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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 12.1920

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Heft 24
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Der Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27227#0951

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Der Kunftmarkt

über die Kontroverfe zwifcben KlafTizismus und
Romantizismus eine tiefergebende Abhandlung zu
bringen. Diefe Probleme befcbäftigen die Geifter
von beute, die darauf bedacht find, [ich von
aller Syftematik und aller Scbuläftbetik zu be-
freien, die nach Freiheit ftreben, vor allem aber
nach Klarheit, Ordnung und Vernunft.
Adolphe Basler.
Der Kun ft markt
Die Sammlung von Liptyart
Der Kopenbagener Kunftmarkt follte
kürzlich feine Senfation haben, aber die erwies
fid) bei näherer Prüfung als unecht. Es handelte
ficb um eine Verweigerung der Sammlung Lip-
bart aus Rathshoff bei Dorpat. Die Sammlung
ift feit langem berühmt, vor allem in Deutfcb-
land, wo der frühere Befi§er C. E. v. Lipbart
Freundfcbaftsbeziebungen zu Kennern und Künft-
lern (Bode, Lenbacb) unterhielt. In der Literatur
war die Sammlung vor Jahren durch einen Auffajj
in der „3tfd)r. f. bild. Kunft“ bekannt geworden.
Daß fie nach der ruffifcben Revolution und Be-
gründung der eftnifchen Republik mit Bewilligung
der letzteren nach Dänemark gebracht worden
war, wußten die Eingeweihten, die auch die
Hauptftücke, ein Marmorrelief von Michel-
angelo „Apollo und Marfyas“, und Defiderio
da Settignanos Marmorrelief „Überfall auf
den hl. Hieronymus“ zu [eben bekamen. Man
wußte indeffen, daß diefe beiden Stücke fcbon
vor einiger 3eit nach England gegangen waren:
Defiderios Relief an das South Kenfington Mu-
feum für einen Preis von 250000 Kronen, wäh-
rend der Michelangelo für eine halbe Million
Kronen noch zu haben fein foll. ünd da über-
dies eine Auslefe der Bilder (genannt Fr. Hals,
A. v. Oftade, van Dyck ufw.) nach Holland ge-
fcbickt worden war, konnte man der auf Mitte
November angefetjten biefigen Verweigerung mit
einigen 3weifeln entgegenfeben.
Die Verfteigerung, die [ich jetjt im Kopen-
bagener Akademiegebäude über mehrere Gage
erftreckte, zeigte, daß das im voraus geweckte
Mißtrauen noch zu gering war. An der 3eitungs-
reklame war nur foviel wahr, daß die Sammlung,
aus Bildern, Möbeln, Marmorarbeiten, Bronzen,
oftafiatifcbem und europäifcbem Porzellan be-
ftebend, in elf Eifenbaßnwagen „gerettet“ wor-
den war. Die Qualität erwies [ich zum größten
Geile als miferabel, die Bezeichnung der Bilder
als lächerlich. Beachtung verdienten ein Do-
menico Puligo (Madonna), ein Spinello
Aretino (zwei Heilige), ein Cefare da Sefto,

ein reizendes Kreuzigungsbildchen aus der (fpa-
nifcben?) Schule Rogiers v. d. ttleyden, ein
Pierre Mignard genanntes Frauenbildnis, in CQirk-
licbkeit Nicolas Maes — abfolut bolländifd)
in der intimen Cbarakteriftik der eleganten, häß-
lichen älteren Dame. Qnter den übrigen Hol-
ländern (ca. 30) waren ein feiner Sal. Ruisdael
und ein echter kleiner v. d. Poel. Von deutfcben
Meiftern entdeckte man einen jüngeren Cr an a cb
(Kreuzigung mit Stiftern), den das Kopenbagener
Mufeum für 5000 Kronen kaufte, zwei Flügel
von Martin Schaffner (kamen auch ans Mu-
feum), ein nicht ganz ficberes Exemplar von
Baltbafar Denners Bildnis feiner Mutter. 3U
den angeblichen Schlagern gehörte ein foge-
nannter Murillo, Bildnis eines kleinen Mädchens,
das aber Karl Madfen als Variation eines be-
kannten, bei Kehrer, „3urbaran“, abgebildeten
(je^t im fcbwedifcben Kunftbandel befindlichen)
Bildes von 3urbaran entlarven konnte.
CInter den Möbeln war ein fchlecht erhaltener,
großer echter Bouletifcb Louis XIV. Der wurde
bei einem Gebot von 6000 Kronen zurückgenom-
men. Ein paar große Empire-Bronzekandelaber
brachten 3120 Kronen, die beften Porzellane 500
bis 1000 Kronen. 3wei fcböne Vafen ttlanlii
bekam das Kopenbagener Kunftinduftrie-Mufeum.
Im übrigen waren alle höheren Preife, nament-
lich für Bilder, da es ficb um Rückkäufe handelte,
Scbeinprei fe. G.
Sammlung Paul Davidfofjn
Kupferfticbe alter Meifter. Geil II. G—Ra.
Verfteigerung vom 22.-26. November 1920 durch
C. G. Boerner, Leipzig.
Kaum ein halbes Jahr trennt uns von der Ver-
weigerung des I. Ceils der Sammlung des Herrn
Davidfobn, und doch hat ficb in der Bewertung
alter Graphik erficbtlicb eine bemerkenswerte
ttlandlung vollzogen. Kläbrend [ich damals faft
um jedes Blatt ein erbitterter Kampf entfpann,
der vielfach zuPreifen führte, die für den Handel
kaum noch annehmbar waren, beobachteten die-
felben Käufer diefes Mal, befonders wenn es
ficb um mittlere Qualitäten oder unbekanntere
Künftler handelte, eine gewiffe 3urückbaltung,
die das Preisniveau vielfach unter den Schät-
zungen hielt. Für diefe Erfcbeinung laffen ficb
eine ganze Reihe von Gründen allgemeiner Art
anführen, wie die ungünftigere wirtfcbaftlicbe
Lage, die in Ausficht Webenden gewaltigen Steuer-
laften und fcbließlici) auch die 3ufammenfe^ung
diefes Ceils der Sammlung, die den Neigungen
des Käuferpublikums wenig günftigwar. 3 weifel-
los haben diefe Gründe bei dem geringeren Er-
gebnis der Verfteigerung mitgewirkt, entfcbeidend

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