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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 14
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Pazaurek, Gustav Edmund: Zur Geschichte des Biedermeierglases
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0591

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3ur Gefd)ict)te des Biedermeierglafes
Mit 42Abbildungen auf 9 Tafeln Von GUSTAV E. PAZAUREK

Die Cransparentmalerei von Kothgaffer und feinen Nachfolgern
Was der fädopfdpe Glasmaler Samuel Mopn in Napoleons Gagen begonnen, führte
Änton Kotßgaßer1 (fpäter2 nannte er fiel) „Kotßgaßner“) in der Biedermeier-
zeit unter günftigeren Verßältniffen in der damals in allen Gefdjmacksfragen
tonangebenden Kaiferftadt an der Donau zur ßöcßften Blüte. Aud) er war wie Samuel
Mohns Soßn Gottlob Mohn, von dem er die entfcbeidendften Anregungen bekommen
haben wird, zunäd)ft Porzellanmaler, dann aud) Gafelglasmaler; aber das (Ilertvollfte,
was er uns hinterließ, find nicht [eine großen Glasfenfter in Laxenburg oder Brandhof
oder gar die Kird)enfenfter in Feiftritj oder im Dom von Gurin, aud) nicht feine zahl-
reichen Porzellanmalereien, die er während [einer mehr als einhalbhundertjährigen An-
ftellungszeit für die kaiferlidje Porzellanmanufaktur in Klien gemacht, da diefe Fabrik
in ihrer damaligen Blütezeit unter Sorgenthal mehrere bedeutendere Künftler aufzuweifen
hatte —, [ondern die zarten und doch fo fcßönfarbigen Mundgläfer — meift „Ranft-
becher“ —, die zumBeften zählen, was das Kunftgewerbe der Biedermeierzeit gefcßaffem
Kothgaffer war ein Kliener Kind und blieb dies auch die ganze 3eit [eines langen
Lebens. Am 9. Januar3 1769 als der Sohn eines Gaftwirts geboren, kam er, früh ver-
1 J. Meyers Großes Konverfationslexikon (FJildburghaufen, XVIII, S. 1271) nennt ihn irrtümlich
„Kothgoffer“, Naglers Künftlerlexikon IX (1839) S. 350 „Kohlgaffer“ und F. G. Ä. Reffei, Baden bei
dien (dien, 1851, S. 306), [ogar „Rothgaßner“. — Er [elbft fcßreibt fid) mitunter ([eit etwa 1825
regelmäßig) „Kottgaffner“. Der Name kommt in den diener Adreßbüchern nod) in unfrer 3eit
in beiden Schreibweifen „Kothgaffer“ und „Kothgaffner“ vor.
2 Eduard Leifching, der in der S^üfdirift „Kunft und Kunfthandwerk“, XIX, 1916, S. 235, die
ältere und neue Literatur über diefen Glasmaler — Kunft- und Literaturblatt aus Baiern, Beilage zur
„Eos“ Nr.22, Juni 1820; Literatur- und Kunftblatt II, 1821 zu Nr. 14 desConverfationsblattes; (Qormayrs)
Archiv XIV, 1823; Cfdnfchka 1836; Nagler 1839 u. a. bis zum Coburger „Sprechfaal“ 1913, S. 40 —
gewiffenhaft verarbeitet und durch intereffante Daten der Enkelin, Frau Güntber-Probft in dien,
zu ergänzen vermag, irrt, wenn er die Namensfehreibweife mit dem „n“ als die frühere, „bis
etwa 1815“, bezeichnet. — Die Akten der diener Porzellanmanufaktur, wo er ja fchon feit 1784
angeftellt ift, gebrauchen regelmäßig die Schreibweife „Kothgaffer“ (vgl. Folnefics-Braun, Gefd)ichte
der k. k. diener Porzellan-Manufaktur, S. 125), die wir auch noch auf feinen einzigen datierten
und ausgefchriebenen Namens-Signaturen, nämlich auf den Spielkartengläfern z. B. von 1821 und
1822 finden; dagegen lautet der Name in den amtlichen Berichten der 1. und 3. Gewerbeaus-
ftellung von dien 1835 und 1845 „Kothgaffner“, der einzeln fchon früher auftaucht, zuerft 1820
in „Kunft- und Literaturblatt aus Baiern“. — Da die beiden von Leifching publizierten Gefchäfts-
karten nicht nur die beiden verfepiedenen Lesarten, fondern auch die Adreffen enthalten, läßt [ich
das auch urkundlich belegen: Kothgaffer wohnte nämlich »auf den Spannifcpen Spithalberg
bey S: Anna Nro. 227 in lt«n Stock auf die Gaße die Chier Lings“ — Orthographie war offenbar
nicht feine Stärke — in der Alfervorftadt (alte Bezeichnung für die fpätere Karlsgaffe — Confkr.
Nr. 256 —, heutige daifenhausgaffe im 9. Bezirk) nach den Fjandels- und Gewerbefchematismen
(bei den Volkszählungen 1800—1820 erfdjeint er nicht konfkribiert) in den Jahren 1820 und 1821;
bei der Volkszählung 1830 treffen wir ihn mit feiner Frau Katharina (geb. 1787) und feinen Cöchtern
Cßerefia (geb. 1810) und Aloifla (geb. 1820) auch in der Alfervorftadt, aber Nr. 275, das ift jenes
IJaus „bey den 3 Sternen“ in der dähringergaffe, das die zweite Gefchäftskarte mit der Lesart
„Kothgaßner“ nennt. — Ich verdanke diefe gütigen Feftftellungen dem fjerrn Archivdirektor F)&r-
mann Ijango vom Archiv der Stadt dien (1911), der auch — nach der Volkszählung von 1850 —
die letzte dohnung Kothgaffers feftftellte, nämlich: Laimgrube Confkr. Nr. 108, wo derMeifter mit
feiner Frau bei feiner mit dem Beizer Jofef Kaufcheder verheirateten Cod)ter Cherefe wohnte, und
wo er auch ftarb. — Die Jugendwohnung Kothgaffers, der bereits 1781 verwaift war, hat E. Leifching
bereits feftgeftellt: das fjaus „bey dem goldenen Straußen“ auf der dieden; er lebte damals bei
feinem Schwager, dem Porzellanmaler Jakob Peter.
3 Diefes von der fpäteren Literatur überfehene Geburtsdatum wird fchon von F. f)- Böckl in
(fjormayrs) Archiv für Gefdbichte, Statiftik, Literatur und Kunft (dien) vom 22. Auguft 1823, S. 531,
feftgeftellt. — Qofrat Dr. v. Crenkwald teilt mir foeben freundliche einen Auszug aus dem Cauf-
bud) von St. Stephan mit, der diefes Datum ebenfalls beftätigt.

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