteren Betrag von
675 Gulden „auff die ißme von Ißro Dochfürftl. Gnaden felbft verdungene Eapeten“.
Mit dem 30. Mai 1729 fcßeidet Meifter Cßomas aus dem ßocßfürftlicßen Dienft. Es
fel)lt jeder FJinweis, an welchem Fjofe der GCIirker weiterhin tätig war. Nach den in
den Rechnungsbelegen der Fuldaer Rentkammer angegebenen Lohnzahlungen und Ver-
gütungen muß der Betrieb des Meifters ein ziemlich umfangreicher gewefen fein. Es
handelt ficf) um mindeftens zwei bis drei Capifferiefolgen. Von dem ganzen reichen
Beftand des Fuldaer Bistums an (Uirkarbeiten und Stickereien ift heutzutage auch nicht
ein Stück mehr bekannt. Es liegt immerhin die ftarke (CIahrfcheinlicl)keit vor, daß der
eine oder andere Ceppicl) wieder zum Vorfcßein kommt und durch das in der oberen
Bordüre eingewirkte Fuldaer (Flappen — ül)omas reparierte öfters derartige Bordüren
— leicht zu identifizieren ift. (Clährend uns in (Clürzburg in reichftem Maße Inventare
zur Verfügung fteßen, fehlen diefe für das Bistum nahezu gänzlich- Von dem Refidenz-
fd)loß hai Heb lediglich ein Verzeichnis vom Jahre 1828 erhalten. Damals hatte das
Schloß, feit der 1802 erfolgten Säkularifation des Bistumes, bereits fünfmal den Be-
ßrer gewechfelt. Von alten Capifferiebeftänden ift natürlich keine Spur mehr vorhanden.
Die meiften Räume find mit Papiertapeten bekleidet, einige wenige haben Damaft- oder
Seidenbezüge. Auch eine „Eapete von Leinen mit finefifcher Malerei“, vielleicht ein
(Clerk Jungs, wird erwähnt. Ähnlich verhält es fiel) mit den anderen landesherrlichen
Bauten, fo auch leider mit dem Fjammelsburger Schloß, für das Meifter Eßornas mit
tätig war. Ein wefentlid) erfreulicheres Bild als manche höfifcl)en Betriebe zeigen uns
die in der Literatur in der Mehrzahl noch völlig unbekannten kleinen deutfd)en Privat-
manufakturen des 18. Jahrhunderts. Sie find verhältnismäßig zahlreich und arbeiten
meiftens nur mit geringen fürftlichen Beihilfen.1
1 Es bereitet mir eine aufrichtige Freude, auch an diefer Stelle den FJerren Ärcßivafpftenten
Engl und Knie Je vom Staatsarchiv Cüürzburg bzw. Marburg meinen aufrichtigen Dank für ihre
Liebenswürdigkeit und weitgehende Beihilfe bei der Befchaffung der arcßivalifchen ünterlagen aus-
fprechen zu dürfen, die durch die Direktionen bereilwilligft zur Verfügung geftellt wurden.

auf einem C a f f a g i o 1 o t e 11 e r

Dürers Stid)
In März- und Maiheft diefes Jahres hat der
Cicerone einen intereffanten Äuffat) über „Ita-
lienifcbe Majolikawerkftätten des 16. Jahrhunderts
und die in ihnen benützten Vorlagen“ von K. Fr.
Leonhardt veröffentlicht, in dem gezeigt wurde,
daß die Maler mancher italienifcher Majolika-
fabriken in den Jahren um 1550 und fpäter für
ihre Kompofitionen die Stiche deutfeher Meifter
benüßten. In dem franzöfifchen öüerke „Recueil
de Faiences italiennes desXV. XVI.etXVII. siecles,
dessine par C. Delange et C. Bornemann, mit
Dext von M. Ä. Darcel et M. Fj. Delange (Paris
MDCCCLXIX)“ ift auf Dafel 23 ein Deller aus
Caffagiolo aus der Kollektion M. Ändrew Foun-
taine abgebildet. Der Deller ift mit den Buch-
ftaben LR. figniert, mit einer lateinifchen Devife

„auxilium meum Dominus“ verfehen und 1508
datiert. 3wifcßen Grotesken und Ornamenten,
die den ganzen Deller bedecken, befinden fid)
zwei Figuren, die eine genaue Kopie des be-
kannten Dürerfchen Stiches „Die Satyrfamilie“
aus dem Jahre 1505 wiedergeben. Es ift inter-
effant feftzuftellen, daß deutfeße Stieße feßon am
Anfang des 16. Jahrhunderts in italienifcßen Ma-
jolikafabriken als Dekoration verwendet wurden
und daß ein Stieß von Dürer feßon drei Jahre
nach Erfcßeinen als Vorlage einem italienifcßen
Maler diente. Es bleibt der Forfcßung über-
laffen, wer der Maler war, der mit Bucßftaben
I. R. fignierte1. M. Sterling.
1 Graeffe erwähnt Signum I. R. 1508 zwifdjen Faenza-
und nid)t Caffagiomajolika.

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