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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 13.1921

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Heft 3
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.27278#0116

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Aushebungen

Ausstellungen
(üasmann und Rodden
(Ausstellung deutscher Meifter um
1830 in der Galerie Arnoid-Dresden)
Sehr zur rechten Stunde kommt eine Aus-
Stellung deutscher Maler in der Galerie Arnold.
Nur vier jener intimen Meifter Sind vertreten:
Klasman und Rohden vor allem, dann FJans
Beckmann und JanSten; aber dafür alle in aus-
giebiger Fülle und mit hohen Qualitäten; vor
allem in Zeichnungen — dem beften, was die
Deutfchen damals und je leifteten — Klasmann
und Beckmann auch mit Gemälden, von denen
einige (Uasmannfche zum KöftlichSten gehören,
das ihm und der ganzen geit gelungen ift.
Zu rechter Zeit öffnet [ich uns ein bisher ver-
borgener Schah (von dem andere wertvolle
Leile in der Nationalgalerie als Leihgabe zu
fehen waren: Gemälde von Rohden und Klas-
mann): denn es Scheint, als ob wir endlich reif
geworden wären, die befondere Süße und die
Größe jener Maler zu würdigen, die weniger den
Ausdruck ihrer biedermeierlichen Zeit, als der
frühen Romantik widerfpiegeln, und in deren
Klirken wir einen Höhepunkt deutfcher Kunft
erkennen. Zwar fieht die Anfchrift der Aus-
Stellung und fogar die fehr einßchtsvolie und
klare Einleitung des Katalogs von Dr. Fjans
Hoiff immer noch, in Verfolgung veralteter Ge-
dankengänge, in den Malern der Romantiker-
generation nur Vorläufer des Impreffionismus;
aber die ausgeftellten (Uerke genügen, um uns
felbft nur bei einem Ausfchnitt des weiten Ge-
bietes zu überzeugen, daß die deutfcße Kunft
von 1800 — 1830 einen Höhepunkt von Selb-
ständigem Klert darStelit, zu dem die Entwick-
lung im 18. Jahrhundert hinleitet, und dem die
realiStiSche Epoche der Sechziger und Siebziger
Jahre als ein zweiter Aufjchwung von glück-
licherer Rejonanz nachfolgt. 6üie auch fonft im
19. Jahrhundert das zeicFmerifche vom male-
rifchen Element abgelöft wird.*
Denn was diefe Ausftellung — die fünf große
Säle vollständig füllt — wieder mit Evidenz
offenbart, ift die zeicFmerifche Grundbegabung
der deutfchen Kunft. In höchfter Fülle erfreut
die Ausdruckskraft und Schönheit der Linie in
den Zeichnungen Liasmanns, Rohdens, Beck-
manns. Das Auge fcftwelgt in dem Glück des
fpezififchen Linearen; Landfchaft wie Figuren-
' Näheres über diele Entwicklunq wird in Kürze der
1. Band meiner „Deutfchen Malerei" (Landfchaftskunft von
1750-1830), bei Piper & Co., bringen.

ftudie teilen fich in gleicher LIeife in diefes
Vermögen. Selbft bei Künftlern von fo aus-
gefprochen farbiger und wirklich malerifcher
Begabung, wie jenen Dreien, ift das Lineare ihr
Beftes, ift auch die Malerei ohne ftrenges Gerüft
der umreißenden Form nicht zu denken. Martin
von Rohden kann man freilich nicht kennen-
lernen ohne feine großen fabelhaften Gemälde
aus der Sammlung Grönwold. Die Zeichnungen
von ihm bei Arnold entstammen zu einem wesent-
lichen Leil feiner Frühzeit um 1800 und zeigen
den Einfluß Reinharts in der heroifchen Lleit-
räumigkeit der Kompofition. Etwas Später nah-
men fie eine nazarenerhafte Feingliedrigkeit und
Beftimmtheit an und dienten fo als die wich-
tigsten Schrittmacher der Generation von 1820.
F)ans Beckmann ift als Maler wie als Zeichner
gleich ftark und liebenswürdig vertreten. Aber
er gehört doch Schon einer wefentlich Späteren
Generation, der der dreißiger Jahre, an, deren
Mittelpunkt in München, deren Führer in dem
jungen Rottmann und ChriftianMorgenftern zu
Juchen find. Auch fteht er weit zurück hinter
Friedrich Klasmann, der freilich auch erft
um 1830 feine Entwicklung beginnt, aber das
üngünftige der Späten Zeit durch erftaunlich
fchöpferifche Kraft ausgleicht und auf diefer
Ausftellung fich als eines der glänzendften und
reichften Latente des 19. Jahrhunderts heraus-
ftellt. Ihm fehlte nur die Refonanz des Vater-
landes und einer großen Stadt, um ein wirk-
licher Führer zu werden; in Meran mußten feine
beften Gaben freilich verkümmern. Seine Zeich-
nungen enthalten Krüger, Menzel, Schwind im
Kern zugleich, feine Malereien geben mehr als
Llaldmülier und ebenfo Glänzendes faft wie der
frühe Menzel. Nie bisher ift diefe Vielfeitigkeit,
diefer Reichtum an Entwicklung fo hervor-
getreten wie hier; oder aber, man hat ihn nicht
fo einfehäßen können. Es gibt hier Zeichnungen,
die an Rethel, und andere, die gar an Lehm-
bruck denken laffen. Ein außerordentliches La-
tent und ein beweinenswertes Schickfa! von
recht deutfehem Zufcfmitt. Bis Grönvold ihn
entdeckte, fammelte, ans Licht zog (und mit
welcher Mühe), kannte ihn niemand, nicht ein-
mal in feiner FJeiniatftadt FJamburg.
Viktor Janffen, der fchwerzugängliche und
wenig bekannte FJamburger, ift mit guten Fi-
gurenftudien vertreten.
Zum Schluß fei der Genugtuung Ausdruck ge-
geben, daß diefe Ausftellung nicht nur um des
Seltenen und koftbaren Materials, um der un-
fchäßbaren Bereicherung unferer Kenntnis deut-
scher Kunft willen ein hohes Verdienft darftellt,
Sondern auch um der teilweife mäßigen Preife

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