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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 24
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Gold, Alfred: Kunst und Sammler in Dänemark und Skandinavien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0921

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Kunft und Sammler in Dänemark und Skandinavien

Mit 10 Abbildungen

Von ALFRED GOLD

I. Neue Sammlungen
om tUeltmeer umfpült und durci) den deutfchen U-Bootkrieg mehr bereichert als


wirklich behindert, haben die nordifchen Länder in den lebten Jahren eine ün-

~ menge internationaler Kunft an [ich gezogen; eine eindringende Flut, die zeitweife
fchon einer Überfchwemmung glich, und von der hier, in ein paar gedrängten 3eüen,
nur ein flüchtiger Reflex fichtbar werden kann.
Vieles davon ift immer noch im Fließen. Neue Sammlungen, die angelegt wurden,
find noch nicht abgefchloffen und noch ungeordnet. Eine vollendete und in ihrer Ärt
vollkommene Schöpfung der Kriegsjahre ift das franzöfifche Impreffioniften-Mufeum
„Ordrupgaard“ bei Kopenhagen, Eigentum des Etatsrates UJilhelm fjanfen; eine
Sammlung in einem ausgezeichneten Oberlichtbau, fo reich und für die hier am
ftärkften verbreiteten Cendenzen fo vorbildlich, daß ißr ein größerer Platj in diefem
Abfcßnitte gebührt.
Dänemark hat zur franzöfifchen Kunft alte Beziehungen. Die Glyptothek wurde,
unter heute vergilbten Idealen, zu ihrer Pflege gefdjaffen. Ihre franzöfifche Äusftellung
von 1888 zeigte immerhin auch fchon Manet und Monet. Im Jahre des Kriegsaus-
bruchs hatte Kopenhagen eine große moderne Franzofenfcßau im Staats-Kunftmufeum,
eine Ärt abgekürzte Centennale, vom Direktor des Mufeums Karl Madfen, einem der
wenigen wirklichen kosmopolitifchen Kunftkenner unferer unter Dach gebracht.
Der Krieg zerfplitterte fie, aber ihre UJirkung blieb nicht aus. Die hier ausgeftreute
Saat ging in der genannten Ordrupgaard-Sammlung auf. Karl Madfen war auch hier
der Beratende, Ordnende; und dem illuftrierten Katalog der Sammlung (nur in dänifcher
Sprache) gab er ein feines hiftorifches Vorwort mit.
Freilich waren Glück und 3ufall des Marktes Iper vor allem entfcheidend und fo
konnte es kommen, daß man in diefen drei Oberlichtfälen, wenn man fie durchftreift,
den am wenigften ftarken Eindruck von den Impreffioniften im engeren Sinne empfängt.
Da genügendes Illuftrations-Material fehlt, verweife ich auf eine gute Interieur-Aufnahme
aus der Sammlung bei Donath „Pfychologie des Kunftfammelns“ (3. Auflage, Äbb. 59).
Es ift gerade der Saal der Manet, Renoir, Degas ufw., in den man einen Blick wirft,
und es wird vielleicht danach glaubhaft, daß eben diefes Enfemble ein klein wenig
dünn wirkt. Der große Manet „Monsieur Brun“, das Fjauptftück der Uland, ift nicht
ftark genug, und einige fehr feine Manets, darunter das bekannte Selbftbildnis in
ganzer Figur (früher bei Dr. Linde in Lübeck) und der „abgehende Dampfer“
(Sammlung Degas), find kleiner oder fkizzentjafter. Von Renoir \)a\ die Sammlung
einige charmierende Frauenbildniffe und die reizende Mädd)enftudie zum „Conserva-
toire“, von Degas das höchft merkwürdige, malerifdt) fehr robufte Bildnis Manets auf
einem Sofa, vor ihm des Künftlers Gattin an einem Cifche — diefe Partie aber in
der Mitte entzweigefchnitten, wie erzählt wird, weil Manet das Geficht feiner Frau zu
unvorteilhaft fand. Darüber kam es zum 3erwürfnis zwifchen Manet und Degas und
fie blieben einander böfe. Diefes Bild und ein anderer hier hängender Degas, „Kinder
auf einer Landhaustreppe“, ein an LEIhiftler erinnerndes in Amerika gemaltes Bild, nur
klüger, fchärfet, einfacher als Ulhiftler, ftammen aus der Vente Degas.

Der Cicerone, XII. Jabrg., 5eft 24.

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